Küpelikilic, Emine und Tahsin

Tahsin Küpelikilic ist 1944 in Pazarcik in der Türkei geboren und mit drei Brüdern und drei Schwestern dort aufgewachsen. Er ist 1973 nach Deutschland gekommen, 1974 hat er seine Frau Emine nachgeholt.

Emine Küpelikilic ist ebenfalls in Pazarcik in der Türkei geboren und aufgewachsen. Sie hat zwei ältere Schwestern und zwei jüngere Brüder.

Wo sind Sie zur Schule gegangen?
Tahsin Küpelikilic: Ich bin in Düzbag zur Schule gegangen. Ich habe die Grundschule beendet. Danach habe ich meinen Wehrdienst gemacht. Nach dem Wehrdienst bin ich Stadtteilwächter geworden. Ich habe im April 1969 geheiratet und am 01.08.1969 bin ich Stadtteilwächter geworden. Wie die Polizei habe ich gearbeitet. Unsere Gemeinde war eine Kleinstadt. Vier Jahre habe ich als Stadtteilwächter gearbeitet. 1966 hatte ich mich, als ich vom Wehrdienst zurück kam, für die Arbeit in Deutschland beworben. Nach Jahren wurde ich angenommen und kam als Gastarbeiter nach Deutschland. Ich habe meine Stelle in der Türkei gekündigt und kam hierher. Ich kam nach Wiesbaden und habe dort bei einer Firma zwei Monate gearbeitet. Danach bin ich nach Dietzenbach gekommen. Mein erster Arbeitstag in Deutschland war im November 1973.

War damals Ihre Familie auch in Deutschland?
Tahsin Küpelikilic: Damals hatte ich zwei Kinder. Meine Frau und die Kinder waren zunächst in der Türkei. Ich bin 1973 hierher gekommen und blieb ein Jahr allein in Deutschland. Dann habe ich ein Jahr später, 1974, meine Frau hergeholt, zusammen mit meiner Tochter, die 1972 geboren wurde. Mein Sohn blieb in der Türkei zurück. Dann habe ich in einer Textilfabrik gearbeitet in Urberach. Zehn Jahre habe ich dort gearbeitet, zusammen mit meiner Ehefrau. Später hat die Fabrik 1983 zugemacht und ich bin arbeitslos geworden. Dann habe ich angefangen in einer Holzfabrik in Dietzenbach zu arbeiten .Zwei Jahre habe ich dort gearbeitet. Nachdem die Fabrik nach einem Brand schließen musste, habe ich angefangen bei Asmus zu arbeiten. Dort habe ich 25 Jahre gearbeitet, jetzt bin ich seit zwei Jahren Rentner. Ja, und nun, das Leben geht weiter. Ich bin zu Hause und beziehe Rente.

Wie haben Sie Ihre Jugend erlebt?
Tahsin Küpelikilic: Mit Arbeiten habe ich meine Kindheit verbracht, dann habe ich meine Wehrpflicht erfüllt. Nachdem Wehrdienst habe ich gegen das Leben angekämpft und bin Stadtteilwächter geworden.

Wie alt waren Sie während Ihres Wehrdienstes?
Tahsin Küpelikilic: Ich war 20 Jahre alt als ich zum Wehrdienst ging.

Und als Sie geheiratet haben?
Tahsin Küpelikilic: Als ich geheiratet habe, war ich 25 Jahre alt.

Wie alt war Ihre Ehefrau?
Tahsin Küpelikilic: Meine Ehefrau war 15 Jahre alt.

Der Altersunterschied beträgt bei Ihnen 10 Jahre? Deswegen arbeitet Ihre Ehefrau noch, während Sie in Rente sind?Tahsin Küpelikilic: Ja genau.

Haben Sie gute Freunde in der Türkei, die Sie beispielsweise noch heute sehen?
Tahsin Küpelikilic: Ja, haben wir. Wir haben immer noch Kontakt zu ihnen.

Haben Sie eine bestimmte Ausbildung gemacht?
Tahsin Küpelikilic: Nein, eine Ausbildung habe ich nicht gemacht. Ich habe eine Prüfung damals abgeleistet, habe bestanden und bin Stadtteilwächter geworden. Damals lief das so.

Können Sie etwas von Ihrer Erwachsenenzeit erzählen, wie haben Sie z.B. Ihre Ehefrau kennengelernt? Wie war die Hochzeit, können Sie sich daran erinnern?
Tahsin Küpelikilic: Meine Ehefrau ist die Tochter meines Onkels. Wir haben im gleichen Ort gewohnt. Als ich vom Wehrdienst zurückkam, haben meine Eltern mir verschiedene Mädchen aufgezählt und gefragt, welche ich mir vorstellen könnte, zu heiraten. Ich sagte, dass ich die Tochter meines Onkels gerne heiraten möchte. Das Schicksal wollte es so und wir haben geheiratet. Wir blieben drei Jahre verlobt. Meine Frau war damals 12 und ich 22. Als wir geheiratet haben, waren wir 15 und 25 Jahre alt.

Wie viele Kinder haben Sie jetzt?
Tahsin Küpelikilic: Drei, zwei Söhne und eine Tochter.

Haben Sie auch Enkelkinder?
Tahsin Küpelikilic: Ja ja, haben wir. Wir haben drei Enkelkinder.

Sind alle Kinder von Ihnen verheiratet?
Tahsin Küpelikilic: Alle sind verheiratet.

Leben alle Kinder hier?
Emine Küpelikilic.: Ja, sie wohnen hier, gleich hier in der Nähe.
Tahsin Küpelikilic: Wir haben ein eigenes Haus gleich hier in der Nähe. Ein dreistöckiges Haus habe ich gekauft, jetzt leben die Kinder dort. Später werden wir auch dorthin ziehen.

Wie verbringen Sie Ihre Zeit während der Rente, was machen Sie in Ihrer Freizeit?
Tahsin Küpelikilic: Gut, gut. Ich habe Diabetis. Ich habe einen Garten, gleich in der Nähe unterhalb der Zuggleise. Wir verbringen viel Zeit dort.

Bauen Sie auch etwas an?
Tahsin Küpelikilic: Ja, ein wenig.
Emine Küpelikilic.: Die Nachbarn kommen, wir trinken Tee gemeinsam, wenn ich von der Arbeit komme. Ich arbeite mal nachts, mal morgens, mal mittags im Schichtdienst. Wir gehen in den Garten und sitzen dort. Wir grillen. Wir verbringen unsere Freizeit im Garten. Die Nachbarn kommen dorthin, mit Gesprächen und Tee-trinken verbringen wir unsere Zeit.

Frau Küpelikilic, haben Sie eine Schule besucht?
Emine Küpelikilic.: Nein, damals hat man mich nicht geschickt, weil es hieß, Mädchen gehen nicht zur Schule. Ich habe einige Monate die Schule besucht, dann haben meine Eltern mich nicht mehr geschickt. Manche Ding ehat mir mein Vater zu Hause beigebracht, z.B. die Buchstaben, das Schreiben, die Zahlen. Mein Vater konnte alles ganz gut. So haben wir unsere Zeit verbracht.

Wie ist Ihre Beziehung zu Ihrer Familie?
Emine Küpelikilic.: Meine Beziehung zu meiner Familie ist ganz gut. Ich habe drei ältere Schwestern und zwei jüngere Brüder. Mit ihnen komme ich gut klar. Meine älteste Schwester ist leider schon verstorben vor zwei Jahren. Die anderen beiden Schwestern leben auch in Deutschland. Der eine Bruder von mir lebt auch hier, der andere in der Türkei. Mein Vater ist auch verstorben, meine Mutter lebt noch, sie ist 86 Jahre alt. Sie ist noch fit für ihr Alter. So ist die Zeit vergangen.

