Shami, Mohammed 

Aus der Frankfurter Rundschau vom 26.10.2021:

Syrer in Dietzenbach: Aufgeben gilt nicht

Der vor sechs Jahren aus Syrien geflüchtete Mohammed Shami baut sich in Dietzenbach eigenständig ein neues Leben auf. Im Karate-Verein trainiert er heute Kinder und Jugendliche.

Als Mohammed Shami mit weiteren Gelüchteten auf einem Boot mitten auf der Ägäis zwischen der Türkei und Griechenland sitzt, lässt ihn ein Gedanke nicht mehr los: „Ich bin ein guter Schwimmer, aber wären Kinder oder Frauen aus dem Boot gefallen, ich hätte sie nicht retten können“, erinnert er sich. Das war im Jahr 2015, der damals 21-jährige Syrer ist auf dem Weg nach Deutschland. Vier Jahre später wird er Schwimmlehrer in Heusenstamm und macht seine Ausbildung als Rettungsschwimmer. „Dieser Tag auf dem Meer hat mich sehr geprägt.“

Bevor Shami nach Deutschland auswanderte, lebte er zwei Jahre in Jordanien und eineinhalb Jahre in der Türkei. Er stammt aus der Stadt Hama. Shami ist 18 Jahre alt, als er nach seiner letzten Abiturprüfung nach Jordanien flüchtet. „Ich hätte zur Armee und in den Krieg ziehen müssen. Aber das wollte ich nicht“, erzählt er. Auch seine Eltern und drei Geschwister verlassen Syrien. Sie leben in der Türkei, der Vater in Saudi-Arabien. Shami stammt aus einer gutbürgerlichen Familie. Sein Vater arbeitete als Teamleiter für eine Baufirma. Seine Schwester Rama ist Angestellte im Rathaus von Istanbul, sein Bruder Rami Schreiner, und seine kleine Schwester Sara arbeitet als Lehrerin an einer Hauptschule.

In Deutschland lebt Shami zunächst in einer Gemeinschaftsunterkunft in Neu-Isenburg. Dort trifft er bei der TSG Neu-Isenburg im Karate-Team auf Christoph Retting, der ihm für sein neues Leben in Deutschland hilfreiche Tipps gibt. „Er hat mir sehr geholfen“, sagt Shami, der seit seinem elften Lebensjahr Karate macht. Vom Deutschen Karate-Verband erhält er 2018 den Schwarzen Gürtel.

Im Dojo Dietzenbach lässt er sich zum Übungsleiter ausbilden und trainiert Kinder und Jugendliche. Shami lernt schnell Deutsch, spricht außerdem Türkisch, Englisch und Arabisch und arbeitet ehrenamtlich als Dolmetscher. Nach sechs Monaten in Deutschland erhält er eine Aufenthaltserlaubnis.

Shami zieht nach Dietzenbach, schreibt 200 Bewerbungen für eine Ausbildungsstelle – all das ohne fremde Hilfe. Er macht eine Ausbildung als Fachkraft für Lagerlogistik. Dann arbeitet er als selbstständiger Kurierfahrer für ein Unternehmen in Mörfelden-Walldorf. Allerdings muss er nach über einem Jahr seine Selbstständigkeit aufgeben.

Doch Shami lässt sich davon nicht unterkriegen. „Wenn sich eine Tür schließt, öffnen sich eintausend andere Türen“, sagt er. Aktuell arbeitet er als Verkäufer bei der Fundgrube Dietzenbach und engagiert sich seit eineinhalb Jahren beim Deutsch-Arabischen Kulturhaus Daruna in Frankfurt. Dort arbeitet er im Filmprojekt.

Shami strebt den nächsten Schritt zur Selbstständigkeit an, doch zunächst steht seine Hochzeit bevor. Diese muss zunächst auf dem Papier durch einen Notar beglaubigt werden. Eine Voraussetzung dafür, dass seine in Syrien lebende Verlobte Aya zu ihm nach Dietzenbach kommen kann.

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Oluk, Elif und Hasan

Hasan Oluk ist 1943 als das zweit älteste von fünf Kindern in Kahramanmaras in der Ortschaft Düzbag in der Türkei geboren. Er kam 1969 nach Deutschland.

Elif Oluk ist 1950 als Älteste von sechs Geschwistern in Kahramanmaras in der Türkei geboren. Sie kam, zusammen mit ihren Kindern, 1976 zu ihrem Mann nach Deutschland.

Haben Sie den Kindergarten besucht Frau Oluk?
Elif Oluk: Ich habe weder einen Kindergarten noch eine Schule besucht. Mein Vater sagte, dass die Mädchen nicht zur Schule gehen, deshalb bin ich nicht gegangen.

Und was haben Sie in dieser Zeit gemacht?
Elif Oluk: Was kann man denn schon machen im Dorf, wir haben uns zu Hause beschäftigt. Ich habe sowieso mit 13 Jahren geheiratet. Ich bin eigentlich 1950 geboren, mein Vater hat mich allerdings vier Jahre älter eintragen lassen. Am 09.03.1963 habe ich geheiratet, jetzt sind wir genau 47 Jahre verheiratet.

Und haben Sie die Schule besucht Herr Oluk?
Hasan Oluk: Nein, ich habe auch nicht die Schule besucht.

Wollten Sie nicht?
Hasan Oluk: Einmal brachte mich meine Großmutter zur Schule. Es war zur Frühjahrszeit, dort zog mich eine Lehrerin am Ohr lang. Ich rannte weinend nach Hause und sagte, dass ich nie wieder die Schule besuchen werde. Da mein Vater sowieso gegen staatliche Schulen war, sagte er, sie seien die Schulen der Gottlosen und schickte mich zur Koranschule. Diese besuchte ich dann acht bis zehn Jahre. Anschließend wurde ich zum Wehrdienst gerufen, dort war das Lesen und Schreiben Pflicht und da ich nie Türkischunterricht hatte, wurde ich drei Monate zur Ali okulu (= Schule für Analphabeten, Anm.des Übersetzers) geschickt. Damals gab es so ein System und das musste man machen. Im Anschluss konnte man mit dem Wehrdienst beginnen. Da ich das alte Türkisch schreiben und lesen konnte, war ich nach kaum einem Monat in der Lage meiner Familie Briefe zu schreiben. Die lese- und schreibkundigen Kameraden haben direkt mit ihrem Wehrdienst begonnen. Ich war gerade drei Monate verheiratet, als ich mit dem Wehrdienst begann. Genau zwei Jahre konnte ich nicht ins Dorf kommen. 1965 beendete ich meinen Wehrdienst und habe vier Jahre im Dorf gelebt und mich mit Viehzucht beschäftigt. Ich merkte, dass ich dies nicht länger machen wollte, habe mir von Bekannten Geld geliehen und bin 1969 nach Deutschland gekommen.

Und können Sie noch arabisch?
Hasan Oluk: Natürlich kann ich es noch, ich lese schließlich den Koran.

Frau Oluk, was haben Sie in den zwei Jahren erlebt, in denen Sie auf Ihren Mann warteten?
Elif Oluk: Was kann ich denn im Dorf erleben? Es gab keinen Fernseher, dass ich mir was anschauen konnte. Ich konnte weder lesen noch schreiben, um Briefe zu schreiben.
Hasan Oluk: Wir konnten aus Respekt nicht einmal den Namen unserer Ehefrau im Brief erwähnen. Jedem haben wir liebe Grüße bestellt, nur unserer Ehefrau nicht. Früher war es so, wir konnten beispielsweise aus Respekt auch nicht unsere eigenen Kinder in den Arm nehmen, sobald die Eltern in der Nähe waren.

Hatten Sie schon Kinder während Ihrer Wehrdienstzeit?
Hasan Oluk: Nein, wir haben nach sieben Jahren unser erstes Kind bekommen.

Und wie kamen Sie auf die Idee nach Deutschland einzureisen?
Hasan Oluk: Einige aus unserem Ort waren schon nach Deutschland eingereist und man hörte es auch von Anderen, dass viele dies machten. Mit 6000 türkischen Lira konnte man nach Deutschland kommen. 1969 haben wir mit einem Freund unser Geld zusammengelegt und sind so von Istanbul nach Deutschland geflogen.

Sind Sie mit Ihrer Frau gemeinsam geflogen?
Hasan Oluk: Nein, ich kam alleine. Meine Frau und meine Kinder habe ich dann 1976 zu mir geholt. Als ich nach Deutschland kam, war meine Frau schwanger. 1970 haben wir unseren ersten Sohn bekommen. Mein zweites Kind, ebenfalls ein Junge, kam 1974 zur Welt. 1976 kam unsere Tochter zur Welt, sie ist gehbehindert. Meine Tochter war drei bis vier Tage alt, als wir nach Deutschland kamen. Da wir nicht die finanziellen Mittel zum Fliegen hatten, mussten wir mit dem Bus bis nach München fahren. Und ein Jahr später, also 1977, kam dann unser viertes Kind hier zur Welt. Ich muss allerdings sagen, dass ich sehr zufrieden bin in Deutschland. Es gibt einige Kameraden, die sich hier unterdrückt und niedergemacht fühlen. Ich persönlich kann mich dem nicht anschließen. Ich war nie arbeitslos in Deutschland. 38 Jahre habe ich durchgehend gearbeitet. Genau gesagt, habe ich zwei Jahre in Dänemark gearbeitet und 36 Jahre in Deutschland.

Wann haben Sie in Dänemark gearbeitet?
Hasan Oluk: Zunächst kam ich nach Deutschland und lebte hier 14 Monate. Anschließend bin ich nach Dänemark und habe dort, wie gesagt, zwei Jahre gearbeitet. Nach einer Anwerbung bin ich dann nach Flensburg gekommen. Nachdem ich sieben Monate in Flensburg gelebt habe, bin ich zu meinem Onkel nach Koblenz gezogen und habe dort genau 14 Jahre gearbeitet, bevor ich schließlich 1985 nach Dietzenbach kam und wir uns hier niedergelassen haben.

Wo haben Sie alles gearbeitet?
Hasan Oluk:In Dänemark haben wir Anhänger an die Lkws gehängt. In Flensburg habe ich als Heizungsinstallateur gearbeitet und in Koblenz habe ich 14 Jahrein einer Kunststofffabrik gearbeitet. Im Allgemeinen bin ich aber sehr zufrieden. Ich habe gearbeitet, habe meine Kinder unterstützt so weit ich es konnte. Meine gehbehinderte Tochter bekam ein Stipendium für ein 9-monatiges Auslandstudium in den USA und studierte hier anschließend mit Erfolg Wirtschaftsrecht. Mein zweiter Sohn hat an der Universität in Frankfurt Jura studiert und eröffnete mit einem griechischen Freund eine Kanzlei und arbeitet dort weiterhin. Mir geht es auch gut, ich bin gesund. Mehr kann ich auch nicht verlangen.

Und sind Sie nun in Rente?
Hasan Oluk: Ja, bin ich.

Ich möchte auch Frau Oluk gerne einige Fragen stellen. Frau Oluk, Sie waren ziemlich lange alleine mit Ihren Kindern. Wie waren denn Ihre Gedanken zu dieser Zeit, wollten Sie nicht nach Deutschland?
Elif Oluk: Da wir Deutschland nicht kannten, gab es Hemmungen oder Angst davor. Ich wusste nicht, was ich dort machen könnte. Erst wollte mich mein Mann nach Dänemark bringen, aber da ich weder lesen noch schreiben konnte und auch keine Fremdsprache sprechen konnte, wollte ich nicht mit. Und für Deutschland habe ich mich überreden lassen, da es hier viele Türken gibt und auch viele Bekannte und Freunde aus unserem Ort. In der Türkei habe ich ohne meinen Mann schwierige Tage gehabt. Mein ältester Sohn wurde einmal sehr krank und ich musste jemanden finden, der uns zum Krankenhaus fahren konnte. Wen konnte ich denn im Dorf fragen? In der Regel machte dies ein Bruder oder der Vater. Das nächste Krankenhaus lag 120 km entfernt und ich musste meinen Sohn ständig hin und her fahren.

