Sieber, Georg (Joe)

Früher gab es in Dietzenbach einen Toom-Markt (jetzt wo das Rathaus Center steht). Dort hat Joe gearbeitet und die Einkaufswagen zurückgeschoben. Sein Markenzeichen waren seine aufgesetzten Perücken und sein Stirnband.

Es mag sein, dass er auf den ersten Blick befremdlich gewirkt hat. Wer ihn kannte, wusste dass er ein feiner Kerl war. Er mochte Musik und war oft bei Konzerten in der Region anwesend.


Aus der Offenbach Post vom 26.05.2021:
Rödermark: Ein Original bleibt im Theater lebendig

Knapp drei Jahre nach dem Tod von Joe würdigen zwei Kulturinitiativen aus Rödermark das Ober-Röder Original, vom dem kaum jemand weiß, dass er Georg Sieber hieß. Das Alternative Zentrum (AZ) und Theatermacher Oliver Nedelmann widmen ihn ein Stück und eine Fotoausstellung.

Rödermark – Der im September 2018 im Alter von 70 Jahren gestorbene Joe war das, was wir etwas verschämt ein „Original“ nennen. Joe schob lange beim Toom-Markt in Dietzenbach die Einkaufswagen zusammen, Joe stand bei fast jedem Konzert in der Gegend neben der Bühne und spielte Luftgitarre, Joe liebte es, auf Baustellen mitzuarbeiten, und Joe trug immer Perücken. „Der Typ mit den komischen Haaren“ nannten ihn die Rodgau Monotones. Er sei ein ganz besonderer Popstar, heißt es in ihrem Lied, das den Zuhörern nach Joes Tod einen dicken Kloß in den Hals gedrückt hat. Denn wenn die Monotones singen „Hundertmal ham sie hinter deinem Rücken gelacht und dir dann gönnerhaft ein Bier ausgegeben“, fühlte sich mancher Festzeltbesucher ertappt.

Das AZ hatte Oliver Nedelmann Ende vorigen Jahres angestoßen, ein Theaterstück über ihn zu schreiben und zu spielen. Mit gehöriger Corona-Verspätung ist es jetzt soweit. Am Freitag, 18. Juni, soll „Joe“ Premiere feiern.

Doch schon vorher gibt”s im Hof des Nedelmann-Theaters in Urberach (und später auch in Ober-Roden) eine Open-Air-Ausstellung, die an den stadtbekannten Mann mit der schwarzen Perücke erinnert. Der Klingenberger Fotograf Thomas Klewar war während seiner Studentenzeit zwei Jahre lang Joes Betreuer und tauchte so in die Erlebniswelt seines Schützlings ein. Klewars Bilder strahlen Nähe und Authentizität aus und führen uns den Alltag mit Joe vor Augen.

Die Bilder müssen gedruckt werden, der Foto-Künstler möchte ein kleines Honorar, und das Alternative Zentrum sammelt Spenden dafür. Die Kontoverbindung lautet: IBAN: DE25 5019 0000 0001 9242 57 BIC: FFVBDEFF bei der Vereinigten Volksbank Maingau. Auf Wunsch bekommt man eine Spendenquittung.  (Michael Löw)

Termine

Nach der „Joe“-Premiere am 18. Juni sind weitere Vorstellungen geplant; 25. Juni; 26. Juni, 3. Juli, 4. Juli, 10. Juli, 11. Juli, 26. Juli, 6. August, 14. August, 15. August, 28. August (alle im Hof des Theaters) sowie am 16. Juli im „Dinjerhof“, Pfarrgasse 7-9. Karten müssen reserviert werden.

Hier geht es zum vollständigen Artikel:
https://www.op-online.de/region/roedermark/joe-bleibt-im-theater-lebendig-90659819.html


Aus der Offenbach Post vom 7.11.2018:

Georg Sieber tot

Rödermark verliert ein Original

Ober-Roden – Rödermark und seine Nachbarstädte sind um ein Original ärmer. Joe – unter seinem bürgerlichen Namen Georg Sieber kannten ihn nur die engsten Angehörigen – ist tot.

Der Mann mit der Jogi-Löw-Frisur starb am Sonntag im Alter von 70 Jahren. Er wird am Montag, 10. September, um 13.30 Uhr auf dem Ober-Röder Friedhof beigesetzt.

Es gibt kaum ein Konzert in Ober-Roden und Urberach, bei dem Joe nicht vor oder auf der Bühne stand und seine Spielzeuggitarre zupfte oder Luftgitarre spielte. Die “Rodgau Monotones” haben ihm das Lied “Joe, ey Joe” gewidmet. Er sei ein ganz besonderer Popstar, heißt es im Text, der den Zuhörern nach Joes Tod einen dicken Kloß in den Hals drücken dürfte. Denn wenn die “Monotones” singen “Hundertmal ham sie hinter deinem Rücken gelacht und dir dann gönnerhaft ein Bier ausgegeben”, fühlt sich mancher Festzeltbesucher ertappt.