Und hören wir die Geschichte noch mal von Ihnen. Wie hat Ihr Ehemann um Ihre Hand angehalten?
Emine Küpelikilic.: Mein Mann wollte unbedingt mich heiraten. Ich war damals noch ein Kind. Ich wusste und verstand nichts. Als er und seine Familie um meine Handanhielten, haben meine Eltern zugesagt. Meine Mutter sagte, dass ich noch zu jung sei, daraufhin sagten meine Schwiegereltern, dass sie warten würden. Dann haben wir gewartet, drei Jahre. Mit 15 habe ich geheiratet, mit 16 habe ich ein Kind bekommen. Mein ältester Sohn blieb in der Türkei als ich nach Deutschland kam, er war drei Jahre damals. Er ist 1970 geboren, meine Tochter 1972 und der andere Sohn 1975. Meine Tochter kam mit eineinhalb Jahren nach Deutschland.

Sind all Ihre Kinder in der Türkei geboren?
Tahsin Küpelikilic: Die ersten beiden sind in der Türkei geboren. Der letzte ist 1975 hier geboren.

War es schwierig, Ihre Kinder hierher zu bringen?
Emine Küpelikilic.: Nein, wir kamen ganz leicht hierher, damals gab es kein Visum.

Wann haben Sie Ihren ältesten Sohn hierher geholt?
Tahsin Küpelikilic: Er war sieben Jahre alt. Drei Jahr ekonnten wir damals keinen Urlaub machen und in die Türkei reisen.
Emine Küpelikilic. :Damals konnten wir nicht wie heute einfach in den Flieger steigen und reisen. Die Migration ist schwer. Wir haben schwere Zeiten durchgemacht.

Haben Sie eine Ausbildung gemacht Frau Küpelikilic?
Emine Küpelikilic.: Ich habe einen Nähkurs in der Türkeibesucht und habe dort das Nähen gelernt. In Deutschland bin ich der Nähtätigkeit nicht nachgegangen und habe vieles vergessen. Zu Hause mache ich noch meine eigenen Sachen.

Was machen Sie jetzt zur Zeit für eine Tätigkeit?
Emine Küpelikilic.: Jetzt arbeite ich in einer Wäscherei und kontrolliere dort die Wäsche, seit 22 Jahren. Bis zur Rente sind es noch vier Jahre. Früher haben wir beide drei, vier Jahre in Urberach gearbeitet. Seit ich hier bin, arbeite ich, nur sechs Monate habe ich nicht gearbeitet. Manchmal habe ich als Reinigungskraft gearbeitet. Früher waren die Firmen viel freier, die Arbeitgeber haben immer nach Arbeitern gesucht. Damals waren die Kinder klein. Wir sind Gott sei Dank zufrieden mit unserem Leben. Mit unseren Kindern sind wir zufrieden, sie arbeiten, sind großzügig. Einer arbeitet im Kreishaus, der Älteste. Die Schwiegertöchter arbeiten, auch mit ihnen bin ich zufrieden. Meine Familie ist ganz gut, mein Umfeld ist ganz gut. Ich bin sowohl mit meinen Nachbarn zufrieden als auch mit der Familie.
Tahsin Küpelikilic: Unsere Familienangehörigen sind sehr verbreitet hier.

Mit welchen Hoffnungen sind Sie nach Deutschland gekommen?
Emine Küpelikilic.: Mit welchen Hoffnungen sind wir nach Deutschland gekommen? Wir wollten etwas Geld verdienen und wieder zurückkehren. Wir wollten drei bis fünf Jahre bleiben und gehen. Damals war es gut, unsere Situation in der Türkei war auch gut. Mein Schwiegervater hat zu meinem Mann gesagt, geh nach Deutschland und er hat auf ihn gehört.

Und haben sich Ihre Hoffnungen erfüllt?
Emine Küpelikilic.: Ja, aber wir sind hier geblieben, wir sind glücklich hier.

Was ist der Grund, weshalb Sie nicht zurückgekehrt sind?
Emine Küpelikilic.: Früher waren ganz wenige Türken hier, so dass man sich einsam gefühlt hat in der Migration. Später kamen die Kinder und sind hier aufgewachsen. Damals konnten wir auch gar kein deutsch, wir kannten nichts. Dann kamen immer mehr Nachbarn, die aus unserem Heimatdorf stammen. Die Kinder gingen zu rSchule, sie haben die Sprache gelernt, wir wurden glücklich hier. Die Deutschen waren auch nett uns gegenüber im Arbeitsleben, im Privatleben, beim Einkauf, überall. Ich habe mich noch nie schlecht behandelt gefühlt. Auch wenn ich in die Türkei ziehen werde, werde ich Deutschland nicht für immer verlassen. Auch die Kinder sind hier. Sie sind jung und gehen nicht zurück und wenn wir zurückkehren, gibt es kaum noch jemand dort.

Wie verbringen Sie Ihre Zeit in der Türkei?
Emine Küpelikilic.: Die Nachbarn und Verwandten kommen, wir laden sie ein, sie laden uns ein. Wir verbringen eine schöne Zeit, es gibt Hochzeiten, Gespräche.

Wenn Sie in die Türkei reisen, reisen Sie da nach Düzbag oder auch woanders hin?
Emine Küpelikilic.: Nein, wir reisen viel herum, wenn wir die Zeit dazu haben. Früher haben wir immer sechs Wochen am Stück Urlaub bekommen, später wurden es nur noch vier Wochen. Jetzt sind es drei Wochen. Weil ich noch arbeite, können wir nicht sehr lange in die Türkei reisen.

Und Sie Herr Küpelikilic, bleiben Sie länger in der Türkei?
Tahsin Küpelikilic: Auch ich bleibe nicht lange. Alleinemacht es keinen Spaß.

Haben Sie hier in Deutschland enge Freundschaften schließen können?
Tahsin Küpelikilic: Ja, mit Arbeitskollegen, mit denen wir sehr zufrieden sind.
Emine Küpelikilic.: Ja, wir sind zufrieden und sie sind mit uns zufrieden. Wenn sie in Rente gehen, sind wir alle traurig. Wir haben mit Menschen aus unterschiedlichen Ländern Freundschaften geschlossen. In meiner Abteilung bin ich die einzige Türkin, sonst gibt es Deutsche, Russen, Jugoslawen, Vietnamesen, Polen.

Als Sie zum ersten Mal hierher kamen, wie fanden Sie Deutschland, z.B. die Menschen, die Landschaft usw.?
Emine Küpelikilic.: Als ich zum ersten Mal hierher kam, hat mir beispielsweise das Wetter nicht gut getan. Ich habe mich sehr gelangweilt, wir kannten nichts, so dass wir nirgends hingehen konnten. Wir wollten nur Geld verdienen und wieder zurückkehren in die Türkei. Dahe rhaben wir uns auch hier nicht um ein schönes Leben in einer schönen Wohnung bemüht. Wir wollten sofort wieder gehen. Dann haben wir festgestellt, wir bleiben hier und haben hier investiert in unsere Kinder. Wir haben zwei Wohnungen gekauft, mit den Kindern gemeinsam. Wir haben gesagt, wir kehren nicht zurück und bleiben hier, also kaufen wir ein Haus.