Wie waren Ihre Gefühle als Sie das erste Mal nach Deutschland kamen?
Elif Oluk: Als ich das erste Mal nach Deutschland kam, arbeitete mein Mann immer in Nachtschichten. Unsere Wohnung war im Erdgeschoss und das Haus lag außerhalb. Einen Fernseher hatte ich zuvor noch nicht gesehen und hatte sogar davor Angst. Mein Sohn spürte das und fragte mich nachts, ob ich Angst hätte. Um ihn zu beruhigen konnte ich meine Angst nie zugeben. Irgendwann habe ich mich bei meinem Mann ausgeweint und ihn gebeten, uns entweder wieder in die Türkei zu schicken oder mit der Nachtschicht aufzuhören.

Hatten Sie gar kein Umfeld?
Elif Oluk: Nein. Unser erster Wohnort war eine Ortschaft bei Koblenz und dort lebten keine Türken. Wir hatten diese Wohnung nur gemietet, weil sie in der Nähe seines Arbeitsplatzes war. Ich hatte weder ein Auto, noch einen Führerschein, konnte weder lesen noch schreiben. Hätte ich ein Auto gekauft, hätten wir die Versicherung nicht finanzieren können.

Haben Sie mal versucht deutsch zu lernen, oder das Lesen und Schreiben, Frau Oluk?
Elif Oluk: Damals gab es dort keine Kurse. Als wir schließlich hierher zogen, hatten wir einen großen türkischen Bekanntenkreis und haben somit nur türkisch gesprochen.
Hasan Oluk: Meine Frau hat es sich diesbezüglich auch etwas bequem gemacht. Die Ehefrau eines Freundes hat beispielsweise nachträglich deutsch gelernt, aber meine Frau hat sich teilweise auf mich, teilweise auf die Kinder verlassen, hat nie gearbeitet, war dadurch nicht unter Deutsche gekommen. Sonst hätte sie deutsch lernen können.

Haben Sie gar nicht gearbeitet?
Elif Oluk: Da meine Tochter behindert ist, bin ich gezwungenermaßen zu Hause geblieben und musste mich um sie kümmern. Allerdings habe ich etwa drei Jahre für eine Putzfirma gearbeitet und konnte dann aufgrund meines Alters nicht mehr arbeiten. Ab und zu bin ich aber in privaten Haushalten aushelfen gegangen, zu meinem Nachteil leider ohne Versicherung.

Wenn Sie zurückblicken, wie würden Sie Ihr Leben in Dietzenbach beschreiben?
Elif Oluk: Ich hatte ein schönes Leben in Dietzenbach. In den ganzen Jahren hatte ich keinerlei Probleme mit dem Staat oder der Polizei. Auch mit meinen Nachbarn, ob Türken oder Deutsche, gab es keinen Ärger.

Haben Sie irgendwelche Erwartungen?
Elif Oluk: Wie man auch weiß, sind die Gehälter im Gegensatz zu früher gesunken. Wir haben Schwierigkeiten die Miete zu zahlen und das ist anstrengend. Diesbezüglich könnten wir Erwartungen haben.

Möchten Sie weiterhin hier leben oder streben Sie eine Rückkehr in die Türkei an?
Elif Oluk: Nein, für immer möchten wir nicht in die Türkei, da alle unsere vier Kinder hier sind. Wir würden dort maximal für drei Monate Urlaub machen. Ich bin 65 Jahre alt und ab jetzt lebe ich erst für Gott, dann für meine Kinder.

So, ich habe keine weiteren Fragen mehr. Ich bedanke mich vielmals.

Saricicek, Fadime

Fadime Saricicekist 1937 in Kahramanmaras/Elbistan geboren. Sie ist dasdrittälteste von vier Kindern, einer ihrer Brüder lebt auch in Deutschland.1962 ist sie nach Deutschland gekommen.

Frau Saricicek, wie haben Sie Ihre Kindheit erlebt?
Ich hatte keine schöne Kindheit, mein Vater hatte aus seiner ersten Ehe fünf Kinder und aus der zweiten vier, es kam zu Meinungsverschiedenheiten zwischen den Geschwistern. Außerdem habe ich bereits mit fünfzehn Jahren geheiratet.

Hatten Sie dann vor der Ehe noch die Möglichkeit gehabt, die Schule zu besuchen?
Nein, ich musste arbeiten und konnte deshalb nicht zur Schule, das ist auch der Grund, warum meine Kindheit nicht gut verlief.

Wo haben Sie als Kind gearbeitet?
Mein Vater hat auf dem Feld gearbeitet und wir haben ihm Essen und Trinken gebracht. Morgens habe ich mich um die Tiere gekümmert oder Gartenarbeiten erledigt.

Sie sagten, dass Sie mit 15 Jahren geheiratet haben, war es denn eine Zwangsehe oder gewollt?
Ich habe meinen Mann das erste Mal am Hochzeitstaggesehen.

Wie hoch ist der Altersunterschied?
Er war damals 19 Jahre alt, also vier Jahre Unterschied.

Hat Ihr Vater bestimmt, welchen Mann Sie zu heiraten haben?
Mein Mann lebte in einem anderen Dorf, seine Schwester hatte aber einen Mann aus unserem Dorf geheiratet und war unsere Nachbarin, sie verstand sich mit meiner Mutter sehr gut. Sie fand mich ganz nett und wollte, dass ihr Bruder und ich uns kennen lernen. Damals hat mein Mann in Istanbul bei seinem Onkel gearbeitet. Wir verlobten uns also, als ich 15 Jahre alt war. Nach einem Jahr zog ich nach Istanbul und wir heirateten dort. Aber eine schöne Ehe hatte ich nicht. Da das Leben auf dem Dorf mühsamer ist, müsste sich Ihre Lebenssituation in Istanbul verbessert haben. Ich lebte zwar auf dem Dorf, war aber dennoch gut gebildet, deshalb habe ich mit meinem Umfeld in Istanbul keine Probleme gehabt.

Wie lange waren Sie verheiratet?
Wir trennten uns bereits nachdem wir zwei Jahre in Deutschland gelebt hatten.

Wann und wie kamen Sie nach Deutschland?
Wir lebten im Jahre 1960 in Istanbul in der Gegend von Sultanahmet. Wie Sie wissen wird diese Gegend viel von Touristen besucht. Eine deutsche Familie verbrachte jedes Jahr ihren Urlaub dort. Aufgrund meiner Offenheit befreundeten wir uns mit dieser deutschen Frau, die zwei Kinder hatte. Nach einiger Zeit kam sie mich sogar auch mal besuchen. Nachdem wir drei Jahre befreundet waren, lud uns diese Familie nach Karlsruhe, wo sie damals gelebt hatten, ein. Da mein Mann aber gearbeitet hat undkeinen Urlaub hatte, ging ich alleine nach Deutschland.Dort erfuhr ich dann, dass diese deutsche Familie eine sehr reiche Familie ist, die insgesamt 17 Firmen besaß. Sie fragten mich, ob ich für immer in Deutschland leben will. Da ich es auch wollte, halfen sie bei der Wohungssuche. Nach einiger Zeit kam auch mein Mann nach und wir arbeiteten gemeinsam in einer der Textilfirmen dieser deutschen Familie. Das ist meine Einreisegeschichte.

Hatten Sie damals den Gedanken, irgendwann einmal wieder in die Türkei zurück zu kehren?
Ja. Wir wollten arbeiten, uns ein Haus und ein Auto kaufen und wieder in die Türkei zurückkehren. Aber leider betrog mich mein Mann mit einer anderen Frau. Wir trennten uns und konnten unsere Träume nicht verwirklichen. Aus der ersten Ehe haben Sie zwei Kinder.

Wie viele Kinder haben Sie insgesamt?
Zwei noch aus der zweiten Ehe, also insgesamt vier. Aber wie Sie wissen, war mein zweiter Ehemann auch kein guter Mensch, so ließ ich mich auch von ihm scheiden.

Frau Saricicek, beide Ehen verliefen nicht gut. Hatten Sie denn wenigstens Erfolg im Arbeitsleben?
Ja, sehr. Auf jeder Arbeitstelle war ich beliebt und hatte viel Erfolg, sie wollten nie, dass ich mein Arbeitsverhältnis kündige. Gleichzeitig war ich auch in der Nachbarschaft sehr beliebt.

Seit wann sind Sie Rentnerin?
Seit etwa 20 Jahren. Sie sind 73 Jahre alt, dass heißt, dass Sie mit 53 Jahren in Rente gingen. Trotzdem sind Sie nicht in die Türkei zurück gekehrt.
Warum? Ich habe mich dafür nicht bereit gefühlt, sowohl in finanzieller als auch in geistiger Hinsicht.

Obwohl Sie soviel gearbeitet hatten, ist es Ihnen nicht gelungen, das Geld dafür aufzutreiben?
Nein, leider nicht. Ich habe zwar viel gearbeitet, hatte aber gleichzeitig viele Personen zu betreuen. Es kam regelmäßig vor, dass ich bis zu 15 “Touristen” als Besuch zu Hause hatte, aber ich habe nie etwas im Gegenzug erhalten.

Sie haben momentan keine gesundheitlichen Beschwerden. Wo und wie wollen Sie leben, wenn es Ihnen mal nicht mehr so gut gehen wird?
Das ist eine gute Frage. Mein Arzt und meine Verwandten sind der Meinung, dass ich dann im Altenheim leben sollte, aber ich will das nicht. Das kommt für mich nur dann in Betracht, wenn ich keine anderweitigen Möglichkeiten mehr hätte.

Sie leben nun seit fast 50 Jahren in Deutschland. Was denken Ihrer Ansicht nach die Deutschen über die Ausländer?
Ich habe selbst nie schlechte Erfahrungen gemacht, aber um ehrlich zu sein, sind sie im allgemeinem schon ein wenig gegen Ausländer. Deutsche sind besser gestellt, als Ausländer.

Warum sind Sie trotz dieser Diskriminierung nicht zurück in die Türkei gegangen?
Ich war mit der Verwirklichung einiger Ziele beschäftigt.

Leben Sie nun gerne in Deutschland?
Ich lebe zwar gerne hier, vermisse aber dennoch meine Heimat. Meine Geschwister und Bekannte leben dort. Da ich bereits seit meinem 60. Lebensjahr nicht mehr in meiner Heimat war, würde ich diese gerne noch vor meinem Tod sehen wollen.

Wo verbringen Sie die meiste Zeit des Jahres?
Ich konnte eh seit zwölf Jahren nicht in meine Heimat, weil ich krank war und nicht fliegen konnte. Deshalb habe ich die meiste Zeit hier verbracht.

Gute Besserung. Können Sie denn jetzt fliegen?
Jetzt ja.

Wie lange bleiben Sie dann dort?
Da ich einige Leistungen bezog, musste ich mich an bestimmte Fristen halten. Eine heimliche Umgehung dieser Fristen kam für mich nicht in Frage. Ich würde mich schämen so etwas zu machen.

Sind Sie der Meinung, dass in Pflegeheimen für Migranten Sonderregelungen durchgeführt werden sollen? Was sollte man für muslimische Bürger tun?
Eigentlich bin ich gegen eine Sonderregelung. Wir würden uns gerne integrieren, aber werden nicht immer akzeptiert. Aus diesem Grund wäre eine zusätzliche Räumlichkeit für muslimische Bürger angebracht.

Frau Saricicek, haben Sie irgendwelche Ratschläge für die hier lebenden Jugendlichen oder türkischen Mitbürger?
Den Jugendlichen würde ich empfehlen, dass Sie sich gutbilden und es nicht wie wir vernachlässigen.

Sollen Sie sich für Deutschland engagieren?
Wir sollten trotz alledem unseren Respekt gegenüber den Deutschen nicht verlieren.

Gibt es etwas was Sie ergänzen möchten?
Ich möchte lediglich betonen, dass ich nicht an eine vielversprechende Zukunft in Deutschland glaube.

