Rothman, Charli

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Charli Rothman ist eine der Haupt-Sängerinnen des Ensembles „Saitensprung“. Doch damit allein gibt sich das Multitalent nicht zufrieden. Denn sie spielt sowohl die Gitarre wie auch die Mandoline und die Saz. Inspiriert durch Horst Schäfer entdeckte sie ihre Begeisterung für interkulturelle Musik. Charli Rothman machte diese zur Identität des Ensembles.

Wie kam es damals zur Gründung des Ensembles Saitensprung?

Ich habe in einem Gitarrenkreis der hiesigen Evangelischen Martin-Luther-Gemeinde Dietzenbach-Steinberg das Gitarre spielen gelernt. Irgendwann fragte mich mein Gitarrenlehrer, Andreas Heymann, ob ich nicht selbst eine Gruppe für Anfänger gründen möchte. Dies habe ich dann im Februar 1983 gemacht. Aus diesem „Gitarrenkreis“ entwickelte sich das Ensemble Saitensprung. Anlässlich eines Jubiläumskonzertes zum 10-jährigen Bestehen der Gruppe musizierten wir erstmalig mit Menschen anderer Religionen und Kulturen zusammen, unter anderem mit Hüseyin Fırat und Ahmet Ovalı. Seither ist Hüseyin fester Bestandteil des Ensembles und Ahmet ein gern gesehener Gastmusiker. Bei diesem Jubiläumskonzert wurde auch der Grundstein für die spätere musikalische Ausrichtung und Zielsetzung gelegt, nämlich musikalisch Brücken zu bauen zu Menschen aus anderen Religionen und Kulturkreisen.

Was fasziniert Sie an der Saz und der türkischen Musik?

Die Saz hat einen ganz besonderen Klang – orientalisch und vielseitig, mal melancholisch, mal beschwingt. Sie besticht durch ihre Vierteltonabstände, die wir hier in der europäischen Musik nicht kennen. Ich liebe türkische Musik ganz allgemein, besonders aber Lieder von Zülfü Livaneli. „Kardeşin Duymaz“ ist praktisch die „Nationalhymne“ der Saitenspringer. Horst Schäfer und ich haben beide bei Hüseyin ein wenig Saz spielen gelernt.

Seit wann sind Sie in Dietzenbach?

Ich bin seit 1971 in Dietzenbach, mit einer kurzen Unterbrechung von 1987-1992, da habe ich in Kronberg gelebt.

Wo kommt Ihre Familie ursprünglich her?

Meine Mutter stammt aus Zerbst/Anhalt, mein Vater aus Frankfurt am Main, und wir haben vor unserem Umzug nach Dietzenbach in Oberstedten bei Oberursel gelebt.

Warum sind Sie nach Dietzenbach gekommen?

1971 stand meine Einschulung an. Der Schulweg in Oberstedten wäre sehr gefährlich gewesen, und ich hätte immer eine stark befahrene Hauptstraße überqueren müssen. Das hat meine Eltern beunruhigt, außerdem war der Anfahrtsweg meines Vaters zu seiner Firma (Verwaltung in Frankfurt und Werk in Offenbach am Main) recht lang, vor allem im Winter, weil damals noch viel mehr Schnee lag. Also beschloss die Familie, anlässlich meiner Einschulung den Umzug in Angriff zu nehmen und fand hier in Dietzenbach-Steinberg ein schönes Haus.

Warum sind Sie in Dietzenbach geblieben?