Wann genau haben Sie diese Entscheidung getroffen?
Emine Küpelikilic.: Vor etwa 10 oder 15 Jahren haben wir uns gesagt, wenn wir alt werden, bleiben wir nicht bei den Kindern. Andererseits sind wir dann auch in Rente und haben nicht so ausreichend Geld, wie wir es als Lohnempfänger hätten! Dann haben wir uns eine Zwei-Zimmer-Wohnung gekauft und uns vorgenommen, während der Rente sechs Monate hier zu bleiben und sechs Monate in der Türkei zu verbringen. Wir wollten unsere Kinder nicht stören. Später wurde ein drei-stöckiges Haus gekauft. Wie das Schicksal es wollte, haben wir uns gesagt, kaufen wir auch diese Wohnung. Wir haben den Kindern ihre gewünschten Wohnungen gegeben und für uns die übrige genommen.

Wie finden Sie das Sozialstaatssystem von Deutschland?
Emine Küpelikilic.: Sehr gut. Es hat sich auch verändert. Früher konnten sich die Deutschen z.B. auch keine Waschmaschinen leisten, sie hatten Fernseher in Schwarz-weiß. Sie haben früher auch schlecht gelebt. Damals war das so. Wir haben uns angepasst. Die Rechte sind gut, alles diszipliniert, systematisch, die Menschen sind nicht betrügerisch, jeder kommt der Reihe nach dran, es gibt keine Vetternwirtschaft.

Unternehmen Sie etwas mit Ihrer Frau in Ihrer Freizeit?
Tahsin Küpelikilic: Also wir gehen in den Garten, wir machen Spaziergänge, wir besuchen Nachbarn oder die Kinder, wir fahren nach Dortmund zu unserer Tochter, meine Frau lädt Freunde zum Frühstück ein. Wir machen Ausflüge.

Nehmen Sie an Aktivitäten teil?
Tahsin Küpelikilic: Ich gehe in die Moschee oder besuche unseren Verein des Heimatdorfes.

Was haben Sie von Ihren Kindern hier erwartet?
Emine Küpelikilic.: Wir wollten, dass unsere Kinder schulisch es zu etwas bringen. Mein Sohn hat damals sehr schlecht gesehen. Wir wollten, dass er liest, aber er konnte nicht. Mein Sohn wollte auch unbedingt ein Instrument spielen, aber ich habe es ihm damals nicht erlaubt. Jetzt bin ich traurig darüber, dass ich ihn nicht zum Unterricht geschickt habe. Er wurde am Auge operiert, jetzt geht es ihm gut, er arbeitet im Kreishaus. Die anderen Kinder haben keine Ausbildung gemacht, obwohl wir das wollten. Aber sie verdienen auch gut, ihnen geht es gut, sie haben ihre Häuser, auch meine Tochter, die nicht hier lebt, sondern in Dortmund.

Was erwarten Sie allgemein von der Jugend?
Emine Küpelikilic: Natürlich erwarte ich von der Jugend, dass sie zur Schule gehen und höhere Abschlüsse anstreben. Sie sollen zukunftsorientiert sein. Die jenigen, die nicht studieren, sollen wenigstens eine Ausbildung machen. Ich hasse es, wenn der Mensch ziellos lebt.

Herr Küpelikilic was erwarten Sie von der Jugend?
Tahsin Küpelikilic: Ich erwarte dasselbe wie meine Frau, sie sollen die Schule oder eine Ausbildung machen.

Wie sehen Sie Ihre Zukunft als Teil der älter werdenden Bevölkerung? Wie sehen Sie Ihre Zukunft?
Emine Küpelikilic.: Ich bin traurig, wenn ich an die Zukunft denke, denn wenn ich mir die jetzige Zeit anschaue, sehe ich, dass die meisten jungen Menschen die Alten nicht möchten. Darum bin ich sehr traurig. Ich will, dass man sich um sie kümmert. Ich will auch, dass meine eigenen Kinder sich um mich kümmern, wobei das von der jeweiligen Situation abhängig ist, z.B. wenn sie arbeiten und nicht zu Hause sind den ganzen Tag. Oder gerät ihr Leben durcheinander, wenn sie sich um uns kümmern müssen, an all das denken wir.

Haben Sie bestimmte Vorschläge für ein schönes Leben in Dietzenbach?
Emine Küpelikilic.: Früher gab es keine Sprachkurse, jetzt gibt es aber welche. Auch andere Kurse gibt es mittlerweile. Ich will, dass es weiterhin solche Kurse gibt. Wenn wir nicht hingehen, so soll die jüngere Generation wenigstens die Möglichkeit haben, an solchen Kursen teilzunehmen. Auch die Sauberkeit unserer Stadt ist mir wichtig, sie soll weiter sauber sein.

Wie sehen Sie Dietzenbach nach zehn Jahren?
Emine Küpelikilic.: Im Gegensatz zu Beginn hat sich Dietzenbach sehr entwickelt. Die Wohnungen haben jetzt Heizungen und keine Kamine mehr, alte schäbige Wohnblöcke gibt es nicht mehr. So wird Dietzenbach sich gewiss weiter entwickeln.

Wie würden Sie dazu beitragen, um Dietzenbach nach Ihren Wünschen zu formen?
Emine Küpelikilic. :Ich würde alles tun, was in meiner Macht steht und was verlangt wird.

Was ist für Sie Glück?
Emine Küpelikilic.: Glück ist für mich etwas Schönes. Allah soll niemandem Unglück bescheren. Glück war für mich z.B., dass wir hier ein Haus kaufen konnten, wir haben es günstig bekommen, das war für mich Glück.

Herr Küpelikilic, was haben Sie als Kind für Spiele gespielt mit Ihren Freunden?
Tahsin Küpelikilic: Wir haben draußen gespielt und haben Tauben Saltos machen lassen. Wir haben Fußball gespielt, wir haben Verstecken gespielt oder Fangen, wir sind mit Freunden übereinander gehüpft. Auch mit heißen Steinen haben wir gespielt und haben sie bei Nacht weggeworfen
.Emine Küpelikilic: Meine Kindheitsjahre sind sehr schön gewesen. Ich hatte drei ältere Schwestern, daher war ich als jüngste sehr frei. Ich habe ein Spiel mit fünf Steinen gespielt, bin Seil gehüpft, habe Theaterspiele gemacht mit Nachbarskindern. Habe Verstecken gespielt, blinde Kuh und Hüpfspiele. Meine Schwestern haben zu Hause gearbeitet und ich habe gespielt.

In Ordnung, ich bin am Ende meines Interviews und bedanke mich bei Ihnen. Es sei denn, Sie möchten noch etwas hinzufügen?
Tahsin Küpelikilic: Nein, eigentlich müssen wir uns bedanken.

Meyer, Dr. phil. Klaus

  • hat ein Vierteljahrhundert in Dietzenbach in der Hessischen Jugendbildungsstätte gearbeitet
  • Engagement in der Solidaritätsarbeit für Nicaragua und Kuba
  • Vereinsaktiver beim Monimbó e.V.
  • Er setzte sich für das Wandbild aus Nicaragua (Künstlergruppe “Diriangen”) ein, was an das Rathaus gehängt werden sollte. Die politische Mehrheit verhinderte dies.