Aus welcher Hinsicht?
Als erstes ist die aktuelle Politik ausländerfeindlich und zweitens, die immer schlechter werdende Wirtschaftslage.

Ich bedanke mich recht herzlich für dieses Gespräch und hoffe, dass es Ihnen auch Spaß gemacht hat.

Küpelikilic, Emine und Tahsin

Tahsin Küpelikilic ist 1944 in Pazarcik in der Türkei geboren und mit drei Brüdern und drei Schwestern dort aufgewachsen. Er ist 1973 nach Deutschland gekommen, 1974 hat er seine Frau Emine nachgeholt.

Emine Küpelikilic ist ebenfalls in Pazarcik in der Türkei geboren und aufgewachsen. Sie hat zwei ältere Schwestern und zwei jüngere Brüder.

Wo sind Sie zur Schule gegangen?
Tahsin Küpelikilic: Ich bin in Düzbag zur Schule gegangen. Ich habe die Grundschule beendet. Danach habe ich meinen Wehrdienst gemacht. Nach dem Wehrdienst bin ich Stadtteilwächter geworden. Ich habe im April 1969 geheiratet und am 01.08.1969 bin ich Stadtteilwächter geworden. Wie die Polizei habe ich gearbeitet. Unsere Gemeinde war eine Kleinstadt. Vier Jahre habe ich als Stadtteilwächter gearbeitet. 1966 hatte ich mich, als ich vom Wehrdienst zurück kam, für die Arbeit in Deutschland beworben. Nach Jahren wurde ich angenommen und kam als Gastarbeiter nach Deutschland. Ich habe meine Stelle in der Türkei gekündigt und kam hierher. Ich kam nach Wiesbaden und habe dort bei einer Firma zwei Monate gearbeitet. Danach bin ich nach Dietzenbach gekommen. Mein erster Arbeitstag in Deutschland war im November 1973.

War damals Ihre Familie auch in Deutschland?
Tahsin Küpelikilic: Damals hatte ich zwei Kinder. Meine Frau und die Kinder waren zunächst in der Türkei. Ich bin 1973 hierher gekommen und blieb ein Jahr allein in Deutschland. Dann habe ich ein Jahr später, 1974, meine Frau hergeholt, zusammen mit meiner Tochter, die 1972 geboren wurde. Mein Sohn blieb in der Türkei zurück. Dann habe ich in einer Textilfabrik gearbeitet in Urberach. Zehn Jahre habe ich dort gearbeitet, zusammen mit meiner Ehefrau. Später hat die Fabrik 1983 zugemacht und ich bin arbeitslos geworden. Dann habe ich angefangen in einer Holzfabrik in Dietzenbach zu arbeiten .Zwei Jahre habe ich dort gearbeitet. Nachdem die Fabrik nach einem Brand schließen musste, habe ich angefangen bei Asmus zu arbeiten. Dort habe ich 25 Jahre gearbeitet, jetzt bin ich seit zwei Jahren Rentner. Ja, und nun, das Leben geht weiter. Ich bin zu Hause und beziehe Rente.

Wie haben Sie Ihre Jugend erlebt?
Tahsin Küpelikilic: Mit Arbeiten habe ich meine Kindheit verbracht, dann habe ich meine Wehrpflicht erfüllt. Nachdem Wehrdienst habe ich gegen das Leben angekämpft und bin Stadtteilwächter geworden.

Wie alt waren Sie während Ihres Wehrdienstes?
Tahsin Küpelikilic: Ich war 20 Jahre alt als ich zum Wehrdienst ging.

Und als Sie geheiratet haben?
Tahsin Küpelikilic: Als ich geheiratet habe, war ich 25 Jahre alt.

Wie alt war Ihre Ehefrau?
Tahsin Küpelikilic: Meine Ehefrau war 15 Jahre alt.

Der Altersunterschied beträgt bei Ihnen 10 Jahre? Deswegen arbeitet Ihre Ehefrau noch, während Sie in Rente sind?Tahsin Küpelikilic: Ja genau.

Haben Sie gute Freunde in der Türkei, die Sie beispielsweise noch heute sehen?
Tahsin Küpelikilic: Ja, haben wir. Wir haben immer noch Kontakt zu ihnen.

Haben Sie eine bestimmte Ausbildung gemacht?
Tahsin Küpelikilic: Nein, eine Ausbildung habe ich nicht gemacht. Ich habe eine Prüfung damals abgeleistet, habe bestanden und bin Stadtteilwächter geworden. Damals lief das so.

Können Sie etwas von Ihrer Erwachsenenzeit erzählen, wie haben Sie z.B. Ihre Ehefrau kennengelernt? Wie war die Hochzeit, können Sie sich daran erinnern?
Tahsin Küpelikilic: Meine Ehefrau ist die Tochter meines Onkels. Wir haben im gleichen Ort gewohnt. Als ich vom Wehrdienst zurückkam, haben meine Eltern mir verschiedene Mädchen aufgezählt und gefragt, welche ich mir vorstellen könnte, zu heiraten. Ich sagte, dass ich die Tochter meines Onkels gerne heiraten möchte. Das Schicksal wollte es so und wir haben geheiratet. Wir blieben drei Jahre verlobt. Meine Frau war damals 12 und ich 22. Als wir geheiratet haben, waren wir 15 und 25 Jahre alt.

Wie viele Kinder haben Sie jetzt?
Tahsin Küpelikilic: Drei, zwei Söhne und eine Tochter.

Haben Sie auch Enkelkinder?
Tahsin Küpelikilic: Ja ja, haben wir. Wir haben drei Enkelkinder.

Sind alle Kinder von Ihnen verheiratet?
Tahsin Küpelikilic: Alle sind verheiratet.

Leben alle Kinder hier?
Emine Küpelikilic.: Ja, sie wohnen hier, gleich hier in der Nähe.
Tahsin Küpelikilic: Wir haben ein eigenes Haus gleich hier in der Nähe. Ein dreistöckiges Haus habe ich gekauft, jetzt leben die Kinder dort. Später werden wir auch dorthin ziehen.

Wie verbringen Sie Ihre Zeit während der Rente, was machen Sie in Ihrer Freizeit?
Tahsin Küpelikilic: Gut, gut. Ich habe Diabetis. Ich habe einen Garten, gleich in der Nähe unterhalb der Zuggleise. Wir verbringen viel Zeit dort.

Bauen Sie auch etwas an?
Tahsin Küpelikilic: Ja, ein wenig.
Emine Küpelikilic.: Die Nachbarn kommen, wir trinken Tee gemeinsam, wenn ich von der Arbeit komme. Ich arbeite mal nachts, mal morgens, mal mittags im Schichtdienst. Wir gehen in den Garten und sitzen dort. Wir grillen. Wir verbringen unsere Freizeit im Garten. Die Nachbarn kommen dorthin, mit Gesprächen und Tee-trinken verbringen wir unsere Zeit.

Frau Küpelikilic, haben Sie eine Schule besucht?
Emine Küpelikilic.: Nein, damals hat man mich nicht geschickt, weil es hieß, Mädchen gehen nicht zur Schule. Ich habe einige Monate die Schule besucht, dann haben meine Eltern mich nicht mehr geschickt. Manche Ding ehat mir mein Vater zu Hause beigebracht, z.B. die Buchstaben, das Schreiben, die Zahlen. Mein Vater konnte alles ganz gut. So haben wir unsere Zeit verbracht.

Wie ist Ihre Beziehung zu Ihrer Familie?
Emine Küpelikilic.: Meine Beziehung zu meiner Familie ist ganz gut. Ich habe drei ältere Schwestern und zwei jüngere Brüder. Mit ihnen komme ich gut klar. Meine älteste Schwester ist leider schon verstorben vor zwei Jahren. Die anderen beiden Schwestern leben auch in Deutschland. Der eine Bruder von mir lebt auch hier, der andere in der Türkei. Mein Vater ist auch verstorben, meine Mutter lebt noch, sie ist 86 Jahre alt. Sie ist noch fit für ihr Alter. So ist die Zeit vergangen.

Und hören wir die Geschichte noch mal von Ihnen. Wie hat Ihr Ehemann um Ihre Hand angehalten?
Emine Küpelikilic.: Mein Mann wollte unbedingt mich heiraten. Ich war damals noch ein Kind. Ich wusste und verstand nichts. Als er und seine Familie um meine Handanhielten, haben meine Eltern zugesagt. Meine Mutter sagte, dass ich noch zu jung sei, daraufhin sagten meine Schwiegereltern, dass sie warten würden. Dann haben wir gewartet, drei Jahre. Mit 15 habe ich geheiratet, mit 16 habe ich ein Kind bekommen. Mein ältester Sohn blieb in der Türkei als ich nach Deutschland kam, er war drei Jahre damals. Er ist 1970 geboren, meine Tochter 1972 und der andere Sohn 1975. Meine Tochter kam mit eineinhalb Jahren nach Deutschland.

Sind all Ihre Kinder in der Türkei geboren?
Tahsin Küpelikilic: Die ersten beiden sind in der Türkei geboren. Der letzte ist 1975 hier geboren.

War es schwierig, Ihre Kinder hierher zu bringen?
Emine Küpelikilic.: Nein, wir kamen ganz leicht hierher, damals gab es kein Visum.

Wann haben Sie Ihren ältesten Sohn hierher geholt?
Tahsin Küpelikilic: Er war sieben Jahre alt. Drei Jahr ekonnten wir damals keinen Urlaub machen und in die Türkei reisen.
Emine Küpelikilic. :Damals konnten wir nicht wie heute einfach in den Flieger steigen und reisen. Die Migration ist schwer. Wir haben schwere Zeiten durchgemacht.

Haben Sie eine Ausbildung gemacht Frau Küpelikilic?
Emine Küpelikilic.: Ich habe einen Nähkurs in der Türkeibesucht und habe dort das Nähen gelernt. In Deutschland bin ich der Nähtätigkeit nicht nachgegangen und habe vieles vergessen. Zu Hause mache ich noch meine eigenen Sachen.

Was machen Sie jetzt zur Zeit für eine Tätigkeit?
Emine Küpelikilic.: Jetzt arbeite ich in einer Wäscherei und kontrolliere dort die Wäsche, seit 22 Jahren. Bis zur Rente sind es noch vier Jahre. Früher haben wir beide drei, vier Jahre in Urberach gearbeitet. Seit ich hier bin, arbeite ich, nur sechs Monate habe ich nicht gearbeitet. Manchmal habe ich als Reinigungskraft gearbeitet. Früher waren die Firmen viel freier, die Arbeitgeber haben immer nach Arbeitern gesucht. Damals waren die Kinder klein. Wir sind Gott sei Dank zufrieden mit unserem Leben. Mit unseren Kindern sind wir zufrieden, sie arbeiten, sind großzügig. Einer arbeitet im Kreishaus, der Älteste. Die Schwiegertöchter arbeiten, auch mit ihnen bin ich zufrieden. Meine Familie ist ganz gut, mein Umfeld ist ganz gut. Ich bin sowohl mit meinen Nachbarn zufrieden als auch mit der Familie.
Tahsin Küpelikilic: Unsere Familienangehörigen sind sehr verbreitet hier.

Mit welchen Hoffnungen sind Sie nach Deutschland gekommen?
Emine Küpelikilic.: Mit welchen Hoffnungen sind wir nach Deutschland gekommen? Wir wollten etwas Geld verdienen und wieder zurückkehren. Wir wollten drei bis fünf Jahre bleiben und gehen. Damals war es gut, unsere Situation in der Türkei war auch gut. Mein Schwiegervater hat zu meinem Mann gesagt, geh nach Deutschland und er hat auf ihn gehört.

Und haben sich Ihre Hoffnungen erfüllt?
Emine Küpelikilic.: Ja, aber wir sind hier geblieben, wir sind glücklich hier.