Joe’s Anderssein wurde von vielen belächelt. Bei anderen kam ein mulmiges Gefühl auf, wenn er sie ansprach und zutextete, wie eine Leserin gestern uns gegenüber zugab.

In Dietzenbach hieß Georg Sieber nur der “Toommarkt-Joe”, weil er auf dem Parkplatz die Einkaufswagen zusammenschob. Joe lebte Anfang der 2000er Jahre einige Zeit in der Nachbarstadt, nachdem das Haus in der Glockengasse, in dem er wohnte, während einer Silvesternacht völlig ausbrannte. Eine Rakete hatte den Großbrand ausgelöst. Der Verlust war eine von vielen Prüfungen, die Joe während seines Lebens bestehen musste. (lö)

Quelle:
https://offenbachrockt.jimdo.com/bandlexikon/s/sieber-georg/


Vom Kultursommer Rödermark:

Joe

Ein Stück aus dem Himmel
von Oliver Nedelmann

Joe war das, was wir etwas verschämt „Original“ nennen. Joe schob lange beim Toom-Markt in Dietzenbach die Einkaufswagen zusammen, Joe stand bei fast jedem Konzert in der Gegend neben der Bühne und spielte Luftgitarre, Joe liebte es, auf Baustellen mitzuarbeiten, und Joe trug immer Perücken. „Der Typ mit den komischen Haaren“ nannten ihn die Rodgau Monotones.
Vielleicht lächelte man über ihn, man war auch mal genervt, wenn er einen zutextete, aber er war trotzdem überall gerne gesehen, bekam sein Bier oder Kaffee, und man ließ ihn sein. Joe starb 2018, er wurde 70 Jahre alt.
Das Alternative Zentrum Rödermark hat Oliver Nedelmann angestoßen, ein Theaterstück über ihn zu schreiben – und zu spielen. Mit gehöriger Corona-Verspätung ist es jetzt soweit: im Juni wird es –hoffentlich- Premiere feiern.
Das Theaterstück „Joe“ wird ein Volksstück sein. Ein Volkstück, weil es vom Volk erzählt, von den kleinen Leuten, von denen, die sonst in offiziellen Reden und Gedenkschriften außen vor bleiben. Und es wird ein Volkstück sein, weil einer aus dem Volk erzählt, einer der Antworten gibt auf Fragen, die niemand gestellt hat, und Dinge fragt, auf die es keine Antworten gibt.

Preis: 18€ / 12€ ermäßigt (Schüler, Studenten, Arbeitslose)

weitere Informationen unter www.theater-und-nedelmann.de
Kartenkauf: hier oder telefonisch unter 06074 4827616

Quelle:
https://xn--kultursommer-rdermark-uec.de/events/joe-ein-stueck-aus-dem-himmel-734-999-710-865/

Niemann, Lothar

  • Lothar Niemann war Gründungsmitglied der Dietzenbacher Grünen im Jahr 1980
  • Sechs Jahre lang Erster Stadtrat (von 1989 bis 1995)
  • Fraktionsvorsitzender der Grünen
  • unabhängiger Bürgermeisterkandidat

Aus der Offenbach Post vom 27.04.2010:

Niemann ruft Wählerinitiative ins Leben

Dietzenbach (cz) ‐ Grünen-Chef Lothar Niemann will zur Kommunalwahl 2011 eine neue Wählerinitiative ins Leben rufen.

Eine Gruppe engagierter Bürger und die Grünen laden deshalb für Dienstag, 4. Mai, 20 Uhr, zu einer Informationsveranstaltung ins Bürgerhaus (Offenbacher Straße 11) ein. Etwa 300 persönlich adressierte Einladungsschreiben werden zusätzlich in den nächsten Tagen in der Kreisstadt verteilt.

„Wir wollen, dass sich viele Dietzenbacher engagieren, denen unsere Stadt am Herzen liegt. Deshalb laden wir zu einem ersten Treffen ein, um die Themen zu sammeln, die auf den Nägeln brennen“, so Gisela Kieß aus der Gruppe engagierter Bürger.

„Der Ortsverband der Grünen geht damit ein Experiment ein, das in Kontrast zu den Zellteilungen anderer Parteien steht“, meint Niemann, der bei der Bürgermeisterwahl im September 23,1 Prozent der Stimmen erreicht und damit die Stichwahl verfehlt hatte.

„Wir wollen Menschen zusammenführen und gemeinsam für unsere Stadt arbeiten.“ Bei den kommenden Treffen soll ein Wahlprogramm erarbeitet werden. Ein ausführlicher Bericht ist in der Printausgabe der Offenbach-Post am Mittwoch zu lesen.