Aus der TAZ vom 21. 8. 1998:

Freiheit, die wir meinen
Vom hessischen Dietzenbach nach Berlin-Kreuzberg: Die von „rechtschaffenen“ Bürgern erzwungene Odyssee eines lateinamerikanischen Wandgemäldes  ■ Von Peter Nowak

Aus dem Urlaub zurückkehrende KreuzbergerInnen werden sich verwundert die Augen reiben. An der Häuserwand Oranienstraße Ecke Manteuffelstraße, dort wo seit den 80er Jahren politische Losungen und Wandmalereien nicht selten den Zorn von PolitikerInnen auf sich zogen, werden dann auf einem riesengroßen Gemälde Szenen aus der Geschichte des amerikanischen Subkontinents zu sehen sein.
Neben namenlosen Indigenas mit Fahnen und Spruchbändern dürfen die lateinamerikanischen Freiheitshelden der verschiedenen Epochen nicht fehlen: Simon Bolivar, Tupac Amaru, Sandino, Salvador Allende und natürlich Che Guevara. Das Bild erinnert nicht zufällig an die als Revolutionstrophäen aus dem sandinistischen Nicaragua der 80erJahre so beliebten Wandteller und Postkarten. Es wurde von vier KünstlerInnen aus der nicaraguanischen Stadt Masaya in Zeiten gemalt, als auch manche Stadtverwaltungen noch von Nicaragua libre schwärmten.

Dazu gehörte auch die rot-grün regierte hessische Kleinstadt Dietzenbach, die 1985 eine Städtepartnerschaft mit Masaya geschlossen hatte. Mehrere KünstlerInnen aus Masaya wollten ihrer deutschen Partnerstadt als Dank für die Solidarität mit Nicaragua ein Wandbild schenken. Bei der Dietzenbacher Stadtratsmehrheit stieß das Projekt auf große Zustimmung. Man wollte den KünstlerInnen zum 500. Jahrestag der „Entdeckung“ Amerikas im Jahre 1992 die Möglichkeit geben, dieses Jubiläum aus der Perspektive der „Entdeckten“ darzustellen. Das Gemälde sollte an exponierter Stelle an der Außenwandfläche des Dietzenbacher Rathauses angebracht werden. Doch dazu sollte es nicht kommen.

Mit populistischen Parolen mobilisierten die örtliche CDU und eine extra zur Verhinderung des Gemäldes gegründete rechtspopulistische WählerInnengemeinschaft „Bürger für Dietzenbach“ die schweigende Mehrheit. In Briefen an alle Dietzenbacher WählerInnen hieß es: „Keine politischen Diffamierungsversuche am Rathaus oder an einem anderen Ort. Wir Dietzenbacher haben andere Sorgen.“ Ein CDU-Stadtverordneter wollte statt des exotischen Gemäldes ein Bild über die Vertreibung der Deutschen nach dem 2. Weltkrieg am Rathaus anbringen lassen. Auf Druck der Opposition wurde eine BürgerInnenbefragung angesetzt, an der sich allerdings nur knapp 20 Prozent der Wahlberechtigten beteiligten, von allerdings 80 Prozent gegen das Bild votierten Klaus Mayer vom Verein „Monimbo e.V.“, der sich für das Gemäldes einsetzte: „Einer ganzen Reihe von Menschen in Dietzenbach war es leichtgefallen, die meist sehr positiv geschätzte Solidaritätsarbeit mit Spenden oder städtischen Zuschüssen zu unterstützen. Daß jetzt aber Künstler aus diesem Land ihre Sicht der Welt und ihre Version der Ursachen der Armut in ihrem Land, an dem wir mitschuldig sind, darstellten, das möchte man auch als hilfsbereiter Mensch nicht hinnehmen.“ Besonders die SPD habe sich wachsweich verhalten und insgeheim von dem Bild distanziert, meint Mayer. Auch an der SPD-Basis fanden die Parolen der GegnerInnen Gehör, wie das Debakel für die SPD bei den folgenden Kommunalwahlen zeigte.

Seit 1992 tingelte der Auslöser des ganzen Streits dann als Wanderbild quer durch die Republik. Mal machte es Station auf dem evangelischen Kirchentag, dann hing es für einige Zeit an einem Jenaer Einkaufszentrum, zuletzt in der Potsdamer Innenstadt. Ab Samstag soll es nun in Kreuzberg einen festen Platz bekommen. Mit Widerstand gegen das Gemälde ist dort nicht zu rechnen. Eher bestünde die Gefahr, daß es im bunten Kreuzberger Flair nicht richtig wahrgenommen wird, befürchtet ein Berliner Mitorganisator. Die Enthüllung und Präsentation wird mit einem Straßenfest begangen. Die Aktion läuft im Rahmen der bundesweiten „Karawane für die Rechte von Flüchtlingen und MigrantInnen“.

Hier geht es zum gesamten Artikel:
https://taz.de/Freiheit-die-wir-meinen/!1329387/


Aus der Zeit vom 3.4.1992:

Der Teufel an der Rathauswand
Ein Held, ein Schuft und ein umstrittenes Kunstwerk
Von Hartmut Blinten

Dietzenbach

Hans Schmandt, der örtliche Maler-Senior, wählte für den Eklat die Bühne. Bei einer Vernissage in der Galerie seines Künstlerfreundes Karl-Heinz Wagner schleuderte er vor ausgewähltem Publikum die Kulturpreis-Medaille dem Bürgermeister Jürgen Heyer wie einen Fehdehandschuh vor die Füße. Der Sozialdemokrat empörte sich zwei Tage später, als er die Sprache wiedergefunden hatte: “Das war ein blanker Affront gegen mich.”

Mit seinem Tiefschlag setzte der lokale Kunstpapst einen vorläufigen Höhepunkt in einem Streit, der dietzenbachtypische Züge trägt: ein Held (der Künstler Schmandt), ein Schuft (der Kommunist Weilmünster) und die Kanalgebühren im Hintergrund.

Auf der Strecke bleibt dabei voraussichtlich ein Wandbild, mit dem die Künstlergruppe “Diriangen”, benannt nach einem Nica-Häuptling aus der nicaraguanischen Partnerstadt Masaya, zum Kolumbus-Jubiläum 500 Jahre europäische Segnungen für Lateinamerika thematisieren will. Das Bildnis, das sieben Meter breit und siebzehn Meter hoch auf der Rathaus-Eckwand einen Blickfang bilden würde, führt den Passanten in Augenhöhe die Ahnengalerie lateinamerikanischer Revolutionäre vor: Simon Bolivar und Tupac Amaru, Sandino, Che Guevara und Salvador Allende.

Fidel Castro ging schon bei einem Vorentwurf über den Deich, ebenso verschwanden der Raketenkranz auf dem Kopf der Freiheitsstatue und die Totenköpfe im US-Banner. Nur noch für Weitsichtige erkennbar ist ganz oben links die Ausrottung der Hoch- und Primitivkulturen des Subkontinents. Der Gruppensprecher Noel Calero: “Wir malen die Realität, in der unsere Völker leben.”

Pate des Projekts auf Dietzenbacher Seite ist Richard Weilmünster, der letzte Ur-Dietzenbacher im Magistrat und der einzige kommunistische Stadtrat in Hessen. Er dichtete seine Pläne nach dem Prinzip ab, daß man Bäume am besten im Wald versteckt. Zur Diskussion über jede einzelne Entwicklungsstufe lud er öffentlich ein, aber kaum jemand kam – vor allem nicht der Dietzenbacher Künstlerkreis um Schmandt und Wagner. 15 000 Mark Komplementärfinanzierung der Stadt wurden im Etat verankert, aber die CDU-Opposition erkundigte sich lediglich, warum die Summe beim Untertitel “Bürgerhaus” verbucht wurde. Aus der insgesamt neunstündigen Diskussion über die Bildentwürfe zog sich der CDU-Vertreter nach fünfzehn Minuten zurück.