Was ist der Grund, weshalb Sie nicht zurückgekehrt sind?
Emine Küpelikilic.: Früher waren ganz wenige Türken hier, so dass man sich einsam gefühlt hat in der Migration. Später kamen die Kinder und sind hier aufgewachsen. Damals konnten wir auch gar kein deutsch, wir kannten nichts. Dann kamen immer mehr Nachbarn, die aus unserem Heimatdorf stammen. Die Kinder gingen zu rSchule, sie haben die Sprache gelernt, wir wurden glücklich hier. Die Deutschen waren auch nett uns gegenüber im Arbeitsleben, im Privatleben, beim Einkauf, überall. Ich habe mich noch nie schlecht behandelt gefühlt. Auch wenn ich in die Türkei ziehen werde, werde ich Deutschland nicht für immer verlassen. Auch die Kinder sind hier. Sie sind jung und gehen nicht zurück und wenn wir zurückkehren, gibt es kaum noch jemand dort.

Wie verbringen Sie Ihre Zeit in der Türkei?
Emine Küpelikilic.: Die Nachbarn und Verwandten kommen, wir laden sie ein, sie laden uns ein. Wir verbringen eine schöne Zeit, es gibt Hochzeiten, Gespräche.

Wenn Sie in die Türkei reisen, reisen Sie da nach Düzbag oder auch woanders hin?
Emine Küpelikilic.: Nein, wir reisen viel herum, wenn wir die Zeit dazu haben. Früher haben wir immer sechs Wochen am Stück Urlaub bekommen, später wurden es nur noch vier Wochen. Jetzt sind es drei Wochen. Weil ich noch arbeite, können wir nicht sehr lange in die Türkei reisen.

Und Sie Herr Küpelikilic, bleiben Sie länger in der Türkei?
Tahsin Küpelikilic: Auch ich bleibe nicht lange. Alleinemacht es keinen Spaß.

Haben Sie hier in Deutschland enge Freundschaften schließen können?
Tahsin Küpelikilic: Ja, mit Arbeitskollegen, mit denen wir sehr zufrieden sind.
Emine Küpelikilic.: Ja, wir sind zufrieden und sie sind mit uns zufrieden. Wenn sie in Rente gehen, sind wir alle traurig. Wir haben mit Menschen aus unterschiedlichen Ländern Freundschaften geschlossen. In meiner Abteilung bin ich die einzige Türkin, sonst gibt es Deutsche, Russen, Jugoslawen, Vietnamesen, Polen.

Als Sie zum ersten Mal hierher kamen, wie fanden Sie Deutschland, z.B. die Menschen, die Landschaft usw.?
Emine Küpelikilic.: Als ich zum ersten Mal hierher kam, hat mir beispielsweise das Wetter nicht gut getan. Ich habe mich sehr gelangweilt, wir kannten nichts, so dass wir nirgends hingehen konnten. Wir wollten nur Geld verdienen und wieder zurückkehren in die Türkei. Dahe rhaben wir uns auch hier nicht um ein schönes Leben in einer schönen Wohnung bemüht. Wir wollten sofort wieder gehen. Dann haben wir festgestellt, wir bleiben hier und haben hier investiert in unsere Kinder. Wir haben zwei Wohnungen gekauft, mit den Kindern gemeinsam. Wir haben gesagt, wir kehren nicht zurück und bleiben hier, also kaufen wir ein Haus.

Wann genau haben Sie diese Entscheidung getroffen?
Emine Küpelikilic.: Vor etwa 10 oder 15 Jahren haben wir uns gesagt, wenn wir alt werden, bleiben wir nicht bei den Kindern. Andererseits sind wir dann auch in Rente und haben nicht so ausreichend Geld, wie wir es als Lohnempfänger hätten! Dann haben wir uns eine Zwei-Zimmer-Wohnung gekauft und uns vorgenommen, während der Rente sechs Monate hier zu bleiben und sechs Monate in der Türkei zu verbringen. Wir wollten unsere Kinder nicht stören. Später wurde ein drei-stöckiges Haus gekauft. Wie das Schicksal es wollte, haben wir uns gesagt, kaufen wir auch diese Wohnung. Wir haben den Kindern ihre gewünschten Wohnungen gegeben und für uns die übrige genommen.

Wie finden Sie das Sozialstaatssystem von Deutschland?
Emine Küpelikilic.: Sehr gut. Es hat sich auch verändert. Früher konnten sich die Deutschen z.B. auch keine Waschmaschinen leisten, sie hatten Fernseher in Schwarz-weiß. Sie haben früher auch schlecht gelebt. Damals war das so. Wir haben uns angepasst. Die Rechte sind gut, alles diszipliniert, systematisch, die Menschen sind nicht betrügerisch, jeder kommt der Reihe nach dran, es gibt keine Vetternwirtschaft.

Unternehmen Sie etwas mit Ihrer Frau in Ihrer Freizeit?
Tahsin Küpelikilic: Also wir gehen in den Garten, wir machen Spaziergänge, wir besuchen Nachbarn oder die Kinder, wir fahren nach Dortmund zu unserer Tochter, meine Frau lädt Freunde zum Frühstück ein. Wir machen Ausflüge.

Nehmen Sie an Aktivitäten teil?
Tahsin Küpelikilic: Ich gehe in die Moschee oder besuche unseren Verein des Heimatdorfes.

Was haben Sie von Ihren Kindern hier erwartet?
Emine Küpelikilic.: Wir wollten, dass unsere Kinder schulisch es zu etwas bringen. Mein Sohn hat damals sehr schlecht gesehen. Wir wollten, dass er liest, aber er konnte nicht. Mein Sohn wollte auch unbedingt ein Instrument spielen, aber ich habe es ihm damals nicht erlaubt. Jetzt bin ich traurig darüber, dass ich ihn nicht zum Unterricht geschickt habe. Er wurde am Auge operiert, jetzt geht es ihm gut, er arbeitet im Kreishaus. Die anderen Kinder haben keine Ausbildung gemacht, obwohl wir das wollten. Aber sie verdienen auch gut, ihnen geht es gut, sie haben ihre Häuser, auch meine Tochter, die nicht hier lebt, sondern in Dortmund.

Was erwarten Sie allgemein von der Jugend?
Emine Küpelikilic: Natürlich erwarte ich von der Jugend, dass sie zur Schule gehen und höhere Abschlüsse anstreben. Sie sollen zukunftsorientiert sein. Die jenigen, die nicht studieren, sollen wenigstens eine Ausbildung machen. Ich hasse es, wenn der Mensch ziellos lebt.

Herr Küpelikilic was erwarten Sie von der Jugend?
Tahsin Küpelikilic: Ich erwarte dasselbe wie meine Frau, sie sollen die Schule oder eine Ausbildung machen.

Wie sehen Sie Ihre Zukunft als Teil der älter werdenden Bevölkerung? Wie sehen Sie Ihre Zukunft?
Emine Küpelikilic.: Ich bin traurig, wenn ich an die Zukunft denke, denn wenn ich mir die jetzige Zeit anschaue, sehe ich, dass die meisten jungen Menschen die Alten nicht möchten. Darum bin ich sehr traurig. Ich will, dass man sich um sie kümmert. Ich will auch, dass meine eigenen Kinder sich um mich kümmern, wobei das von der jeweiligen Situation abhängig ist, z.B. wenn sie arbeiten und nicht zu Hause sind den ganzen Tag. Oder gerät ihr Leben durcheinander, wenn sie sich um uns kümmern müssen, an all das denken wir.

Haben Sie bestimmte Vorschläge für ein schönes Leben in Dietzenbach?
Emine Küpelikilic.: Früher gab es keine Sprachkurse, jetzt gibt es aber welche. Auch andere Kurse gibt es mittlerweile. Ich will, dass es weiterhin solche Kurse gibt. Wenn wir nicht hingehen, so soll die jüngere Generation wenigstens die Möglichkeit haben, an solchen Kursen teilzunehmen. Auch die Sauberkeit unserer Stadt ist mir wichtig, sie soll weiter sauber sein.

Wie sehen Sie Dietzenbach nach zehn Jahren?
Emine Küpelikilic.: Im Gegensatz zu Beginn hat sich Dietzenbach sehr entwickelt. Die Wohnungen haben jetzt Heizungen und keine Kamine mehr, alte schäbige Wohnblöcke gibt es nicht mehr. So wird Dietzenbach sich gewiss weiter entwickeln.

Wie würden Sie dazu beitragen, um Dietzenbach nach Ihren Wünschen zu formen?
Emine Küpelikilic. :Ich würde alles tun, was in meiner Macht steht und was verlangt wird.

Was ist für Sie Glück?
Emine Küpelikilic.: Glück ist für mich etwas Schönes. Allah soll niemandem Unglück bescheren. Glück war für mich z.B., dass wir hier ein Haus kaufen konnten, wir haben es günstig bekommen, das war für mich Glück.

Herr Küpelikilic, was haben Sie als Kind für Spiele gespielt mit Ihren Freunden?
Tahsin Küpelikilic: Wir haben draußen gespielt und haben Tauben Saltos machen lassen. Wir haben Fußball gespielt, wir haben Verstecken gespielt oder Fangen, wir sind mit Freunden übereinander gehüpft. Auch mit heißen Steinen haben wir gespielt und haben sie bei Nacht weggeworfen
.Emine Küpelikilic: Meine Kindheitsjahre sind sehr schön gewesen. Ich hatte drei ältere Schwestern, daher war ich als jüngste sehr frei. Ich habe ein Spiel mit fünf Steinen gespielt, bin Seil gehüpft, habe Theaterspiele gemacht mit Nachbarskindern. Habe Verstecken gespielt, blinde Kuh und Hüpfspiele. Meine Schwestern haben zu Hause gearbeitet und ich habe gespielt.

In Ordnung, ich bin am Ende meines Interviews und bedanke mich bei Ihnen. Es sei denn, Sie möchten noch etwas hinzufügen?
Tahsin Küpelikilic: Nein, eigentlich müssen wir uns bedanken.

Tatligün, Ümmühan

Ümmühan Tatligün ist 1933 in Maras in der Ortschaft Düzbag in der Türkei zur Welt gekommen. Sie hat noch eine Schwester, die auch in Deutschland lebt. 1986 kam sie nach Deutschland, ihr Mann und die Kinder waren schon da.

Frau Tatligün, sind Sie zur Schule gegangen?
Nein, mein Vater hat es nicht erlaubt. Er war der Meinung, dass Mädchen sich nicht bilden müssen.

Wie haben Sie Ihren Mann kennen gelernt?
Wir haben uns mit 14 Jahren verlobt und mit 18 geheiratet.

Ist eine zeitliche Spanne von vier Jahren bis zur Hochzeit für dörfliche Verhältnisse nicht ungewöhnlich?
Wir waren doch noch Kinder, er war Hirte, so hat man uns warten lassen.

Wann sind Sie nach Deutschland gekommen?
Diesen Monat sind es genau 24 Jahre, also seit 1986.

Warum kamen Sie später als Ihr Mann?
Ich habe meine Schwiegermutter betreut und die Kindergroß gezogen. Sie gingen dann nach und nach zu ihrem Vater nach Deutschland und anschließend bin ich gekommen.

Haben Sie je in Deutschland gearbeitet?
Nein, ich war immer Hausfrau.

Hätten Sie damals gedacht, dass Sie so lange in Deutschland bleiben werden?
Nein, habe ich nicht.

Was war damals Ihr erster Gedanke über Deutschland?
Anfangs hab ich geweint, aber meine Kinder und mein Mann waren letztendlich hier, im Laufe der Zeit habe ich mich dran gewöhnt. Jetzt will ich nicht mehr zurück.

Haben Sie die deutsche Sprache erlernt?
Nein, kein einziges Wort.

Hat Ihnen denn diese Unkenntnis keine Schwierigkeiten bereitet?
Ich war stets zu Hause mit den Kindern beschäftigt, habe nie gearbeitet. Bei meinen Arztbesuchen begleitete mich meine Tochter, so hatte ich nie Schwierigkeiten.

Sind Sie mit der Altenpflege in Deutschland zufrieden?
Ja wir sind zufrieden, wir bekommen zu essen und man zahlt unsere Miete.