Hier geht es zum original Artikel:
https://www.op-online.de/region/dietzenbach/niemann-ruft-waehlerinitiative-leben-735288.html


Aus der Frankfurter Rundschau vom 23.04.2009:

BÜRGERMEISTERWAHL DIETZENBACH

Grüner tritt als Unabhängiger an

Der Dietzenbacher Grünen-Chef Lothar Niemann verzichtet im Bürgermeisterwahlkampf aufs Parteilogo. Als Unabhängiger hofft er auf parteiübergreifende Unterstützung. Von Maurice Farrouh

Lothar Niemann, Fraktionsvorsitzender der Grünen, will bei der Bürgermeisterwahl nicht für seine Partei, sondern als unabhängiger Kandidat antreten. Das teilt der kürzlich gegründete Unterstützerkreis Niemanns mit.

Niemann erfahre über alle Parteigrenzen hinaus große Unterstützung in Dietzenbach und werde deshalb als unabhängiger Kandidat ins Rennen gehen, sagte Sprecher Jens Hinrichsen der Frankfurter Rundschau. Niemann (61) war von 1989 bis 1995 bereits Erster Stadtrat und Kämmerer gewesen.

Er hatte im März erklärt, bei der Bürgermeisterwahl antreten zu wollen und angekündigt, er werde sich auch bei anderen Parteien um Unterstützung bemühen. Neben Niemann treten Rainer Engelhardt (SPD) und Kornelia Butterweck (CDU) an. Amtsinhaber Stephan Gieseler (CDU) hört auf und wechselt zum Hessischen Städtetag.

90 Unterschriften nötig

Der Unterstützerkreis aus “parteipolitisch ungebundenen Bürgern” will sich am Wahlkampf beteiligen und die nötigen Unterschriften sammeln, um Niemann als unabhängigen Kandidaten aufstellen zu können. Dazu ist die doppelte Menge der Sitze im Stadtparlament nötig, das sind 90 Unterschriften.

Hinrichsen ist sicher, dass es kein Problem ist, diese zusammenzutragen. “Die Gruppe der Unterstützer hinter Lothar Niemann ist weit größer als das Dutzend, dass bei der ersten Sitzung dabei war.”

Niemanns grüne Fraktionskollegen haben indes kein Problem damit, wenn ihr Vorsitzender im Wahlkampf auf das Parteilogo verzichtet. “Das könnte helfen, um parteiübergreifende Unterstützung zu mobilisieren”, so der Grünen-Abgeordnete Günter Steinheimer.

Hier geht es zum ursprünglichen Artikel:
https://www.fr.de/rhein-main/kreis-offenbach/gruener-tritt-unabhaengiger-11510218.html


Aus der Offenbach Post vom 06.05.2010:

„Bester Dienst, den ich erweisen kann“

Dietzenbach ‐ Er gehört zu den Gründungsmitgliedern der Dietzenbacher Grünen im Jahr 1980, war sechs Jahre lang Erster Stadtrat (von 1989 bis 1995), und zuletzt trat er als unabhängiger Kandidat zur Bürgermeisterwahl an, wo er – für einige sicher überraschend – mit 23,1 Prozent der Wählerstimmen nur auf Platz drei landete. Von Barbara Scholze und Nina Beck

Jetzt ist Lothar Niemann von allen seinen Ämtern zurückgetreten. Den langjährigen Parteikollegen – Stadtverordneter Günter Steinheimer etwa gehört wie er zum Team der ersten Stunde – hat Niemann bereits zum 1. Mai mitgeteilt, dass er sein Stadtverordnetenmandat sowie den Vorsitz von Fraktion und Ortsverband der Grünen mit sofortiger Wirkung niederlegt.

Damit zieht er unter anderem die Konsequenzen aus dem gescheiterten Versuch, engagierte Bürger und Grüne in einer Wählerinitiative für die Kommunalwahl 2011 zusammenzubringen. „Es war ein Experiment – es hat nicht ganz geklappt“, sagte Niemann gestern auf Anfrage. Wie berichtet, waren einige der Gruppenmitglieder zutiefst verärgert darüber, dass sich der Grünen-Chef ihrer Ansicht nach unter anderem in Presseberichten in den Vordergrund gedrängt habe – die Initiative löste sich auf, bevor sie richtig aktiv geworden war.

Frühere Anschuldigungen, Presseberichte seien mit verantwortlich für die Auseinandersetzungen, nahm Niemann nun zurück. Es seien „keine wahrheitswidrigen Äußerungen“ gefallen, trotzdem habe die Berichterstattung „bei einigen von uns Verärgerung hervorgerufen“. Es sei jedoch nicht seine Absicht gewesen, sich in den Vordergrund zu spielen.