Feuer bekam Weilmünster dann aber aus einer Ecke, mit der er nicht gerechnet hatte. Ein Schmandt-Freund, der Graphiker Günther Schwinn, machte mobil: “Hier geht es um eine Partnerschaft mit Sandiriisten, die von der Mehrheit der Bevölkerung nicht getragen wird.” Er investierte 1200 Mark in eine sechsspaltige Anzeige im Stadtanzeiger (“Wir sind dagegen”) und sammelte über 3000 Unterschriften. Schwinn über seinen Erfolg: “Da ist so viel anderes passiert, da war das Wandbild nur noch der Tropfen, der das Faß zum Überlaufen gebracht hat.” Das andere sind vor allem die neuen Kanalgebühren, die – ökologisch gesehen – sehr fortschrittlich, aber so kompliziert sind, daß sie die Stadtverwaltung nicht in den Griff bekommt. Seit mehr als einem Jahr jagen sich Gebührenbescheide und Widersprüche. Schaden hat zwar außer der Stadt noch niemand erlitten, aber die Bürger sind pikiert.

Der Teufel an der Rathauswand – Seite 2
Hans Schmandt, der das Wandbild nicht für “ein Werk der Kunst, sondern der Propaganda” hält, erinnert sich an die Zeiten, als sich die städtische Kulturpolitik im Grußwort des Bürgermeisters bei Vernissagen erschöpfte: “Früher gab es eine offene Politik. Da konnte man leben und leben lassen. Heute ist das alles einseitig ausgerichtet.” Sein Künstlerkreis sagte vorsorglich die Weihnachtsausstellung 1992 im Rathaus ab. Kollege Wagner, Genosse seit 23 Jahren, gab nach der ersten von zwei SPD-Versammlungen zu dem Wandbild sein Parteibuch zurück.

In der vergangenen Woche kapitulierte Richard Weilmünster nun mit einer persönlichen Erklärung in der Stadtverordnetenversammlung vor so viel Widerstand: “Den allgemeinen Unmut der Bevölkerung gegen dieses Projekt habe ich unterschätzt.” Er nahm Abschied von seiner Idee, mit dem Wandbild aus der Spenden-Einbahnstraße Dietzenbach-Masaya einen lebendigen Dialog zwischen hüben und drüben zu entwickeln: “Mir ging es um mehr, als nur unsere Position als Gönner bestätigen zu lassen.”

In der Niederlage erkannte der Stadtrat aber noch einen Funken Hoffnung. Vielfach habe sich, so sinnierte er, der Protest nicht gegen das Bild als solches, sondern gegen die Rathauswand als Malfläche gewandt. Damit hätten sich die Dietzenbacher erstmals in sechzehn Jahren mit dem Rathaus auf der grünen Wiese, dem Symbol einer umstrittenen städtebaulichen Entwicklung, identifiziert.

Für die nächste Parlamentssitzung kündigte Weilmünster “geeignete Vorschläge” der Unabhängigen Kommunisten “für andere Formen der Herangehensweise” an das Thema Kolumbus-Jubiläum an. Hartmut Blinten

Hier geht es zum gesamten Artikel:
https://www.zeit.de/1992/15/der-teufel-an-der-rathauswand/komplettansicht

Proescholdt, Joachim

  • 1927–2015 Pfarrer i.R.
  • Nach Reichsarbeitsdienst, Kriegsdienst und Kriegsgefangenschaft Abitur im Augustinergymnasium in Friedberg,
  • Studium der Theologie in Marburg, Mainz und Basel/Schweiz.
  • Ab 1953 Vikariatszeiten in Niederflorstadt/Wetterau und an der Lutherkirche in Frankfurt am Main,
  • 1955 Ordination in der Stadtkirche in Rüsselsheim,
  • 1956 Pfarrdienst in Obersaulheim und Udenheim,
  • 1957-1972 in Wörrstadt und Rommersheim/Rheinhessen,
  • im Nebenamt stellvertretender Dekan, zeitweilig: Propsteibeauftragter für Männerarbeit in Rheinhessen,
  • Öffentlichkeitspfarrer und Dekanatsjugendpfarrer, Mitwirkung an kirchlichen Sendungen im Südwestfunk.
  • 1972-1992 Pfarrer an der St. Katharinenkirche Frankfurt am Main, Initiator der Stadtkirchenarbeit.
  • Lebte seit seiner Pensionierung 1992 in Dietzenbach.
  • Seit 1991 als Senioratsmitglied des Ev.-luth. Predigerministeriums Vorträge zur Frankfurter Kirchengeschichte
  • und Leitung von Studienreisen im In- und Ausland.

Veröffentlichungen:

  • Menschen – Skulpturen von Franziska Lenz-Gerharz, Frankfurt am Main o. D.;
  • St. Katharinen zu Frankfurt am Main, herausgegeben: Frankfurt am Main 1981, ²1993;
  • St. Katharinen zu Frankfurt am Main, Kunstführer, München 1982;
  • Dein Himmel ist wie ein Teppich – Glasmalereien von Charles Crodel in Frankfurt am Main, Frankfurt am Main 1988;
  • Evangelischer Kirchenkalender für Frankfurt am Main – Daten zur Frankfurter Kirchengeschichte, Schriftenreihe des Ev. Regionalverbandes 21, Frankfurt am Main 1996;
  • Der Staat ist das Volk – Evangelische Pfarrer und Theologen in der Frankfurter Nationalversammlung, in: Martin Zentgraf (Hg.), Frankfurter Paulskirche 1848 – 1998 – Zur Geschichte des Paulskirchen-Parlaments, Schriftenreihe des Ev.-luth. Predigerministeriums 4, Frankfurt am Main 1997;
  • Was sie dachten, was sie glaubten – Theologien und Frankfurter Theologen im 20. Jahrhundert, in: Jürgen Telschow (Hg.), Alles hat seine Zeit, 100 Jahre evangelische Kirchengemeinden im alten Frankfurter Stadtgebiet, 100 Jahre evangelischer Gemeindeverband, Frankfurt am Main 1999;
  • Frankfurter Juden – Von der Ausgrenzung bis zur Emanzipation. Vom Antisemitismus zur Shoah, in: Joachim Proescholdt (Hg.), Minderheiten in Frankfurt am Main – Vom Umgang mit Andersdenkenden – Andersglaubenden – Anderslebenden, Schriftenreihe des Ev.-luth. Predigerministeriums 5, Frankfurt am Main 2000.
  • Emporenmalerei aus St. Katharinen – Ein Frankfurter Kleinod, Studienband zur Frankfurter Geschichte 56, Frankfurt am Main 2007.
  • zusammen mit Jürgen Telschow, Frankfurts evangelische Kirchen im Wandel der Zeit, Frankfurt am Main 2011.

Tatligün, Ümmühan

Ümmühan Tatligün ist 1933 in Maras in der Ortschaft Düzbag in der Türkei zur Welt gekommen. Sie hat noch eine Schwester, die auch in Deutschland lebt. 1986 kam sie nach Deutschland, ihr Mann und die Kinder waren schon da.

Frau Tatligün, sind Sie zur Schule gegangen?
Nein, mein Vater hat es nicht erlaubt. Er war der Meinung, dass Mädchen sich nicht bilden müssen.

Wie haben Sie Ihren Mann kennen gelernt?
Wir haben uns mit 14 Jahren verlobt und mit 18 geheiratet.

Ist eine zeitliche Spanne von vier Jahren bis zur Hochzeit für dörfliche Verhältnisse nicht ungewöhnlich?
Wir waren doch noch Kinder, er war Hirte, so hat man uns warten lassen.

Wann sind Sie nach Deutschland gekommen?
Diesen Monat sind es genau 24 Jahre, also seit 1986.

Warum kamen Sie später als Ihr Mann?
Ich habe meine Schwiegermutter betreut und die Kindergroß gezogen. Sie gingen dann nach und nach zu ihrem Vater nach Deutschland und anschließend bin ich gekommen.

Haben Sie je in Deutschland gearbeitet?
Nein, ich war immer Hausfrau.