Haben Sie Erwartungen vom deutschen Staat für die älteren Menschen?
Nein, ich habe keine Erwartung mehr, was soll man noch mehr tun! Uns wird ja geholfen. Uns geht es gut.

Haben Sie ein gutes Verhältnis zu Ihren Kindern?
Meine Kinder sind sehr gut. Wären alle Kinder wie unsere!

Haben Sie ein Erlebnis in Deutschland, welches Sie mit uns teilen wollen?
Nein, ich habe ein solches Erlebnis nicht gehabt.

Haben Sie sich mit Ihrem Mann gestritten?
Natürlich, manchmal.

Hat er Ihnen jemals gesagt, “Wenn Du mich ärgerst, schicke ich Dich in die Türkei”?
Nein, das hat er nicht gesagt.

Ich danke Ihnen Frau Tatligün für dieses Gespräch.
Ich danke Ihnen auch.

Yildiz, Hanim und Hasan

Hanim Yildiz ist in Antakya, nahe der syrischen Grenze, in der Türkei geboren und aufgewachsen. Sie lebt seit 1972 in Deutschland.

Hasan Yildiz ist 1946 in der Osttürkei geboren und in der Westtürkei aufgewachsen. Er kam 1970 nach Deutschland.

Herr Yildiz, haben Sie einen Beruf gelernt?
Hasan Yildiz: Ja, ich habe das Gymnasium absolviert und dann war ich auf einer Architektenschule. Die hat zugemacht, dann war ich Schulhelfer und danach bin ich dann nach Deutschland gegangen.

Haben Sie Kinder?
Hasan Yildiz: Ja vier, drei Töchter und einen Sohn.

Arbeiten Sie jetzt immer noch?
Hasan Yildiz: Nein, ich bin in Rente.

Und Sie?
Hanim Yildiz: Ich bin auch Rentnerin.

Wann und warum sind Sie nach Deutschland gekommen?
Hasan Yildiz:1970 bin ich nach Deutschland gekommen. Weil, viele Leute sind von Deutschland in die Türkei in Urlaub gekommen und alle hatten Rekorder auf der Schulter und Sonnenbrillen an. Ich habe gesagt, ich will auch da rüber gehen, ich will auch reich sein. Niemand bei uns hatte damals so was, aber in Deutschland schon jeder.

Wurden Ihre Erwartungen erfüllt?
Hasan Yildiz: Ja, wir wollten Geld verdienen.

Wie war das damals?
Hasan Yildiz: Wir haben uns damals sehr verausgabt. Wir haben in den schlechtesten Arbeitsbereichen gearbeitet. Sie haben uns samstags und sonntags Arbeit gegeben, wir haben gearbeitet, dann haben sie uns an Feiertagen Arbeit aufgetragen, wir haben immer gearbeitet. Wir haben uns gesagt, wir verdienen ein wenig Geld und kehren wieder zurück. Wir sind hierhergekommen und haben uns verhalten als wären wir auf der Alm, wir haben uns immer hier so verhalten, als ob wir zurückkehren werden in unsere Heimat. Drei, vier Jahre arbeiten, Geldverdienen, ein gutes Haus und ein gutes Leben sichern und dann zurückkehren, das haben wir uns so vorgestellt. Aber wie man sieht, ist das nicht dazu gekommen. Später haben wir bemerkt, wir werden nicht zurückkehren, so haben wir unsere Ehepartner und unsere Kinder hergeholt. Unser Leben haben wir hier fortgeführt. Damals gab es ein gutes Arbeitsleben. Bei welcher Firma du dich auch vorgestellt hast, du hast die Frage gestellt bekommen, „Können Sie gleich anfangen zu arbeiten?“. Jetzt gibt es diese Möglichkeiten nicht mehr. Die jungen Leute sollten daraus lernen.

Warum sind Sie nicht zurück in die Türkei?
Hasan Yildiz: Ja warum, ich habe meine Kinder hier zur Schule gehen lassen und habe ein Haus gekauft. Ich habe die deutsche und türkische Staatsangehörigkeit, warum sollte ich Deutschland verlassen?

Haben Sie noch Kontakte zur Heimat?
Hasan Yildiz: Ja, jedes Jahr.

Wie erlebten Sie Deutschland am Anfang als Sie noch neu waren?
Hasan Yildiz: Ich konnte französisch. Niemand von uns sprach deutsch, es hat 3 Monate gedauert, bis wir einen Arbeitsplatz gefunden haben. Wir haben Bücher gekauft und uns so die Sprache selbst beigebracht.

Welche Erwartungen hatten Sie in der Entwicklung Ihrer Kinder?
Hasan Yildiz: Wir waren zufrieden. Die Kinder sollten studieren, eine gute Schule besuchen und ein gutes Zeugnis haben. Alle sind verheiratet, haben Kinder und eine Wohnung.

Welche Erwartungen haben Ihre Kinder für die Zukunft?
Hasan Yildiz: Dass jeder Arbeit hat, jedoch kann eine Tochter wegen Krankheit nicht arbeiten und ist in Frührente.

Und für Ihre eigene Zukunft?
Hasan Yildiz: Ich bin als Rentner zuhause und arbeite ein bisschen zuhause, repariere. Ich habe alles gelernt: Elektriker, Maurer, Tischler und so was alles.

Wollen Sie in Ihrer Zukunft hier bleiben?
Hasan Yildiz: Ja ja, sicher will ich hier bleiben. Jedes Jahrfahre ich in Urlaub, ich habe in der Türkei eine Ferienwohnung und fahre mit dem Auto hin.

Und wie fühlen Sie sich, wenn Sie in die Türkei gehen, ist das Ihre Heimat?
Hasan Yildiz: Ja, das ist schön, es ist warm, schönes Wetter. Aber wenn wir 2 Monate in der Türkei sind, dann denken wir, ach wir wollen wieder zurück nach Deutschland. Das ist unsere richtige Heimat.

Haben Sie in der Türkei Freunde?
Hasan Yildiz: Ja, Verwandte, Eltern, Brüder.

Welche Vorschläge hätten Sie für eine bessere Zukunft?
Hasan Yildiz :Ich sage, viele Jugendliche brauchen gute Schulen. Und in Dietzenbach ein Krankenhaus, hier fehlt ein Krankenhaus. Und für ältere Leute Parks anlegen, hierfehlt ein schöner Platz. Die Industrie muss besser werden. Mehr Firmen herholen. Und Leerstehendes vermieten. Das macht Deutschland kaputt, wenn die Firmen alle ins Ausland gehen. In der Willy Brandt Zeit war es eine gute Lebenszeit. Das war eine Spitzenzeit, auch Helmut Kohl war gut. Der Euro hat Deutschland kaputt gemacht. Euro ist Teuro. Früher ist man zur Firma hin, hat geklingelt und nach Arbeit gefragt und man konnte direkt anfangen. Heute finden die Leute keine Arbeit. Und Hartz IV macht Deutschland kaputt. Ich habe 35 Jahre voll gearbeitet.

Wie sollte Dietzenbach in 10 Jahren aussehen?
Hasan Yildiz: Ja, bestimmt nicht schlechter, aber die Industrie muss besser werden, mehr Arbeitsplätze, ein Krankenhaus bauen.

Was kann man machen, damit Ausländer und Deutsche mehr zusammen leben?
Hasan Yildiz: Ich habe hier ein Haus und mit meinem deutschen Nachbarn eine gute Freundschaft. Ich habe in der Türkei auch einen deutschen Nachbarn, der dort wohnt, mit dem ich einen guten Kontakt habe. Er sagt, da ist alles billig, das Leben ist gut, gutes Essen und alles frisch. Man kann im Winter auch dort bleiben.

Sie haben jetzt aufgrund Ihres Alters sehr viel Lebenserfahrung sammeln können. Was empfehlen Sie den jungen Menschen von heute?
Den jungen Leuten empfehle ich, ihren Eltern und älteren Menschen gegenüber Respekt zu zeigen. Dann sollen sie sich bilden oder sollen eine Ausbildung machen. Wenn sie keine höheren Schulabschlüsse beabsichtigen, sollen sie einen Beruf erlernen. Im Arbeitsleben sollen sie immer mehr Erfolge erzielen. Die wirtschaftliche Situation wird immer schlechter, nicht nur in Deutschland, sondern in ganz Europa.

Was beobachten Sie bei jungen Leuten?
Hasan Yildiz: Bei den jetzigen jungen Leuten dauert die Ehe nicht einmal sechs Monate. So eine Ehe von zwanzig,dreißig oder gar vierzig Jahren ist mittlerweile unmöglich bei den jungen Leuten. Ich führe eine 45-jährige Ehe und bin mit meiner Frau sehr glücklich. Wir sind mit dem Leben sehr zufrieden.

Was ist Glück für Sie?
Hasan Yildiz: Was ist Glück? Glück ist Schicksal.
Hanim Yildiz: Wenn es mir gesundheitlich heute gutgeht, dann ist das Glück für mich. Aber wenn ich mich krank fühle, dann ernenne ich den Tag zu meinem Unglückstag.

Ich bedanke mich für das Gespräch. Wir danken auch.

Tatligün, Ahmet

Ahmet Tatligün ist 1933 in Kahramanmaras in der Ortschaft Düzbag in der Türkei als ältester von vier Kindern geboren. Er selbst hat sieben Kinder und kam 1970 nach Deutschland.

Herr Tatligün, haben Sie selbst Kinder?
Ja.

Wieviele?
Sieben.

Leben alle in Deutschland?
Fünf von ihnen leben in Deutschland und die anderen zwei in der Türkei.

Sind Sie zur Schule gegangen Herr Tatligün?
Nein, ich konnte leider nicht.

Und wie war Ihre Kindheit?
Wir waren Bauern, beschäftigten uns mit dem Ackerbau und lebten in Armut.

Waren Sie Hirte?
Ja.

Wie haben Sie Ihre Jugend erlebt?
Ganz normal, mit Arbeiten halt.

Wann haben Sie geheiratet?
Ich habe im Jahre 1952 mit 19 Jahren geheiratet.

Kommt Ihre Frau auch aus Düzbagi?
Ja, Sie ist gleichzeitig auch meine Cousine.

Mit welchen Erwartungen kamen Sie nach Deutschand?
Uns ging es natürlich darum, Geld zu verdienen, da wir in der Türkei unter schlechten Bedingungen und in Armut lebten. Wir wollten ursprünglich ein paar Jahre arbeiten und dann wieder zurück in unsere Heimat. Nun sind es mittlerweile 40 Jahre und wir konnten immer noch nicht zurückkehren. Ich bin Rentner. Ich fuhr für 6 Monate in die Türkei, es ging mir nicht gut, deshalb konnte ich nicht so lange in der Türkei bleiben. Nun fahre ich nur für einen Monat.

Haben Sie Bekannte oder Verwandte in der Türkei?
Ja, mein Sohn, meine Tochter und noch Verwandte.

Haben Sie also Ihre Bindung zur Türkei nicht abgebrochen? Wie ist Ihr Verhältnis mit der dortigen Verwandtschaft?
Sehr gut.

Haben die irgendwelche Erwartungen an Sie?
Nein, haben sie nicht. Ihnen geht es finanziell genau so gut wie mir auch.

Ihre Verwandten haben also keine finanziellen Sorgen?
Nein, das haben sie nicht.

Wie lange wollten Sie ursprünglich in Deutschland bleiben?
Ein bis zwei Jahre. Bis ich das Geld für ein Haus oder für einen Ochsen verdient habe.

Was hat Sie an der Rückkehr in die Türkei gehindert?
Wir hatten Arbeit und uns ging es gut. Da die Kinder auch hier zur Schule gingen, sind wir hier geblieben.

Sie fanden die hiesigen Lebensbedingungen also besser?
Ja, besser als die der Türkei

Fühlen Sie sich während Ihres Urlaubsaufenthaltes in der Türkei als ein Fremder?
Ja, das tun wir. Dort sind wir die Deutschtürken, hier die Ausländer.

Sind Sie mit der Umgebung, in der Sie wohnen, zufrieden?
Ja, das bin ich.