Gleichwohl müsse er „die Verantwortung übernehmen“, so Niemann. Die Entscheidung, sich aus der Stadtpolitik zurückzuziehen, habe ihn „einige schlaflose Nächte gekostet“. Er sei jedoch zu der Einstellung gelangt, dass es „keinen Sinn“ mehr habe. „Ich schade den Grünen nur. Dass ich zurücktrete, ist der beste Dienst, den ich ihnen erweisen kann.“ So gebe es die Chance auf einen Neuanfang. Zuletzt habe er „kein Vertrauen mehr zu der Gruppe“ gehabt, „und die Gruppe kein Vertrauen mehr zu mir“, meint Niemann.

„Wir akzeptieren seine Entscheidung.“

„Der Schritt hat mich in seiner Endgültigkeit erstaunt, aber nicht wirklich überrascht“, kommentiert Andrea Wacker-Hempel, Fraktionsmitglied der Grünen und langjährige politische Weggefährtin Niemanns. Es sei schade, dass eine lange kommunalpolitische Laufbahn so abrupt zu Ende gehe. „Aber wir akzeptieren seine Entscheidung.“ Seit der Bürgermeisterwahl habe es Überlegungen zur künftigen Ausrichtung der Grünen gegeben, auch unter dem Gesichtspunkt, wie die Zusammenarbeit mit den Unterstützern aus Niemanns Wahlkampf aussehen könne. „Aber es gab dazu keine endgültige Entscheidung, die wäre erst in unserer Mitgliederversammlung am 17. Mai gefallen.“ Der Ortsverband habe derzeit zwölf Mitglieder, ergänzt Wacker-Hempel.

Bei all den Diskussionen habe Niemann vielleicht das Gefühl gehabt, nicht mehr die Unterstützung zu erhalten, die er brauchte. Wer für Niemann im Parlament nachrücke, werde derzeit über die Stadtverwaltung geklärt. „Dann muss sich die Fraktion neu aufstellen“, kündigt Wacker-Hempel an.

„Die Zeit mit Lothar Niemann darf man eine Ära nennen“, sagt der Grünen-Landtagsabgeordnete und ehemalige Dietzenbacher Stadtrat Frank Kaufmann, der dem Ortsverband angehört und mehr als 30 Jahre mit Niemann zusammen gearbeitet hat. „Er hat viel für die Stadt und die Grünen getan“, betont er und bedauert, dass Niemann „ohne Rücksprache die Konsequenzen gezogen“ habe. In seinem Wahlkampf habe sich Niemann vielleicht zu sehr auf die „harten“ Themen Finanzen und Spessartviertel fokussiert. Dabei sei vor allem seine Einstellung zu letztgenanntem Thema nicht ohne Fragen bei den Grünen geblieben. „Wir haben seine Aktivitäten mit kritischer Solidarität begleitet.“

Hier geht es zum vollständigen Artikel:
https://www.op-online.de/region/dietzenbach/bester-dienst-erweisen-kann-749955.html


Aus der Frankfurter Rundschau vom 06.05.2010:
Niemann tritt zurück

Dietzenbachs Grünen-Chef Lothar Niemann ist überraschend zurückgetreten. Auch sein Stadtverordnetenmandat hat er niedergelegt. Der 62-Jährige war seit 1981 in der Lokalpolitik aktiv.

Noch vor wenigen Tagen wollte er die Grünen mit einer Gruppe engagierter Bürger um Gisela Kieß zu einer neuen Kraft in Dietzenbach zusammenführen. Nun hat Lothar Niemann (62) seinen Rücktritt als Grünen-Vorsitzender erklärt. Auch das Stadtverordnetenmandat habe er zurückgegeben, teilt Niemann mit.

Er wolle den durch einen Artikel in der Lokalpresse entstandenen Schaden von den Grünen wegnehmen, sagte er der Frankfurter RundschauR. Weil das Vorhaben, eine neue Gruppe zu gründen, darin quasi als ein Alleingang von ihm dargestellt worden sei, hätten zentrale Leute nicht mehr mitarbeiten wollen. Es habe auch parteiinterne Kritik gegeben. Niemann und Kieß sagten das Treffen ab.

Dieser Schritt tue ihm weh, sagte Niemann. Er habe die vergangen Nächte nicht gut geschlafen. Niemann war unterbrochen von einer Amtszeit als Erster Stadtrat seit 1981 Stadtverordneter. Bei der jüngsten Bürgermeisterwahl kam er auf 23 Prozent. Er setzte sich etwa für einen Teilabriss des Spessartviertels ein.