Ich hatte von klein an immer einen engen Bezug zur Evangelischen Martin-Luther-Gemeinde in Steinberg. Ich ging dort in den Kinderchor und Kindergottesdienst, später wurde ich hier konfirmiert, ging zur Jugendgruppe, Gospelkringel und zum Gitarrenkreis, gründete dann selbst meinen Gitarrenkreis, sang fast 30 Jahre im Kirchenchor und war 18 Jahre am Stück und dann vor Kurzem noch mal aushilfsweise ein Jahr Kirchenvorsteherin. Das hat eine enge Bindung erzeugt. Auch arbeite sich seit 1992 in Dietzenbach bei der Firma DiaSorin Deutschland GmbH, und die beiden Familienunternehmen, die ich von meinen Eltern übernommen habe, sind in Offenbach. Mein Freundeskreis ist hier, und ich fühle mich sehr wohl hier, auch in der Nachbarschaft, in der ich lebe.

Welche Erinnerungen haben Sie an Ihre Jugend in Dietzenbach?

Meine Jugend war sehr stark vom damaligen Pfarrer, Herrn Klaus Keller, geprägt. Er wusste Jugendliche zu begeistern, und in der Gemeinde war immer etwas los. Außerdem habe ich viel Zeit mit Matthias Burgey, einem Nachbarsohn, verbracht, der wie ein Bruder für mich war und ist und heute Konrektor der Astrid-Lindgren-Schule. Wir haben allerlei Streiche ausgeheckt und unsere Freizeit in der Gemeinde und auf unserem Firmengrundstück in Offenbach verbracht. Seine Mutter war meine Grundschullehrerin. Meine Eltern waren beide sehr tierlieb, und so hatten wir immer mehrere Katzen zu Hause, 2 x auch ein „Flaschenlämmchen“, das wir, da die Mutter eine Euterentzündung hatte und ihren Nachwuchs nicht säugen konnte, übergangsweise im heimischen Badezimmer gehalten und mit der Flasche großgezogen haben, bis es keine Milch mehr benötigt hat und wir es wieder nach Offenbach bringen konnten. Unvergessen der erste Ausflug unseres Mohrlis, des schwarzen Lämmchens, das wir im Garten herumtoben ließen und das dann einem völlig irritierten Kater Griebel gegenüberstand. Die Blicke waren unbezahlbar: „Wer bist DU denn??????“

Was gefällt Ihnen an Dietzenbach am meisten?

Die Vielfalt der unterschiedlichen Kulturen, die größtenteils friedlich zusammenleben. Man kann viel voneinander lernen, wenn man sich gegenseitig mit Respekt begegnet und das „Anderssein“ der anderen als Gewinn betrachtet. Der Verein „Zusammenleben der Kulturen in Dietzenbach“ bietet viele solcher Begegnungsmöglichkeiten, die ich sehr schätze, und die Flüchtlingshilfe Dietzenbach e.V. leistet eine hervorragende Arbeit. Im Rathauscenter gehe ich gerne einkaufen und finde dort fast alles, was ich brauche. Und natürlich meine Gemeinde, die Ev. Martin-Luther-Gemeinde in Steinberg.

Was sollte in Dietzenbach geändert werden?

Es gibt leider sehr viel Müll in der Stadt. Viele Menschen werfen ihren Abfall überall hin, wo sie gerade gehen und stehen. Das finde ich schade. Die Säuberungsaktion der Stadt, an der sich alle Mitbürger*innen beteiligen können, finde ich da eine gute Aktion. Außerdem sollte es noch mehr Angebote für Jugendliche geben, vor allem solche, die finanziell und sozial benachteiligt sind.

Was fehlt Ihnen in Dietzenbach?

Eigentlich nichts.

Wo gehen Sie in Dietzenbach gerne essen?

Im „Da Gigi’s“ und im „Casa zum Steinberg“ oder im „La Luna“. Allerdings gehe ich nicht sehr oft essen.

Welche Seite kennen die Dietzenbacher von Ihnen noch nicht?

Vielleicht, dass ich Gründerin und eine der Stifterinnen der Gerhard Krieger-Stiftung bin, die bedürftige Menschen mit Migrationshintergrund und ältere Wiedereinsteiger*innen mit Wohnsitz in Dietzenbach finanziell mit einem kleinen Förderbeitrag dabei unterstützt, den Führerschein zu erwerben oder ihre Fahrkenntnisse wieder aufzufrischen. Und den Umstand, dass ich ein Musical geschrieben habe. Das wird sich aber bald ändern, denn am 1. Mai 2022 ist die Live-Aufführung im „Haus des Lebens“.