Wie sind Sie zu der Entscheidung gekommen, in einem Seniorenheim leben zu wollen?
Ich habe ungefähr 20 Jahre auf meine Wohnungsnachfrage kein passendes Angebot seitens der Stadtverwaltung erhalten, bis ich eines Tages einen Anruf erhalten habe, indem mir betreutes Wohnen vorgeschlagen wurde und ich dieses Angebot annahm.

Reicht denn Ihr Einkommen aus, um Ihre Miete zu bezahlen und Ihren Lebensunterhalt zu sichern?
Nein, mein Einkommen allein reicht nicht aus, ich erhalte noch staatlichen Zuschuss.

Ich bedanke mich für dieses Interview und hoffe, dass es auch Ihnen gefallen hat.
Ich bedanke mich auch.

Demir, Hacer

Hacer Demir ist 1937 in Hatay in der Türkei geboren und aufgewachsen. Sie ist eine der ältesten von 7 Geschwistern. 1968 kam sie ,zusammen mit ihrem Mann, nach Deutschland und lebt seit 41 Jahren hier.

Frau Demir, haben Sie die Schule besucht damals in der Türkei?
Natürlich, in der Türkei in Antakya, die erste bis fünfte Klasse und dann bis zur achten Klasse eine Berufsschule.

Und haben Sie auch so etwas wie eine Ausbildung oder Fortbildung gemacht?
Ja, ich habe Näherei, also Schneiderin gelernt und Muster oder Stiche gemacht.

Ah, also Stickerei?
Ja, genau.

Und wann sind Sie nach Deutschland gekommen?
1968 bin ich in Deutschland gewesen.

Sie sind dann ohne Ihren Mann nach Deutschland gekommen?
An einem Montag habe ich den Antrag gestellt und am Freitag hatte ich meinen Pass und mein Reiseticket in der Hand, mit der Bitte, am Montag an dem Ort um die Zeit zu erscheinen. Morgens um neun bin ich losgefahren und war allein. Meine Kinder und meinen Mann habe ich in Istanbul zurückgelassen. Ich bin nach München gefahren, dort hat uns der AEG Chef empfangen und uns nach Frankfurt gebracht. In Frankfurt angekommen, haben wir uns in einem Heim eingerichtet und sie haben uns gezeigt, wo wir arbeiten werden. Zum Arbeiten brachte der Bus uns jeden Tag nach Langen. Später wurde für uns in Langen ein Heim gebaut. Dann sind wir in Langen geblieben. Später habe ich beantragt, meinen Mann herzuholen.

Und geheiratet haben Sie hier oder in der Türkei?
Nein, geheiratet habe ich in der Türkei. Habe zwei Kinder, einen Sohn und eine Tochter, beide habe ich dort zur Weltgebracht und dann bin ich nach Deutschland gekommen.

Warum sind Sie nach Deutschland gekommen?
Also wir dachten, hier ist Europa, hier wollten wir ein besseres Leben für unsere Kinder. Wir wollten, dass unsere Kinder auf eine bessere Schule gehen.

Und Sie hatten die Erwartung, dass in Deutschland ein schöneres Leben wartet?
Ja.

Und wurde Ihre Erwartung auch erfüllt?
Ja natürlich, wenn unsere Kinder zufrieden sind, sind wir es auch.

Warum sind Sie noch hier in Deutschland und nicht in der Türkei?
Ich bin schon 41 Jahre hier, wir fühlen uns zwar nicht fremd in der Türkei, aber irgendwie sind wir doch fremd, die Leute dort sind anders.

Das heißt, Sie leben lieber in Deutschland?
Ja

.Aber gehen Sie noch in die Türkei ab und zu?
Natürlich, natürlich.

Also Sie haben noch Kontakt zur alten Heimat?
Natürlich ja, Schwester und Bruder, alle leben noch in der Türkei.

Als Sie am Anfang nach Deutschland gekommen sind, was haben Sie von den Menschen hier gehalten?
Ich kam in eine Firma, es gab keine türkischen Mitarbeiter. Beim Einkaufen gaben wir unser Geld, egal was, dann lernten wir bis 20 und dann bis 100 zählen.

Das heißt, am Anfang waren Sie darauf angewiesen, den anderen Menschen zu vertrauen, weil Sie kaum deutsch konnten.
Ja, aber es gab gute Kontakte zu deutschen Leuten, sie haben uns einige Wörter beigebracht, z.B. wie Glas, das weiß man dann heute noch.

Das heißt, so haben Sie dann deutsch gelernt?
Ja genau.

Und Sie hatten das Gefühl, dass die Deutschen geholfen haben?
Ja natürlich.

Ja, und wie ist das jetzt?
Jetzt kommen keine Grüße, wenn sie Ausländer sehen, keine Grüße.

Also haben Sie das Gefühl, dass es heute anders ist.
Ja, aber wenn wir wieder sprechen würden, dann ginge es wieder gut.

Also glauben Sie, der Kontakt ist zu wenig?
Ja, der ist zu wenig.

Was machen Sie so in Ihrer Freizeit? Sind Sie in irgendeinem Verein?
Ich bin Rentnerin, ich gehe mit meinen Freundinnen zusammen laufen und einkaufen oder einen Kaffee trinken und sonst bin ich zuhause.

Ihre Kinder sind in der Türkei geboren?
Ja genau. Mein Sohn hat in der siebten Klasse in der Türkei ein bisschen Englisch gelernt und hatte hier keine Probleme. Er hat hier schnell Englisch und Deutsch gelernt. Meine Tochter ist mit 10 Jahren gekommen. Sie ging hier zur Schule. Und dann hat sie eine kaufmännische Schule besucht. Und sie ist jetzt wieder in der Türkei.

Okay und Ihr Sohn ist hier?
Ja, meine Tochter lebt in der Türkei und er hier.

Das heißt Ihre Kinder konnten eine schulische Ausbildung hier machen?
Ja, das konnten sie. Alle beide.

Waren Sie mit der Entwicklung Ihrer Kinder hier zufrieden?
Natürlich, und sie hatten auch mit vielen Leuten Kontakt.

Das heißt, Ihre Tochter ist dann wieder in die Türkei gegangen, weil sie dort leben wollte?
Ja, ihr Mann war Türke, er hat auch in Deutschland gelebt, aber dann wollten sie zurück in die Türkei.

Welche Erwartungen haben Sie an Ihre Zukunft hier in Deutschland?
Glauben Sie, Sie bleiben hier in Deutschland oder gehen wieder zurück?
Persönlich wollte ich ein halbes Jahr hier leben und einhalbes Jahr in der Türkei. Jetzt aber bin ich mehr in Deutschland und weniger inder Türkei.

Welche Vorschläge haben Sie für eine bessere Zukunft hier, zwischen Ausländern und Deutschen zum Beispiel?
Also Zukunft, wir wollen was erleben, aber leider mit einer kleinen Rente, da haben die Leute keine Chance für eine Zukunft.

Aber glauben Sie, dass sich das Zusammenleben zwischen Deutschen und Ausländern noch bessern könnte?Natürlich.

Okay, also einfach nur eine bessere Kommunikation?
Ja, genau.

Was meinen Sie, wie sollte Dietzenbach in 10 Jahren aussehen?
Ich komme aus Langen, ich lebe seit 7 Jahren hier, ich war 30 Jahre vorher in Langen. Da hatten wir viele deutsche Bekannte, spanische Bekannte. Die kamen zu uns zum Kaffee trinken.

Und hier in Dietzenbach ist das nicht so?
Nein, durch die Rente.

Als Sie noch gearbeitet haben, da war das besser?
Ja.

Frau Demir, was ist für Sie Glück?
Glück ist für mich Leben. Alles, was du erlebst und siehst im Leben, ist Glück. Mein Mann und ich, wir haben im Jahr 1955 geheiratet und waren bis 2003 zusammen. Gott sei Dank gab es keine Probleme. In jeder Familie gibt es natürlich kleine Probleme, aber wir waren ehrlich zueinander. Weil wir ehrlich zueinander waren, ist die Ehe auch gelaufen. Den jungen Leuten schlage ich daher folgendes vor: wenn sie sich entschließen, eine Person zu heiraten, dann am besten nur, wenn sie ihr auch tatsächlich vertrauen können.

Was müssen Ihrer Meinung nach die jungen Menschen tun, damit sich die Älteren wohl fühlen?
Sie müssen ihnen Respekt und Liebe zeigen. Ihnen helfen. Jetzt zum Beispiel sieht man kaum noch bei den Jugendlichen Respekt und Liebe. Das was wir unter Respekt und Liebe verstehen, ist das, was wir von unseren Eltern kennengelernt haben. Z.B. wenn eine ältere Person den Raum betritt, sitzen die jungen Leute nicht bein überschlagen vor ihnen, das ist nach unserer Tradition respektlos. Wenn der Ältere etwas Schweres trägt, sollte er von Jüngeren Hilfe beim Tragen bekommen, oder sie lassen ihn nicht in einem Bus stehen, sondern bieten ihren Sitzplatz an. Ich wünsche mir, dass die jungen Menschen einfach gutmütig sind.

Vielen Dank für das Interview. Ich bedanke mich auch.

Oluk, Ayse

Ayse Oluk ist Diplom Wirtschaftsjuristin, L.L.M (FH)und seit 2013 Referentin bei der Beauftragten der Hessischen Landesregierung fürMenschen mit Behinderungen. Zuvor war sie als wissenschaftliche Hilfskraft am Lehrstuhl „Sozialrecht der Rehabilitation und der Recht behinderter Menschen” von Herrn Prof. Dr. Felix Welti an der Universität Kassel tätig. Seit 2011 ist sie aktiv als Autorin für das Online-Diskussionsforum „Rehabilitations- und Teilhaberecht” mit dem Schwerpunkt: Arbeits- und Sozialrecht.

Als Sie in Dietzenbach gelebt hat war Sie unter anderem in folgenden Bereichen aktiv:

  • Nachhilfelehrerin der VHS Dietzenbach
  • Mitglied im Ausländerbeirat

Aus der Offenbach Post vom 27.01.2010:
Aktion „Stärken vor Ort“ bietet Beratung für behinderte Migranten
Zuhören und Mut machen

Dietzenbach (scho) ‐ „Nicht unterkriegen lassen!“ Diese Botschaft mussten Ayse Oluk und Elif Dündar in den vergangenen Wochen so manchem Klienten mit auf den Weg geben.

Drei Monate lang haben die beiden Wirtschaftsjuristinnen offene Beratungsstunden für behinderte und chronisch kranke Menschen mit Migrationshintergrund angeboten. Das Projekt im Rahmen der Aktion „Stärken vor Ort“, ein Programm von Kreisverwaltung und Stadt mit Fördermitteln der Bundesregierung und der Europäischen Union, ist für die Ratsuchenden kostenfrei und zeigte schnell Erfolg. Etwa 20 Frauen und Männer aller Generationen fanden den Weg ins Jugendzentrum, wo die beiden Beraterinnen sonntags zu sprechen waren.

„In den meisten Fällen war es nicht mit einem einmaligen Gespräch getan“, berichtet Ayse Oluk. Im Schnitt kamen die Klienten dreimal, das Team musste recherchieren und Unterlagen zusammentragen, um die Situation zu erfassen. „Viele Leute waren völlig am Boden und ratlos, so dass wir sie erst aufbauen mussten“, erinnert sich Elif Dündar. Manche hatten eine wahre Odyssee von Ärzten zu Ämtern hinter sich und nicht selten aufgrund von Sprachschwierigkeiten noch lange nicht alles verstanden. Etwa die junge Frau, die plötzlich mit der Diagnose Multiple Sklerose fertig werden musste. Oder der ältere Mann mit Parkinson, der seine Arbeit nicht aufgeben möchte.