Seine Fraktionskollegin Andrea Wacker-Hempel bedauerte Niemanns Rücktritt. Er sei überraschend, aber nach der Absage der Veranstaltung auch nicht völlig unerwartet. Mitgliederversammlung der Grünen ist am 17. Mai.

Germer, Christel

  1. Wo engagieren Sie sich überall (Verein, Kirchen, Kunst, Politik,
    Wirtschaft, …)

    Ich engagiere mich gerne in meinem Umfeld, wenn ich glaube, dass ich etwas bewegen kann. Der Start war in der Schulpolitik als Sprecher der AG Dietzenbacher Schulen (diese 17 Jahre waren ziemlich erfolgreich für Dietzenbach: kleinere Klassen, zusätzliche Lehrer, eine Vorklasse an jeder Grundschule, Schülerbibliotheken an ALS und HMS, Hausaufgabenhilfe an ALS und HMS, bilingualer Unterricht an HMS und ERS und Bauprojekte mit und ohne PPP etc.). Dann in der Kommunalpolitik, als Stadtverordnete, Magistratsmitglied und dann bis März 2021 als Vorsitzende der Stadtverordnetenversammlung . Ich war nicht unmaßgeblich an der Reaktivierung des Jugendbeirates in Dietzenbach beteiligt, arbeite noch mit beim Integrationskonzept und in den Ausschüssen. Ich bin im Vorstand der Europa Union im Kreisverband, wofür ich bis zum Ausbruch der Corona Pandemie Schüler- und Bürgerfahrten zu den europäischen Institutionen organisiert habe, sowie im Vorstand der Europa Union Hessen. Ich bin Vorsitzende der Seniorenunion Dietzenbach und auch im Vorstand von Kreis und Land dieser Organisation. Über die Seniorenhilfe habe ich mich als Nachhilfelehrerin für Kinder im JUZ – später Bildungshaus – eingebracht. Im Verein für internationale Beziehungen (ViB) kümmere ich mich um die Städtepartnerschaft mit Oconomowoc (USA). Vélizy in Frankreich liegt mir auch sehr am Herzen. Ich bin Mitglied der VHS, eine Zeit lang war ich da auch Vorstandsmitglied. Für die Bedürftigen der Stadt setze ich mich ein als Vorsitzende der Dietzenbacher Tafel, die ich 2005 aufgebaut habe und immer noch leite. Natürlich alles nur gemeinsam mit vielen engagierten und motivierten Mitstreitern.
  2. Seit wann sind Sie in Dietzenbach?
    Ich lebe mit meiner Familie seit 1972 in Dietzenbach, d.h. nunmehr seit 50 Jahren.
  3. Wo kommt Ihre Familie ursprünglich her?
    Nicht meine Familie ist hier „eingewandert“ sondern nur ich, weil ich hier einen guten Arbeitsplatz gefunden habe. Ich bin Österreicherin, in Wien geboren und aufgewachsen. Mein Mann kommt aus Oberhessen. Wir leben – wie gesagt – seit 50 Jahren in Dietzenbach, ich habe aber noch „einen Koffer in Wien“ , wohin wir auch ganz oft fahren.
  4. Warum sind Sie nach Dietzenbach gekommen?
    Mein Mann und ich sind von Frankfurt nach Dietzenbach gezogen, weil die Mieten in Frankfurt zu teuer waren, mein Mann hat zu dieser Zeit wieder studiert.
  5. Warum sind Sie in Dietzenbach geblieben?
    Geblieben sind wir in Dietzenbach, weil wir im Grünen wohnen, mit aller Infrastruktur, die man für eine junge Familie braucht, trotzdem aber die Nähe zu Frankfurt, Hanau, Darmstadt und Offenbach hat. Dies war uns wichtig, weil wir nicht nur die Einkaufsmöglichkeiten, sondern vor allen Dingen die kulturellen Angebote der Städte genutzt haben und auch immer noch nutzen. Seit wir die S-Bahn haben ist vieles noch einfacher.
  6. Was gefällt Ihnen an Dietzenbach am meisten?
    Mir gefällt, dass man in Dietzenbach alles weitgehend zu Fuß erreichen kann. Wir haben hier unsere Kinder großgezogen, haben über die Jahre viele Menschen hier kennen und schätzen gelernt, ich habe mich in der Gemeinde immer wieder eingebracht, viel Anerkennung meiner Arbeit erfahren, das macht mich zufrieden.
  7. Was sollte in Dietzenbach geändert werden?
    Die beiden sozialen Brennpunkte sollten entzerrt werden. Es sollte nicht möglich sein, mit der Not der hierherkommenden Menschen noch Geld zu verdienen, indem man möglichst viele Menschen auf engem Raum unterbringt. Hier gibt es leider fragwürdige Strukturen, die mit unseren Gesetzen nicht beherrschbar sind. Viele Dietzenbacher, äußerst hilfsbereite Menschen, fühlen sich wie ein Hamster im Rad. Kaum hat man ein Problem ein bisschen verbessert, kommt das nächste nach. Dietzenbach sollte nicht länger eine Art „Ankunftsstadt“ sein. Menschen die hier Arbeit und Wohnung gefunden haben, sollten auch hier bleiben.
  8. Was fehlt Ihnen in Dietzenbach?
    Eigentlich fehlt mir nicht viel in Dietzenbach. Ein gemütliches Kaffeehaus wäre nicht schlecht. Außerdem sollte, auch von der Kommunalpolitik her immer für eine ausreichende Versorgung mit niedergelassenen Ärzten gesorgt werden. Kinderarzt, Augenarzt etc. Hier sollte die Gemeinde unbedingt rechtzeitig Anreize bieten.
  9. Wo gehen Sie in Dietzenbach gerne essen?
    Wir gehen nicht sehr viel essen, mein Mann meint ich koche gut! Aber ich mag die Dietzenbacher Gastronomie, man kann immer etwas finden.
  10. Gibt es sonst etwas Besonderes über Sie was Sie erzählen wollen?
    Es gibt aus meiner Sicht nicht so viel, was ich über mich erzählen könnte, was von allgemeinem Interesse wäre. Ich liebe Reisen und Musik, eher die klassische Variante, aber auch Jazz, Freunde treffen, Wandern und Lesen, wofür nicht immer ausreichend Zeit bleibt. Das Wichtigste für mich sind mein Mann, meine Kinder und Enkelkinder. Aus meiner Erfahrung mit jungen Menschen im Bildungshaus bin ich doch immer wieder bestätigt worden, dass auch der Einsatz für Einzelne lohnenswert ist. Und wenn mir heute ein junger Mensch sagt, schau her was aus mir geworden ist, weil Du mir geholfen hast, macht mich dies sehr glücklich. Ich bin fest davon überzeugt, dass Bildung vor Armut schützt. Wobei nicht jeder Mensch Universitätsprofessor werden muss! Ein guter Handwerker, der sein Gebiet beherrscht, ist genauso wichtig.
  11. Von welcher Person hätten Sie gerne einen Steckbrief und warum?
    Es gibt bestimmt viele Menschen in unserer Stadt, die sich engagieren und durch Ihren Beruf, besondere Fähigkeiten oder uneigennützigen Einsatz die Lebensqualität in unserer Stadt positiv beeinflussen.
    Im Moment fällt mir keine Persönlichkeit ein, die mich neugierig machen würde.