Hätten Sie damals gedacht, dass Sie so lange in Deutschland bleiben werden?
Nein, habe ich nicht.

Was war damals Ihr erster Gedanke über Deutschland?
Anfangs hab ich geweint, aber meine Kinder und mein Mann waren letztendlich hier, im Laufe der Zeit habe ich mich dran gewöhnt. Jetzt will ich nicht mehr zurück.

Haben Sie die deutsche Sprache erlernt?
Nein, kein einziges Wort.

Hat Ihnen denn diese Unkenntnis keine Schwierigkeiten bereitet?
Ich war stets zu Hause mit den Kindern beschäftigt, habe nie gearbeitet. Bei meinen Arztbesuchen begleitete mich meine Tochter, so hatte ich nie Schwierigkeiten.

Sind Sie mit der Altenpflege in Deutschland zufrieden?
Ja wir sind zufrieden, wir bekommen zu essen und man zahlt unsere Miete.

Haben Sie Erwartungen vom deutschen Staat für die älteren Menschen?
Nein, ich habe keine Erwartung mehr, was soll man noch mehr tun! Uns wird ja geholfen. Uns geht es gut.

Haben Sie ein gutes Verhältnis zu Ihren Kindern?
Meine Kinder sind sehr gut. Wären alle Kinder wie unsere!

Haben Sie ein Erlebnis in Deutschland, welches Sie mit uns teilen wollen?
Nein, ich habe ein solches Erlebnis nicht gehabt.

Haben Sie sich mit Ihrem Mann gestritten?
Natürlich, manchmal.

Hat er Ihnen jemals gesagt, “Wenn Du mich ärgerst, schicke ich Dich in die Türkei”?
Nein, das hat er nicht gesagt.

Ich danke Ihnen Frau Tatligün für dieses Gespräch.
Ich danke Ihnen auch.

Yildiz, Hanim und Hasan

Hanim Yildiz ist in Antakya, nahe der syrischen Grenze, in der Türkei geboren und aufgewachsen. Sie lebt seit 1972 in Deutschland.

Hasan Yildiz ist 1946 in der Osttürkei geboren und in der Westtürkei aufgewachsen. Er kam 1970 nach Deutschland.

Herr Yildiz, haben Sie einen Beruf gelernt?
Hasan Yildiz: Ja, ich habe das Gymnasium absolviert und dann war ich auf einer Architektenschule. Die hat zugemacht, dann war ich Schulhelfer und danach bin ich dann nach Deutschland gegangen.

Haben Sie Kinder?
Hasan Yildiz: Ja vier, drei Töchter und einen Sohn.

Arbeiten Sie jetzt immer noch?
Hasan Yildiz: Nein, ich bin in Rente.

Und Sie?
Hanim Yildiz: Ich bin auch Rentnerin.

Wann und warum sind Sie nach Deutschland gekommen?
Hasan Yildiz:1970 bin ich nach Deutschland gekommen. Weil, viele Leute sind von Deutschland in die Türkei in Urlaub gekommen und alle hatten Rekorder auf der Schulter und Sonnenbrillen an. Ich habe gesagt, ich will auch da rüber gehen, ich will auch reich sein. Niemand bei uns hatte damals so was, aber in Deutschland schon jeder.

Wurden Ihre Erwartungen erfüllt?
Hasan Yildiz: Ja, wir wollten Geld verdienen.

Wie war das damals?
Hasan Yildiz: Wir haben uns damals sehr verausgabt. Wir haben in den schlechtesten Arbeitsbereichen gearbeitet. Sie haben uns samstags und sonntags Arbeit gegeben, wir haben gearbeitet, dann haben sie uns an Feiertagen Arbeit aufgetragen, wir haben immer gearbeitet. Wir haben uns gesagt, wir verdienen ein wenig Geld und kehren wieder zurück. Wir sind hierhergekommen und haben uns verhalten als wären wir auf der Alm, wir haben uns immer hier so verhalten, als ob wir zurückkehren werden in unsere Heimat. Drei, vier Jahre arbeiten, Geldverdienen, ein gutes Haus und ein gutes Leben sichern und dann zurückkehren, das haben wir uns so vorgestellt. Aber wie man sieht, ist das nicht dazu gekommen. Später haben wir bemerkt, wir werden nicht zurückkehren, so haben wir unsere Ehepartner und unsere Kinder hergeholt. Unser Leben haben wir hier fortgeführt. Damals gab es ein gutes Arbeitsleben. Bei welcher Firma du dich auch vorgestellt hast, du hast die Frage gestellt bekommen, „Können Sie gleich anfangen zu arbeiten?“. Jetzt gibt es diese Möglichkeiten nicht mehr. Die jungen Leute sollten daraus lernen.

Warum sind Sie nicht zurück in die Türkei?
Hasan Yildiz: Ja warum, ich habe meine Kinder hier zur Schule gehen lassen und habe ein Haus gekauft. Ich habe die deutsche und türkische Staatsangehörigkeit, warum sollte ich Deutschland verlassen?

Haben Sie noch Kontakte zur Heimat?
Hasan Yildiz: Ja, jedes Jahr.

Wie erlebten Sie Deutschland am Anfang als Sie noch neu waren?
Hasan Yildiz: Ich konnte französisch. Niemand von uns sprach deutsch, es hat 3 Monate gedauert, bis wir einen Arbeitsplatz gefunden haben. Wir haben Bücher gekauft und uns so die Sprache selbst beigebracht.

Welche Erwartungen hatten Sie in der Entwicklung Ihrer Kinder?
Hasan Yildiz: Wir waren zufrieden. Die Kinder sollten studieren, eine gute Schule besuchen und ein gutes Zeugnis haben. Alle sind verheiratet, haben Kinder und eine Wohnung.

Welche Erwartungen haben Ihre Kinder für die Zukunft?
Hasan Yildiz: Dass jeder Arbeit hat, jedoch kann eine Tochter wegen Krankheit nicht arbeiten und ist in Frührente.

Und für Ihre eigene Zukunft?
Hasan Yildiz: Ich bin als Rentner zuhause und arbeite ein bisschen zuhause, repariere. Ich habe alles gelernt: Elektriker, Maurer, Tischler und so was alles.

Wollen Sie in Ihrer Zukunft hier bleiben?
Hasan Yildiz: Ja ja, sicher will ich hier bleiben. Jedes Jahrfahre ich in Urlaub, ich habe in der Türkei eine Ferienwohnung und fahre mit dem Auto hin.

Und wie fühlen Sie sich, wenn Sie in die Türkei gehen, ist das Ihre Heimat?
Hasan Yildiz: Ja, das ist schön, es ist warm, schönes Wetter. Aber wenn wir 2 Monate in der Türkei sind, dann denken wir, ach wir wollen wieder zurück nach Deutschland. Das ist unsere richtige Heimat.

Haben Sie in der Türkei Freunde?
Hasan Yildiz: Ja, Verwandte, Eltern, Brüder.

Welche Vorschläge hätten Sie für eine bessere Zukunft?
Hasan Yildiz :Ich sage, viele Jugendliche brauchen gute Schulen. Und in Dietzenbach ein Krankenhaus, hier fehlt ein Krankenhaus. Und für ältere Leute Parks anlegen, hierfehlt ein schöner Platz. Die Industrie muss besser werden. Mehr Firmen herholen. Und Leerstehendes vermieten. Das macht Deutschland kaputt, wenn die Firmen alle ins Ausland gehen. In der Willy Brandt Zeit war es eine gute Lebenszeit. Das war eine Spitzenzeit, auch Helmut Kohl war gut. Der Euro hat Deutschland kaputt gemacht. Euro ist Teuro. Früher ist man zur Firma hin, hat geklingelt und nach Arbeit gefragt und man konnte direkt anfangen. Heute finden die Leute keine Arbeit. Und Hartz IV macht Deutschland kaputt. Ich habe 35 Jahre voll gearbeitet.