Schwerpunkt: Integration in den Arbeitsmarkt

Ausgestattet mit fachlichem Hintergrund arbeiteten sich die beiden Beraterinnen gemeinsam mit ihren Klienten durch Schriftverkehr mit Versorgungsamt oder Arbeitgebern, halfen bei Anträgen und Widersprüchen und stellten Kontakte her. „Wichtig war auch das Gespräch, mancher hat schon aufgeatmet bei dem Gefühl, da nimmt sich jemand Zeit und hört mir zu“, erzählt Oluk. Schwerpunkt der Beratung war auch immer die Integration in den Arbeitsmarkt. Vor allem junge Frauen mit Handicap nutzten das Angebot, um gemeinsam mit den Beraterinnen Bewerbungen und Lebensläufe zu schreiben und entsprechende Stellenausschreibungen zu suchen. „Dabei konnten wir auch vieles zu Weiterqualifizierung und Schulbildung erklären“, sagt Dündar.

Für Ayse Oluk, die von Kindheit an gehbehindert ist und gegen manchen Widerstand ihren Lebensweg zielstrebig bis zum aktuellen Studium „Master of law“ verfolgt hat, ist mit dem Projekt ein Traum in Erfüllung gegangen. „Ich weiß, was es heißt, behindert zu sein und will andere ermutigen, sich bloß nicht unterkriegen zu lassen.“ Gemeinsam mit Elif Dündar möchte sie nun das Angebot fortsetzen, ein entsprechender Antrag ist bereits gestellt. Eines der Ziele ist es, irgendwann eine Selbsthilfegruppe zu ermöglichen. „Betroffene sollen selbständiger und mutiger agieren können“, wünschen sich die beiden.

Hier geht es zum gesamten Artikel:
https://www.op-online.de/region/dietzenbach/zuhoeren-machen-606798.html


Aus der Offenbach Post vom 6.10.2009:
Als behinderte Migrantin hat es Ayse Oluk doppelt schwer
Anschluss an Gesellschaft und Beruf

Dietzenbach – Menschen mit Migrationshintergrund, die mit einer Behinderung leben müssen, sind oft doppelt belastet: Mangelnde Sprachkenntnisse machen es ihnen schwer, bei Institutionen und Behörden um Hilfe nachzusuchen, in der eigenen Familie fehlt ihnen nicht selten die Anerkennung als vollwertiges Mitglied. Von Barbara Scholze

Was es bedeutet, unter solchen Voraussetzungen zu einem selbstständigen Leben zu kommen, hat Ayse Oluk zumindest zum Teil selbst erfahren. Die gebürtige Türkin leidet seit Geburt an einer spastischen Gehbehinderung – was sie aber nicht daran gehindert hat, ihren Lebensweg mit Elan zu verfolgen. Die 33-Jährige hat ihr Diplom als Wirtschaftsjuristin in der Tasche und macht gerade ihren Master of Law. „Ich hatte Glück, meine Familie hat mir immer Akzeptanz, Unterstützung und Liebe entgegengebracht“, sagt sie.

Ein bisschen was von diesen Erfahrungen möchte Ayse Oluk nun weitergeben. Gemeinsam mit Elif Dündar wird sie ab kommendem Sonntag, 11. Oktober, zwölf Wochen lang Beratungsstunden für behinderte und chronisch kranke Menschen anbieten. Jeweils von 9 bis 12 Uhr können Betroffene und Angehörige im Jugendzentrum (Rodgaustraße 9) mit den beiden jungen Frauen ins Gespräch kommen. Das Projekt läuft im Rahmen der Aktion „Stärken vor Ort“, ein Programm der Kreisverwaltung mit Fördermitteln von Bundesregierung und Europäischer Union.

In den Gesprächen wird es neben Informationen zum Gesundheitswesen auch um Unterstützung beim Besuch von Ämtern und Behörden sowie um Integration in den Arbeitsmarkt gehen. „Unser Ziel ist der Anschluss an die Gesellschaft und an eine berufliche Tätigkeit – größtmögliche Selbstständigkeit eben“, sagt Oluk.


Betroffene beraten Betroffene

Die Idee für ein solches Beratungsangebot unter dem Motto „Betroffene beraten Betroffene“ hegte Ayse Oluk schon länger. „Ich habe in meiner Umgebung schwierige Situationen mit behinderten Migranten erlebt“, erzählt sie. Noch immer werde Behinderung nur schwer akzeptiert, vor allem in traditionellen islamischen Familien gelte sie als Stigma.

„Die Beeinträchtigung wird leider manchmal immer noch als Strafe Gottes angesehen“, hat die junge Frau erfahren. Oft akzeptierten die Familien das Handicap der Kinder nicht und förderten sie auch nicht. „Viele Eltern beantragen nicht einmal einen Behindertenausweis, denn dann wäre die Behinderung ja als Tatsache belegt“, weiß Oluk. Eine ganz besondere Problematik hat eine Beeinträchtigung meist für junge Frauen mit Migrationshintergrund. „Die Mädchen werden nicht als vollwertig angesehen, denn sie können nicht so einfach heiraten und haben meist keinen Beruf.“

Für die kommenden Wochen hofft Ayse Oluk nun auf zahlreiche Ratsuchende. „Wir möchten den Betroffenen gerne vermitteln, dass sie vollwertige Menschen sind und dass sie Durchhaltevermögen und Ehrgeiz haben sollen“, sagt sie. Möglichst keiner soll sich unterkriegen lassen.

Hier geht es zum vollständigen Artikel:
https://www.op-online.de/region/dietzenbach/anschluss-gesellschaft-beruf-486612.html


Aus dem Echo Online vom 29.05.2017:
Maren Müller-Erichsen und die gehbehinderte Ayse Oluk setzen sich für Menschen ein, die es im Alltag schwerer haben als die meisten

WIESBADEN – Rund jeder zehnte Hesse lebt mit einer Behinderung. Deren Teilhabe am gemeinschaftlichen Leben zu verbessern: Das ist eine Aufgabe, die das Land Maren Müller Erichsen und Ayse Oluk übertragen hat.
Frau Müller-Erichsen, gut zehn Prozent der Menschen in Hessen haben eine Behinderung. Und es werden immer mehr. Woran liegt das?

Die Zahl der Menschen mit Behinderungen steigt, obwohl beispielsweise Ungeborene mit Down-Syndrom selten das Glück haben, das Licht der Welt zu erblicken. Schon vor dem Bluttest wurden 98 Prozent der Kinder, bei denen das Down-Syndrom diagnostiziert worden ist, abgetrieben. Als Mutter eines Sohnes mit Down-Syndrom kann ich das kaum verstehen. Mit Blick auf die dennoch steigende Zahl von Menschen mit Behinderungen muss man allerdings wissen, dass die Zahl der genetisch-bedingten Behinderungen im Vergleich zu den anderen Gruppen der Menschen mit Behinderungen sehr gering ist.

Führt nicht auch die demografische Entwicklung dazu, dass es mehr Menschen mit Behinderungen gibt? Wer älter wird, wird gebrechlicher oder dement.
Grund für die Zunahme der Menschen mit Behinderungen ist mit Sicherheit, dass sie älter werden als früher gedacht. Sie erreichen fast das gleiche Lebensalter wie Menschen ohne Behinderungen. Aber auch die letztere Gruppe wird älter, oft bekommen sie eine Behinderung im Laufe ihres Lebens, beispielsweise Demenz. Zudem ist die Zahl von diagnostizierten psychischen Erkrankungen, die als Behinderung eingestuft werden, stark gestiegen.

Menschen mit Behinderungen sollen in die Gemeinschaft einbezogen werden: Das sieht eine Konvention der Vereinten Nationen vor. Wie weit sind wir in Hessen?
Wir wollen natürlich, dass alle am gemeinschaftlichen Leben teilhaben können. Da gibt es aber immer noch Barrieren, für jeden unterschiedlich. Der eine kann nicht sehen, was da geschrieben steht. Und ein Mensch, der nichts hört, bemerkt im Brandfall nicht die Rauchmeldeanlage. Inzwischen übernehmen Krankenkassen allerdings die Kosten für Rauchmelder, die von Gehörlosen wahrgenommen werden. Wenn aber ein Gehbehinderter eine Burg besichtigen will, kommt er dort nicht immer klar. Die Arbeitslosenquote bei Menschen mit Behinderungen ist – nicht nur in Hessen – mit 13,4 Prozent immer noch sehr viel höher als bei dem Rest der Bevölkerung. Viele Arbeitgeber fürchten, wenn sie Menschen mit Behinderungen einstellen, können sie ihnen nicht mehr kündigen. Das können sie allerdings – auch wenn es schwieriger ist. Insgesamt aber unternimmt das Land große Anstrengungen, etwa mit der Kampagne „Inklusion erleben“ oder mit dem „Tag der Menschen mit Behinderungen“.

Frau Oluk, Sie haben eine Gehbehinderung von Geburt an. Trotz der Beeinträchtigung haben Sie den Master als Wirtschaftsjuristin gemacht.

Ich komme aus einer türkischen Familie und wollte immer studieren. Ich hatte gehofft, Akademiker sind offen und würden mich mit meiner Behinderung akzeptieren. Ich war in einer Förderschule und habe dann meinen Haupt- und meinen Realschulabschluss gemacht, obwohl mich die Regelschule nicht aufnehmen wollte. Schließlich habe ich Fach-Abitur gemacht und an der Frankfurt University of Applied Sciences studiert. Einige Kommilitonen hatten mich gefragt, ob meine körperliche Behinderung auch geistige Auswirkungen hat. Die Frage war ernst gemeint. An der Hochschule gab es tolle Professoren, die mich unterstützt haben. Es gab aber auch jene, die meine Behinderung als Krankheit gesehen haben. Dieser Gedanke hat mich schon als Kind gestört.

Sind Sie im Job trotz ihrer Gehbehinderung voll einsatzfähig?
Ja, ich arbeite Vollzeit. Ich wäre zwar bei einem Hundert-Meter-Lauf beeinträchtigt, bin es aber nicht bei meiner Arbeit im Büro. Es gibt Menschen, die meinen, dass Menschen mit Behinderungen bevorzugt werden, etwa weil sie fünf Tage zusätzlichen Urlaub bekommen. Menschen mit Behinderungen wollen vor allem aber kein Mitleid, sondern Verständnis. Natürlich haben wir auch unsere Ängste und Hemmungen, die wir abbauen müssen.
Wir müssen einander auf Augenhöhe begegnen. Dazu braucht es Empathie und Gelassenheit auf beiden Seiten. Meine Behinderung gehört zu mir wie meine lockigen Haare. Das möchte ich rüberbringen. Denn wir möchten nicht über unsere Behinderungen, sondern – wie jeder andere Mensch auch – über unsere Persönlichkeit, Fähigkeit und Arbeit definiert werden.

Sie sind Muslima. Sie hatten einmal in einem Interview gesagt, in traditionellen, islamischen Familien gelte eine Behinderung als Stigma.

Ja, nach meiner Erfahrung kommt es in einigen Fällen vor. Schon als ich Kind war, haben Bekannte zu meinem Vater gesagt: „Du wirst Deine Tochter nie verheiraten können, was wird nur aus ihr?“ Meine Cousine in der Türkei hat das Down-Syndrom. Die Bekannten haben dann gefragt: Für was sind die Eltern bestraft worden? Dabei kommt es für Menschen mit Behinderungen darauf an, dass die Familie sie in allen Lebensbereichen fördert und partizipiert.
Es ist wichtig, dass die Beratungen für Menschen mit Behinderungen und Migrationshintergrund interkulturell angeboten werden, um diesen Personenkreis zu unterstützen, die sprachlichen, soziologischen sowie kulturellen Barrieren zu überwinden.


Das Interview führte Christoph Cuntz.

Hier es geht es zum vollständigen Artikel:
https://www.echo-online.de/politik/hessen/maren-muller-erichsen-und-die-gehbehinderte-ayse-oluk-setzen-sich-fur-menschen-ein-die-es-im-alltag-schwerer-haben-als-die-meisten_17925563

Küpelikilinc, Abdi

Abdi Küpelikilinc kommt aus Kahramanmaras in der Türkei und ist dort 1943 geboren. Er kam 1968 nach Deutschland. Sein Bruder lebt ebenfalls in Deutschland, seine Schwester in der Türkei.