Aus der Offenbach Post vom 29.04.2016:

Stadtverordnetenvorsteherin Christel Germer:

Herausforderungen als Lebenselixier

Dietzenbach – Schon seit Jahrzehnten wirkt Christel Germer in verschiedenen Rollen am Geschehen in der Kreisstadt mit. Schulelternbeirätin, Tafel-Vorsitzende, Stadtverordnete und Magistratsmitglied. Seit einer Woche ist sie Stadt- verordnetenvorsteherin. Von Norman Körtge

Ihr neues Amt hat Christel Germer gleich gefordert. Wenn auch noch in erträglicher Weise. Nachdem die CDU-Politikerin am vergangenen Freitag in der konstituierenden Stadtverordnetenversammlung einstimmig zur Stadtverordnetenvorsteherin gewählt worden war, mussten Anfang dieser Woche bereits die vorliegenden Anträge von Magistrat und Fraktionen gesichtet und den jeweiligen Fachausschüssen zugeteilt werden, die übernächste Woche tagen und die Germer jeweils bis zur Wahl eines Vorsitzenden leiten wird. „Es ist überschaubar“, sagt sie.

Neue Herausforderungen zu meistern gehören für die 1943 in Wien geborene Germer zum Lebenselixier. Einige prägende Kindheits- und Jugenderlebnisse haben ihr späteres Handeln mitbestimmt. Sie ist im zerbombten Wien aufgewachsen, hat Armenküchen mitbekommen. Das eine erklärt, warum sie Jahrzehnte später anfing, sich in der Europa-Union zu engagieren und für den europäischen Gedanken zu werben: „Die Europäische Union hat uns schon mehr als 70 Jahre Frieden gegeben“, sagt sie. Und die EU habe es möglich gemacht, dass sie politische Ämter in Deutschland übernehmen darf, denn die 72-Jährige hat nach wie vor nur die österreichische Staatsbürgerschaft. Die persönlichen Erinnerungen an Armut und Hunger nach Kriegsende waren mit ein Grund, warum sie von Anfang an an der Idee einer Dietzenbacher Tafel mitwirkte. Sie gehörte 2005 zu den Gründungsmitgliedern und ist bis heute deren Vorsitzende. „Das ist ein kleines mittelständisches Unternehmen mit 70 Mitarbeitern.“ Sie erzählt von Logistik, Lagerhaltung und Lebensmittelausgabe. 35 Kunden waren es zu Beginn, neulich 209, die freitags anstanden.