Von welcher Person hätten Sie gerne einen Steckbrief und warum?

Gerhard Krieger († 3.10.2004), der jahrzehntelang ein äußerst erfolgreicher Fahrlehrer hier in Dietzenbach war. In seiner Fahrschule haben Menschen aus mehr als 30 Nationen das Fahren gelernt, und er hat ehrenamtlich Fahrschüler*innen, die sich mit dem Ausfüllen der Fragebögen schwer taten aufgrund des „Führerschein-Deutschs“ (soll heißen: den Fachbegriffen der Verkehrstheorie), Nachhilfeunterricht gegeben und die Fragen in einfacheres Deutsch umformuliert. Er nannte das „Lesehilfe“ und hat oft seine Sonntag-Vormittage dafür geopfert.

Ansonsten fällt mir noch unser Pfarrer Uwe Handschuch ein, ein unglaublich engagierter liebenswerter Mensch in unserer Stadt.

Mehr Stoff

Proescholdt, Joachim

  • 1927–2015 Pfarrer i.R.
  • Nach Reichsarbeitsdienst, Kriegsdienst und Kriegsgefangenschaft Abitur im Augustinergymnasium in Friedberg,
  • Studium der Theologie in Marburg, Mainz und Basel/Schweiz.
  • Ab 1953 Vikariatszeiten in Niederflorstadt/Wetterau und an der Lutherkirche in Frankfurt am Main,
  • 1955 Ordination in der Stadtkirche in Rüsselsheim,
  • 1956 Pfarrdienst in Obersaulheim und Udenheim,
  • 1957-1972 in Wörrstadt und Rommersheim/Rheinhessen,
  • im Nebenamt stellvertretender Dekan, zeitweilig: Propsteibeauftragter für Männerarbeit in Rheinhessen,
  • Öffentlichkeitspfarrer und Dekanatsjugendpfarrer, Mitwirkung an kirchlichen Sendungen im Südwestfunk.
  • 1972-1992 Pfarrer an der St. Katharinenkirche Frankfurt am Main, Initiator der Stadtkirchenarbeit.
  • Lebte seit seiner Pensionierung 1992 in Dietzenbach.
  • Seit 1991 als Senioratsmitglied des Ev.-luth. Predigerministeriums Vorträge zur Frankfurter Kirchengeschichte
  • und Leitung von Studienreisen im In- und Ausland.

Veröffentlichungen:

  • Menschen – Skulpturen von Franziska Lenz-Gerharz, Frankfurt am Main o. D.;
  • St. Katharinen zu Frankfurt am Main, herausgegeben: Frankfurt am Main 1981, ²1993;
  • St. Katharinen zu Frankfurt am Main, Kunstführer, München 1982;
  • Dein Himmel ist wie ein Teppich – Glasmalereien von Charles Crodel in Frankfurt am Main, Frankfurt am Main 1988;
  • Evangelischer Kirchenkalender für Frankfurt am Main – Daten zur Frankfurter Kirchengeschichte, Schriftenreihe des Ev. Regionalverbandes 21, Frankfurt am Main 1996;
  • Der Staat ist das Volk – Evangelische Pfarrer und Theologen in der Frankfurter Nationalversammlung, in: Martin Zentgraf (Hg.), Frankfurter Paulskirche 1848 – 1998 – Zur Geschichte des Paulskirchen-Parlaments, Schriftenreihe des Ev.-luth. Predigerministeriums 4, Frankfurt am Main 1997;
  • Was sie dachten, was sie glaubten – Theologien und Frankfurter Theologen im 20. Jahrhundert, in: Jürgen Telschow (Hg.), Alles hat seine Zeit, 100 Jahre evangelische Kirchengemeinden im alten Frankfurter Stadtgebiet, 100 Jahre evangelischer Gemeindeverband, Frankfurt am Main 1999;
  • Frankfurter Juden – Von der Ausgrenzung bis zur Emanzipation. Vom Antisemitismus zur Shoah, in: Joachim Proescholdt (Hg.), Minderheiten in Frankfurt am Main – Vom Umgang mit Andersdenkenden – Andersglaubenden – Anderslebenden, Schriftenreihe des Ev.-luth. Predigerministeriums 5, Frankfurt am Main 2000.
  • Emporenmalerei aus St. Katharinen – Ein Frankfurter Kleinod, Studienband zur Frankfurter Geschichte 56, Frankfurt am Main 2007.
  • zusammen mit Jürgen Telschow, Frankfurts evangelische Kirchen im Wandel der Zeit, Frankfurt am Main 2011.