Wie sollte Dietzenbach in 10 Jahren aussehen?
Hasan Yildiz: Ja, bestimmt nicht schlechter, aber die Industrie muss besser werden, mehr Arbeitsplätze, ein Krankenhaus bauen.

Was kann man machen, damit Ausländer und Deutsche mehr zusammen leben?
Hasan Yildiz: Ich habe hier ein Haus und mit meinem deutschen Nachbarn eine gute Freundschaft. Ich habe in der Türkei auch einen deutschen Nachbarn, der dort wohnt, mit dem ich einen guten Kontakt habe. Er sagt, da ist alles billig, das Leben ist gut, gutes Essen und alles frisch. Man kann im Winter auch dort bleiben.

Sie haben jetzt aufgrund Ihres Alters sehr viel Lebenserfahrung sammeln können. Was empfehlen Sie den jungen Menschen von heute?
Den jungen Leuten empfehle ich, ihren Eltern und älteren Menschen gegenüber Respekt zu zeigen. Dann sollen sie sich bilden oder sollen eine Ausbildung machen. Wenn sie keine höheren Schulabschlüsse beabsichtigen, sollen sie einen Beruf erlernen. Im Arbeitsleben sollen sie immer mehr Erfolge erzielen. Die wirtschaftliche Situation wird immer schlechter, nicht nur in Deutschland, sondern in ganz Europa.

Was beobachten Sie bei jungen Leuten?
Hasan Yildiz: Bei den jetzigen jungen Leuten dauert die Ehe nicht einmal sechs Monate. So eine Ehe von zwanzig,dreißig oder gar vierzig Jahren ist mittlerweile unmöglich bei den jungen Leuten. Ich führe eine 45-jährige Ehe und bin mit meiner Frau sehr glücklich. Wir sind mit dem Leben sehr zufrieden.

Was ist Glück für Sie?
Hasan Yildiz: Was ist Glück? Glück ist Schicksal.
Hanim Yildiz: Wenn es mir gesundheitlich heute gutgeht, dann ist das Glück für mich. Aber wenn ich mich krank fühle, dann ernenne ich den Tag zu meinem Unglückstag.

Ich bedanke mich für das Gespräch. Wir danken auch.

Tatligün, Ahmet

Ahmet Tatligün ist 1933 in Kahramanmaras in der Ortschaft Düzbag in der Türkei als ältester von vier Kindern geboren. Er selbst hat sieben Kinder und kam 1970 nach Deutschland.

Herr Tatligün, haben Sie selbst Kinder?
Ja.

Wieviele?
Sieben.

Leben alle in Deutschland?
Fünf von ihnen leben in Deutschland und die anderen zwei in der Türkei.

Sind Sie zur Schule gegangen Herr Tatligün?
Nein, ich konnte leider nicht.

Und wie war Ihre Kindheit?
Wir waren Bauern, beschäftigten uns mit dem Ackerbau und lebten in Armut.

Waren Sie Hirte?
Ja.

Wie haben Sie Ihre Jugend erlebt?
Ganz normal, mit Arbeiten halt.

Wann haben Sie geheiratet?
Ich habe im Jahre 1952 mit 19 Jahren geheiratet.

Kommt Ihre Frau auch aus Düzbagi?
Ja, Sie ist gleichzeitig auch meine Cousine.

Mit welchen Erwartungen kamen Sie nach Deutschand?
Uns ging es natürlich darum, Geld zu verdienen, da wir in der Türkei unter schlechten Bedingungen und in Armut lebten. Wir wollten ursprünglich ein paar Jahre arbeiten und dann wieder zurück in unsere Heimat. Nun sind es mittlerweile 40 Jahre und wir konnten immer noch nicht zurückkehren. Ich bin Rentner. Ich fuhr für 6 Monate in die Türkei, es ging mir nicht gut, deshalb konnte ich nicht so lange in der Türkei bleiben. Nun fahre ich nur für einen Monat.

Haben Sie Bekannte oder Verwandte in der Türkei?
Ja, mein Sohn, meine Tochter und noch Verwandte.

Haben Sie also Ihre Bindung zur Türkei nicht abgebrochen? Wie ist Ihr Verhältnis mit der dortigen Verwandtschaft?
Sehr gut.

Haben die irgendwelche Erwartungen an Sie?
Nein, haben sie nicht. Ihnen geht es finanziell genau so gut wie mir auch.

Ihre Verwandten haben also keine finanziellen Sorgen?
Nein, das haben sie nicht.

Wie lange wollten Sie ursprünglich in Deutschland bleiben?
Ein bis zwei Jahre. Bis ich das Geld für ein Haus oder für einen Ochsen verdient habe.

Was hat Sie an der Rückkehr in die Türkei gehindert?
Wir hatten Arbeit und uns ging es gut. Da die Kinder auch hier zur Schule gingen, sind wir hier geblieben.

Sie fanden die hiesigen Lebensbedingungen also besser?
Ja, besser als die der Türkei

Fühlen Sie sich während Ihres Urlaubsaufenthaltes in der Türkei als ein Fremder?
Ja, das tun wir. Dort sind wir die Deutschtürken, hier die Ausländer.

Sind Sie mit der Umgebung, in der Sie wohnen, zufrieden?
Ja, das bin ich.

Wie sind Sie zu der Entscheidung gekommen, in einem Seniorenheim leben zu wollen?
Ich habe ungefähr 20 Jahre auf meine Wohnungsnachfrage kein passendes Angebot seitens der Stadtverwaltung erhalten, bis ich eines Tages einen Anruf erhalten habe, indem mir betreutes Wohnen vorgeschlagen wurde und ich dieses Angebot annahm.

Reicht denn Ihr Einkommen aus, um Ihre Miete zu bezahlen und Ihren Lebensunterhalt zu sichern?
Nein, mein Einkommen allein reicht nicht aus, ich erhalte noch staatlichen Zuschuss.

Ich bedanke mich für dieses Interview und hoffe, dass es auch Ihnen gefallen hat.
Ich bedanke mich auch.

Demir, Hacer

Hacer Demir ist 1937 in Hatay in der Türkei geboren und aufgewachsen. Sie ist eine der ältesten von 7 Geschwistern. 1968 kam sie ,zusammen mit ihrem Mann, nach Deutschland und lebt seit 41 Jahren hier.

Frau Demir, haben Sie die Schule besucht damals in der Türkei?
Natürlich, in der Türkei in Antakya, die erste bis fünfte Klasse und dann bis zur achten Klasse eine Berufsschule.

Und haben Sie auch so etwas wie eine Ausbildung oder Fortbildung gemacht?
Ja, ich habe Näherei, also Schneiderin gelernt und Muster oder Stiche gemacht.

Ah, also Stickerei?
Ja, genau.

Und wann sind Sie nach Deutschland gekommen?
1968 bin ich in Deutschland gewesen.

Sie sind dann ohne Ihren Mann nach Deutschland gekommen?
An einem Montag habe ich den Antrag gestellt und am Freitag hatte ich meinen Pass und mein Reiseticket in der Hand, mit der Bitte, am Montag an dem Ort um die Zeit zu erscheinen. Morgens um neun bin ich losgefahren und war allein. Meine Kinder und meinen Mann habe ich in Istanbul zurückgelassen. Ich bin nach München gefahren, dort hat uns der AEG Chef empfangen und uns nach Frankfurt gebracht. In Frankfurt angekommen, haben wir uns in einem Heim eingerichtet und sie haben uns gezeigt, wo wir arbeiten werden. Zum Arbeiten brachte der Bus uns jeden Tag nach Langen. Später wurde für uns in Langen ein Heim gebaut. Dann sind wir in Langen geblieben. Später habe ich beantragt, meinen Mann herzuholen.