Nachdem Germer 1961 die Matura an der Handelsakademie der Wiener Kaufmannschaft abgelegt hatte, arbeitete sie zunächst als Exportsachbearbeiterin in der Stahlindustrie. Nach einer Reise 1964 nach Frankfurt, wo sie als Taufpatin für ihren Cousin geladen war, wurde sie heimisch im Rhein-Main-Gebiet. Sie nahm zunächst eine Stelle als Abteilungssekretärin beim Frankfurter Battelle-Institut an. Dort lernte sie auch ihren späteren Mann Hans kennen, den sie 1967 heiratete. 1966 wechselte Germer zur Firma Mergenthaler Linotype und stieg dort zur Direktionssekretärin auf.

1972 zog es die Germers nach Dietzenbach. Zunächst kaufte das Ehepaar eine Eigentumswohnung im Starkenburgring, dem heutigen Spessartviertel, bevor es 1979 ein Einfamilienhaus am Steinberger Waldrand bezog. 1982 kam die erste Tochter zur Welt, 1985 die zweite. Schnell wuchs bei Christel Germer das Interesse an der Mitarbeit im Elternbeirat. Sowohl in der Astrid-Lindgren-Schule als auch an der weiterführenden Heinrich-Mann-Schule war sie Elternbeiratsvorsitzende. Über ein paar Monate hinweg sogar zeitgleich. „Im Team haben wir viel bewegt“, erinnert sie sich an die Zeit und ist voll des Lobes: „Dietzenbacher sind was Besonderes. Wenn die Leute etwas wirklich wollen, dann engagieren sie sich auch. Das habe ich immer bewundert.“

Über schulpolitische Diskussionen kam Germer schließlich 2005 zur Dietzenbacher CDU. Ein Jahr später wurde sie in die Stadtverordnetenversammlung gewählt, 2011 ebenso und anschließend in den Magistrat, dem sie nun fünf Jahre angehört hat. „Ich habe viel gelernt“, sagt sie über die Zeit. Bedauert habe sie, dass sie nach dem Ausscheiden von Dietmar Kolmer als Erster Stadtrat die einzige CDU-Stimme in dem Gremium gewesen ist. „Aber so ist das halt in der Opposition“, sagt sie und gibt sich ganz als Demokratin. Sie wäre auch gerne weiterhin im Magistrat geblieben, aber die Partei wollte sie lieber als Stadtverordnetenvorsteherin sehen. Dort möchte sie eine vernünftige Streitkultur etablieren. Davon, die AfD zu ignorieren, hält sie nichts. Man müsse sich mit ihr auseinandersetzen.

Hier geht es zum gesamten Artikel:
https://www.op-online.de/region/dietzenbach/neue-stadtverordnetenvorsteherin-christel-germer-schon-einiges-dietzenbach-gemeistert-6355950.html


Aus der Offenbach Post vom 08.09.2017:

Miteinander, nicht gegeneinander

Stadtverordnetenvorsteherin Christel Germer spricht über ihr Amt

Dietzenbach – Christel Germer (CDU) ist seit vergangenen April Stadtverordnetenvorsteherin der Kreisstadt. Von Ronny Paul

Die gebürtige Wienerin wirkt bereits seit Jahrzehnten in verschiedenen Rollen in Diezenbach, etwa als Schulelternbeirätin, Vorsitzende der Dietzenbacher Tafel und als Stadtverordnete. Der CDU trat sie 2005 bei und saß vergangene Legislaturperiode für die Christdemokraten im Magistrat. Im Interview spricht sie darüber, wie sie sich in ihrem Amt zurechtfindet und welche politischen Beobachtungen sie seit ihrem Antritt gemacht hat.

Frau Germer, Sie sind nun mehr als ein Jahr Stadtverordnetenvorsteherin. Haben Sie den Schritt jemals bereut?

Bisher kann ich mich auf eine gute Arbeit mit den Kollegen stützen, auch auf eine gute Zusammenarbeit mit dem Gremienmanagement der Stadtverwaltung. Bisher gab es keinen großen Ärger, von daher kann ich nicht sagen, dass ich es bereut hätte.

Es macht Ihnen Spaß…

Ja, es ist eine interessante und verantwortungsvolle Aufgabe.Was sind die Schwierigkeiten, mit denen Sie sich herumschlagen müssen?Schwierig ist die Auslegung der Hessischen Gemeindeordnung (HGO), wenn die Kollegen da unterschiedlicher Meinung sind und wie man sie dann auch richtig anwendet. Jeder möchte gerne nach der HGO und nach der Geschäftsordnung handeln, aber nicht jeder ist da so ganz firm. Das sind – in Anführungsstrichen – die einzigen Schwierigkeiten.