Gemeinsam Zukunft gestalten
Aus dem Projekt zum Dialog der Generationen:

Herr Küpelikilinc, wo und wie verbrachten Sie Ihre Kindheit?
Meine Kindheit verbrachte ich in Kahramanmaras, in der Ortschaft Düzbag. Wir lebten in Armut, daher arbeiteten wir mal hier mal da, um unseren Lebensunterhalt zu sichern.

Wie lange konnten Sie zur Schule gehen?
Ich bin sieben Jahre zur Schule gegangen, habe also nur die Grundschule in Düzbag beendet.

Sind Ihre Geschwister auch zur Schule gegangen?
Nein, sind sie nicht. Die Eltern waren damals auch nicht für den Schulbesuch, einige von uns schafften es aus eigenem Bestreben bzw. Bemühen, so dass wir die Grundschule, wenn auch sehr mühsam, beenden konnten.

Sie sagten, dass Sie 1943 geboren sind und 1968 nach Deutschland kamen. Das heißt also, dass Sie mit 25 Jahren nach Deutschland eingewandert sind. Wie verbrachten Sie Ihre Jugend?
Wie soll ich meine Jugend schildern. Wenn ich Ihnen meine gesamte Jugendzeit erzählen würde, würde ich einen langen Roman erzählen.

Wir beabsichtigen ja sowieso ein Buch zu schreiben!
Also, ich hatte keine allzu schöne Jugend.

Womit haben Sie sich beschäftigt?
Mit dem Ackerbau, meine Jugend verbrachte ich im Garten, auf dem Feld, usw.

Sie haben Garten und Ackerland bestellt. Konnten Sie sich denn mit dem Verdienst eines Bauern Ihren Lebensunterhalt sichern?
Klar, konnten wir.

Warum sind Sie nach Deutschland eingewandert?
Mit unserer Einwanderung beabsichtigten wir natürlich primär aus der Armut raus zu kommen, vor allem genügend Geld für den Kauf eines Hauses zu verdienen und anschließend wieder zurück zu unserem Dorf zu kehren. Aber die Rückkehr ist uns leider nicht gelungen und mittlerweile wollen wir auch nicht mehr zurück.1969 holte ich meine Ehefrau auch nach Deutschland. Von da an haben wir stets gearbeitet und nun sind wir beide Rentner und mit unserem Leben zufrieden.

Also bedauern Sie trotz des Fehlschlagens der geplanten Auswanderung nicht Ihren hiesigen Aufenthalt.
Nein, das bedauern wir nicht, wir sind zufrieden.

Wo und wie haben Sie Ihre Ehefrau kennengelernt?
Meine Frau habe ich auf der Alm kennengelernt. Es besteht keinerlei Verwandtschaft zwischen uns. Wir gingen im Sommer auf die Alm, dort haben wir uns kennengelernt. Wir waren noch sehr jung, so dass wir uns anfangs gar nicht über die Bedeutung eines Ehelebensbewusst waren.

Wie alt waren Sie als Sie geheiratet haben?
Ich war um die 18-19 Jahre alt und meine Frau war erst 13 als wir uns kennen lernten. Ich habe sie zwar schon mit 13 Jahren kennengelernt, aber geheiratet haben wir erst neun Jahre später.

Haben Sie Kinder?
Ja, vier. Zwei Söhne und zwei Töchter.

Wie alt sind sie?
Der älteste ist 1968 geboren, nachdem ich nach Deutschland kam, die älteste Tochter ist 1972 geboren, die andere 1975 und der jüngste im Jahre 1981. Seine Hochzeit war erst vor kurzem.

Die Hochzeit des Jüngsten?
Ja.

Haben Sie auch Enkelkinder?
Ja, ich habe fünf Enkelkinder.

Schön, und ihnen geht es auch gut?
Ja. Sie sind gesund, Gott sei Dank.

Türkische Staatsbürger müssen ihren Militärdienst vor dem zwanzigsten Lebensjahr antreten, hatten Sie bereits Ihren Militärdienst geleistet?
Natürlich, vor meiner Einwanderung noch habe ich meinen 24-monatigen Militärdienst geleistet. Meine Söhne haben auch ihren Militärdienst absolviert.

Mit welchen Erwartungen sind Sie nach Deutschland gekommen? Haben sich Ihre Erwartungen auch erfüllt?
Wie ich es bereits geschildert habe, uns ging es vor allem darum, etwas Geld zu verdienen und so schnell wie möglich zurück zu kehren. Jedoch kam meine Frau 1969 auch nach Deutschland. Wir bekamen vier Kinder, so dass unsere Träume nach und nach in Vergessenheit geraten sind.

Hat also der schulische Werdegang der Kinder die Rückkehr in Ihre Heimat verhindert?
Ja, und aufgrund dessen könnten wir, auch wenn wir es wollten, nicht mehr zurück. Wir pendeln zwischen der Türkei und Deutschland, solange unsere Kinder hier sind. Unsere Kinder betrachten Deutschland als ihr Vaterland.

Und was ist der wahre Hinderungsgrund Ihrer Rückkehr?
Die Kinder sind hier zur Welt gekommen. Hätte ich mich für die Rückkehr in meine Heimat entschieden, so hätten meine Kinder Integrationsprobleme gehabt. Aufgrund dessen war ich gezwungen, in Deutschland zu bleiben.

Denken Sie, dass neben der eventuellen Integrationsproblematik Ihrer Kinder auch die wirtschaftliche Situation der beiden Länder Ihre Entscheidung beeinflusst hat?
Selbstverständlich. Während unserem Urlaubsaufenthalt haben wir die wirtschaftlichen Zustände der dort Lebenden miterlebt bzw. beobachten können. Außerdem bereuten diejenigen, die wieder in ihre Heimat zurückgekehrt sind, ihre Entscheidung, so dass wir letztendlich mit unserem damaligen Entschluss sehr zufrieden sind.

Haben Sie Bekannte, die mit Ihnen damals nach Deutschland eingewandert und nun wieder in die Türkei zurückgekehrt sind?
Ja, ich habe Freunde aus Elbistan, die leben nun in sehr kümmerlichen bzw. armseligen Umständen. Sie haben sehr bereut, dass sie zurückgekehrt sind.

Das war dann ein Beispiel für Sie?
Klar, nach solchen Beobachtungen haben wir uns für das endgültige Dableiben entschieden.

Was für eine Bindung pflegen Sie zu der Türkei, sei es zu Düzbag oder zu Kahramanmaras?
Eine sehr gute Bindung. Früher zu meiner berufstätigen Zeit verbrachten wir sechs Wochen in der Türkei, nun verbringe ich mittlerweile 6 Monate im Jahr dort. Ich verbringe meine Zeit dort, indem ich sowohl in Düzbagi als auch in Kahramanmaras Ausflüge unternehme.

Haben Sie Bekannte oder Verwandte dort?
Ja, einen Cousin väterlicherseits und einige Verwandte. Ein Teil von ihnen wohnt in Kahramanmaras und ein Teil in Düzbag. Wir besuchen sie regelmäßig, halten unser Verwandtschaftsverhältnis somit nach wie vor aufrecht.

Wie sind Ihre Empfindungen, wenn Sie in die Türkei verreisen?
Merken Sie, dass eine Entfremdung eingetreten ist? Sieht man Sie dort als einen einheimischen oder als einen Deutschtürken?

Natürlich gibt es viele Unterschiede zu früher. Viele unserer Freunde sind mittlerweile verstorben. Die jüngere Generation kennt uns nicht, sie betrachtet uns als Fremde.

Also sind Sie in Deutschland ein Ausländer und in der Türkei ein Deutschtürke?
Genauso ist es.

Welche Vorstellung bzw. Meinung hatten Sie über Deutschland zum Zeitpunkt Ihrer ersten Einreise?
Die Ungewissheit und das Unwissen über das Land war erschreckend für uns. Der Gedanke, wie man mit uns umgehen wird, wie wir uns entsprechend integrieren können, bereitete uns Sorgen. Mit der Zeit haben wir jedoch gesehen, dass sie sehr gute und hilfsbereite Menschen sind. Dennoch haben wir große Schwierigkeiten mit der Sprache gehabt, so dass wir alles bejaht haben, selbst wenn es sich um eine schlimme Äußerung handelte.

Sie fühlen sich also grundsätzlich wohl in Deutschland?
Ja, wir sind sehr zufrieden.

Und wie finden Sie das deutsche Rechtssystem?
Im Vergleich zu unserem Land ist es hier viel harmonischer und friedlicher. Zum Beispiel bekommen wir hier die Wahlen in der Türkei nur aus den Medien mit. In der Türkei werden jedoch drei Monate vorher überall Fahnen aufgehängt und Plakate aufgestellt. Europa ist in der Hinsicht jedoch anders.

Die Türkei will Mitglied der Europäischen Union werden? Was denken Sie über das Thema?
Das Thema können wir überspringen, da wir es sowieso nicht mehr erleben werden. Ob unsere Kinder diese Erfahrung machen werden, kann ich nicht wissen.

Seien Sie doch nicht so pessimistisch, ich glaube schon daran, dass die Türkei in acht Jahren Mitglied der Europäischen Union sein wird.
Wollen wir es mal hoffen. Ich habe da keine großen Hoffnungen.

Wie denken Sie über das soziale System der BRD?
Das soziale System funktioniert zwar sehr gut, jedoch wird bei Ausländern gespart, sie werden schlecht bezahlt. Vielleicht liegt das an der wirtschaftlichen Lage, das kann ich nicht wissen. Die Bürger sind beispielsweise in den Ländern wie Frankreich, Holland, Belgien oder Dänemark in punkto Sozialsystem besser gestellt. Zum Vergleich kann ich folgendes Beispiel vorbringen. Meine Schwägerin, die 15 Jahre in Dänemark gearbeitet hat, bekommt 1.300 € Rente, wogegen meine Frau 32 Jahren gearbeitet hat und lediglich 750 € Rente erhält. Hier ist es also wenig und es gibt viele Abzüge. Das uns zur Verfügung stehende Geld stellt uns zwar nicht zufrieden, wir sind aber dennoch aufgrund unserer Kinder gezwungen hier zu bleiben. Wir können in die Türkei nicht zurückkehren.

Könnte dies aber vielleicht doch daran liegen, dass zu der Zeit, in dem die Gastarbeiter eingewandert sind, grundsätzlich wenig verdient wurde?
Ja. Ich habe mich eben nicht richtig ausdrücken können .Letztendlich besitzen wir die gleichen Rechte wie die Deutschen auch und es werden bei ihnen genauso viele Steuern einbehalten wie bei uns auch. Es könnte jedoch an dem damaligen geringen Einkommen liegen, da haben Sie Recht.

Sie sind über 65 und verbringen die Hälfte des Jahres in der Türkei, wie stellen Sie sich Ihre Zukunft in Deutschland vor?
Die deutsche Wirtschaft befindet sich momentan in einer Rezession. Ich hoffe, dass sich dieser Zustand verbessert und dass wir die Situation der früheren Jahre erleben. Es wäre nicht angebracht, wenn ich etwas sage.

Glauben Sie, dass der deutsche Staat für die hier lebenden Rentner mit Migrationshintergrund genügend Interesse zeigt?
Ich bin der Meinung, dass ältere Menschen sogar bessergestellt sind als Jugendliche. Ich habe bislang zum Beispiel keinerlei schlechte Erfahrungen erlebt.

Hätten Sie einen Verbesserungsvorschlag zum Thema Betreuung der Ausländer bzw. ältere Personen mit Migrationshintergrund?
Ich würde mir wünschen, dass uns künftig mehr Interessegezeigt wird, sei es in finanzieller Hinsicht oder auch im immateriellen Sinne. Natürlich haben wir in diesem Sinne Erwartungen.

Ich bedanke mich recht herzlich für das Gespräch, hoffe, dass es auch Ihnen gefallen hat.
Ich hab zu danken.