Und geheiratet haben Sie hier oder in der Türkei?
Nein, geheiratet habe ich in der Türkei. Habe zwei Kinder, einen Sohn und eine Tochter, beide habe ich dort zur Weltgebracht und dann bin ich nach Deutschland gekommen.

Warum sind Sie nach Deutschland gekommen?
Also wir dachten, hier ist Europa, hier wollten wir ein besseres Leben für unsere Kinder. Wir wollten, dass unsere Kinder auf eine bessere Schule gehen.

Und Sie hatten die Erwartung, dass in Deutschland ein schöneres Leben wartet?
Ja.

Und wurde Ihre Erwartung auch erfüllt?
Ja natürlich, wenn unsere Kinder zufrieden sind, sind wir es auch.

Warum sind Sie noch hier in Deutschland und nicht in der Türkei?
Ich bin schon 41 Jahre hier, wir fühlen uns zwar nicht fremd in der Türkei, aber irgendwie sind wir doch fremd, die Leute dort sind anders.

Das heißt, Sie leben lieber in Deutschland?
Ja

.Aber gehen Sie noch in die Türkei ab und zu?
Natürlich, natürlich.

Also Sie haben noch Kontakt zur alten Heimat?
Natürlich ja, Schwester und Bruder, alle leben noch in der Türkei.

Als Sie am Anfang nach Deutschland gekommen sind, was haben Sie von den Menschen hier gehalten?
Ich kam in eine Firma, es gab keine türkischen Mitarbeiter. Beim Einkaufen gaben wir unser Geld, egal was, dann lernten wir bis 20 und dann bis 100 zählen.

Das heißt, am Anfang waren Sie darauf angewiesen, den anderen Menschen zu vertrauen, weil Sie kaum deutsch konnten.
Ja, aber es gab gute Kontakte zu deutschen Leuten, sie haben uns einige Wörter beigebracht, z.B. wie Glas, das weiß man dann heute noch.

Das heißt, so haben Sie dann deutsch gelernt?
Ja genau.

Und Sie hatten das Gefühl, dass die Deutschen geholfen haben?
Ja natürlich.

Ja, und wie ist das jetzt?
Jetzt kommen keine Grüße, wenn sie Ausländer sehen, keine Grüße.

Also haben Sie das Gefühl, dass es heute anders ist.
Ja, aber wenn wir wieder sprechen würden, dann ginge es wieder gut.

Also glauben Sie, der Kontakt ist zu wenig?
Ja, der ist zu wenig.

Was machen Sie so in Ihrer Freizeit? Sind Sie in irgendeinem Verein?
Ich bin Rentnerin, ich gehe mit meinen Freundinnen zusammen laufen und einkaufen oder einen Kaffee trinken und sonst bin ich zuhause.

Ihre Kinder sind in der Türkei geboren?
Ja genau. Mein Sohn hat in der siebten Klasse in der Türkei ein bisschen Englisch gelernt und hatte hier keine Probleme. Er hat hier schnell Englisch und Deutsch gelernt. Meine Tochter ist mit 10 Jahren gekommen. Sie ging hier zur Schule. Und dann hat sie eine kaufmännische Schule besucht. Und sie ist jetzt wieder in der Türkei.

Okay und Ihr Sohn ist hier?
Ja, meine Tochter lebt in der Türkei und er hier.

Das heißt Ihre Kinder konnten eine schulische Ausbildung hier machen?
Ja, das konnten sie. Alle beide.

Waren Sie mit der Entwicklung Ihrer Kinder hier zufrieden?
Natürlich, und sie hatten auch mit vielen Leuten Kontakt.

Das heißt, Ihre Tochter ist dann wieder in die Türkei gegangen, weil sie dort leben wollte?
Ja, ihr Mann war Türke, er hat auch in Deutschland gelebt, aber dann wollten sie zurück in die Türkei.

Welche Erwartungen haben Sie an Ihre Zukunft hier in Deutschland?
Glauben Sie, Sie bleiben hier in Deutschland oder gehen wieder zurück?
Persönlich wollte ich ein halbes Jahr hier leben und einhalbes Jahr in der Türkei. Jetzt aber bin ich mehr in Deutschland und weniger inder Türkei.

Welche Vorschläge haben Sie für eine bessere Zukunft hier, zwischen Ausländern und Deutschen zum Beispiel?
Also Zukunft, wir wollen was erleben, aber leider mit einer kleinen Rente, da haben die Leute keine Chance für eine Zukunft.

Aber glauben Sie, dass sich das Zusammenleben zwischen Deutschen und Ausländern noch bessern könnte?Natürlich.

Okay, also einfach nur eine bessere Kommunikation?
Ja, genau.

Was meinen Sie, wie sollte Dietzenbach in 10 Jahren aussehen?
Ich komme aus Langen, ich lebe seit 7 Jahren hier, ich war 30 Jahre vorher in Langen. Da hatten wir viele deutsche Bekannte, spanische Bekannte. Die kamen zu uns zum Kaffee trinken.

Und hier in Dietzenbach ist das nicht so?
Nein, durch die Rente.

Als Sie noch gearbeitet haben, da war das besser?
Ja.

Frau Demir, was ist für Sie Glück?
Glück ist für mich Leben. Alles, was du erlebst und siehst im Leben, ist Glück. Mein Mann und ich, wir haben im Jahr 1955 geheiratet und waren bis 2003 zusammen. Gott sei Dank gab es keine Probleme. In jeder Familie gibt es natürlich kleine Probleme, aber wir waren ehrlich zueinander. Weil wir ehrlich zueinander waren, ist die Ehe auch gelaufen. Den jungen Leuten schlage ich daher folgendes vor: wenn sie sich entschließen, eine Person zu heiraten, dann am besten nur, wenn sie ihr auch tatsächlich vertrauen können.

Was müssen Ihrer Meinung nach die jungen Menschen tun, damit sich die Älteren wohl fühlen?
Sie müssen ihnen Respekt und Liebe zeigen. Ihnen helfen. Jetzt zum Beispiel sieht man kaum noch bei den Jugendlichen Respekt und Liebe. Das was wir unter Respekt und Liebe verstehen, ist das, was wir von unseren Eltern kennengelernt haben. Z.B. wenn eine ältere Person den Raum betritt, sitzen die jungen Leute nicht bein überschlagen vor ihnen, das ist nach unserer Tradition respektlos. Wenn der Ältere etwas Schweres trägt, sollte er von Jüngeren Hilfe beim Tragen bekommen, oder sie lassen ihn nicht in einem Bus stehen, sondern bieten ihren Sitzplatz an. Ich wünsche mir, dass die jungen Menschen einfach gutmütig sind.

Vielen Dank für das Interview. Ich bedanke mich auch.

Klein, Manfred

  • Ehemaliger Schuldirektor der Ernst-Reuter-Schule
  • Mitglied im Seniorenbeirat
  • Er hat das Schulschiff durch die skandalträchtigen Jahre 1972 bis 1974 manövriert, die von Bildungsreform, Radikalen- und „Friedeburgerlass“ geprägt waren
  • Er hat sich mit Eltern, dem Kollegium und den Schülern um die Umwandlung in eine Gesamtschule eingesetzt, die 1991 schließlich auch erfolgte