Hancer, Necati

  • 25 Jahre lang Vorsitzender der türkisch-islamischen Gemeinde in Dietzenbach
  • 2015 Ehrenbrief des Landes Hessen
  • 2016 Preisträger für besondere Verdienste um den Gedanken der Völkerverständigung

Herr Necati Hancer kam in den siebziger Jahren aus der Türkei in die Bundesrepublik. Seitdem Necati Hancer in Deutschland lebt, setzt er sich für die Förderung des interreligiösen und interkulturellen Dialoges ein. Seit 1990 ist er zudem Vorsitzender der türkisch-islamischen Gemeinde in Dietzenbach. Die Gemeinde lädt unter anderem am Ende des Fastenmonats Ramadan zum gemeinsamen Fastenbrechen ein, beteiligt sich an der alljährlichen Frühjahrsputzaktion der Stadt sowie an zahlreichen Festen.

Seit 2010 ist die türkisch-islamischen Gemeinde darüber hinaus Mitglied in der Arbeitsgemeinschaft der Religionen in Dietzenbach, die mit ihrer Arbeit dazu beitragen will, dass Religion als eine Quelle des friedlichen Zusammenlebens verstanden wird und damit zu einer Brücke der Verständigung werden kann. Unter der Leitung Necati Hancers warnt die Gemeinde zudem seit Jahren davor, sich religiösen Fanatikern anzuschließen und versucht Eltern für dieses Thema zu sensibilisieren. Mitglieder der Gemeinde protestierten zudem friedlich gegen Auftritte des islamistischen Predigers Pierre Vogel in Dietzenbach.

Durch seine offene Haltung gegenüber anderen Glaubensgemeinschaften ist Herr Necati Hancer ein wichtiger Kooperations- und Ansprechpartner für Fragen des interreligiösen Dialogs in Dietzenbach. So ist der Moscheeverein eines der Gründungsmitglieder der Initiative „Eine Stunde für den Frieden – Interreligiöser Dialog in Stadt und Kreis Offenbach“, die sich nach den Anschlägen in den USA im September 2001 gegründet hat. Zu den vorrangigen Zielen der Initiative gehörte es, Menschen ganz unterschiedlicher Herkunft und Prägung miteinander ins Gespräch zu bringen, damit sie sich besser kennenlernen und Vorurteile keine Chance haben.

Mit seiner zuverlässigen und vertrauensvollen Art ist Herr Necati Hancer ein wichtiger Garant für das Miteinander der Kulturen in Dietzenbach. Als Vorsitzendem fällt Herrn Necati Hancer auch die Aufgabe zu, seine Gemeinde zu repräsentieren und in der Öffentlichkeit zu vertreten. Er tut dies ruhig und sachlich und steht für Offenheit, Toleranz sowie ein friedliches Zusammenleben. Necati Hancer gilt als hilfsbereit sowie als Mensch, auf dessen Wort man sich stets verlassen kann. Er ist daher würdig mit dem Ehrenbrief des Landes Hessen ausgezeichnet zu werden.