Worin liegen die Unterschiede zur Arbeit im Magistrat?

Der Magistrat ist ein vorbereitendes Organ. Die meisten Vorlagen, die zur Entscheidung im Stadtparlament anstehen, kommen aus dem Magistrat. Der Magistrat ist ein Filter für all diese Dinge. Wenn der Magistrat einer Vorlage nicht zustimmt, kommt sie erst gar nicht in die Stadtverordnetenversammlung (SVV). Magistratsarbeit ist weniger in der Öffentlichkeit, aber ansonsten eine wichtige Aufgabe.

Und die SVV?

Was mir beim Parlament immer noch ein bisschen fehlt, ist die Aufmerksamkeit der Bevölkerung. Die Bevölkerung kennt einen Bürgermeister, einen Ersten Stadtrat, aber das Parlament, das immer öffentlich tagt, hat meiner Ansicht nach zu wenig Besucher. Auch die Ausschussarbeit ist interessant. Mit der Einladung zur akademischen Feier „40 Jahre Seniorenbeirat“ erhielt ich eine entsprechende Broschüre, die ich aufmerksam studiert habe. Und da ist das Stadtparlament nur ganz beiläufig erwähnt. Obwohl der Seniorenbeirat ein Hilfsorgan der SVV ist. Der einzige, der das Parlament in seinem Grußwort würdigt, ist der Landesvorsitzende des Seniorenbeirats. Und das zeigt mir ein bisschen, dass das Parlament bei der Bevölkerung irgendwie nicht so gewichtet wird. Der Bürgermeister kann alleine gar nicht so wahnsinnig viel entscheiden, das Parlament hebt die Hände für Millionen von Geldern, die der Steuerzahler dann zu tragen hat. Die Bedeutung der SVV kommt mir da zu kurz.

Apropos Hilfsorgane: Wie ist der Jugendbeirat bislang angekommen?

Der Jugendbeirat ist schon angekommen. Aber die jungen Menschen sind in ihrer Berufsausbildung, sie entwickeln sich weiter, sie ziehen weg, sie gehen zum Studium. Da ist Kontinuität schwierig. Grundsätzlich haben wir ein Interesse daran, dass es den Jugendbeirat gibt, damit auch Vorstellungen und Wünsche der Jugend ins Parlament einfliessen. Aber wir haben in letzter Zeit gemerkt, dass es nicht ganz so funktioniert. Auch der Jugendbeirat selbst hat sich in der SVV geäußert, dass sie sich nicht genügend unterstützt fühlen. Die Unterstützung ist aber da, sie müssen sie auch wahrnehmen.

Haben Sie sich bei Ihrer Vorgängerin Kornelia Butterweck informiert, bevor Sie das Amt übernommen haben?

Wir haben ein gutes Verhältnis. Ich hätte mich überhaupt nicht zur Verfügung gestellt, hätte sie das weitermachen wollen. Ich habe mich auch bei ihr informiert, wie sie Sitzungen geleitet hat und mich auch intensiv mit dem Gremienmanagement befasst. Jede Sitzung bereite ich mit der Abteilung von Gudrun Gehrmann vor und bespreche alles. Das gibt mir eine gewisse Sicherheit. Es kommen in der SVV trotzdem häufig noch viele Dinge hoch, die plötzlich geregelt werden müssen.

Das vollständige Interview lesen Sie in der aktuellen Printausgabe der Offenbach-Post vom 8. September.

Hier geht es zum vollständigen Artikel:
https://www.op-online.de/region/dietzenbach/stadtverordnetenvorsteherin-christel-germer-spricht-ueber-dietzenbach-8663727.html


Aus der Offenbach Post vom 26.09.2020:

„Helfer verdienen Respekt“

Interview mit der Dietzenbacher Tafel-Vorsitzenden

Hinter der Dietzenbacher Tafel liegen schwierige Monate. Wochenlang konnte der Verein wegen des Coronavirus keine Lebensmittel an Bedürftige ausgeben, vieles musste vor dem Neustart am 16. Juni anders konzipiert werden.

Dietzenbach – Trotz aller Widrigkeiten gibt es in diesem Jahr auch etwas zu feiern: das 15-jährige Bestehen der Dietzenbacher Tafel. Im Interview spricht Christel Germer, die Vorsitzende des Vereins, über dessen Anfänge und Zukunft.

Von Anfang an sind Sie die Vorsitzende der Dietzenbacher Tafel, haben die Gründung maßgeblich mitgestaltet und die ersten Schritte miterlebt. Welche Herausforderungen hatten Sie und Ihre Mitstreiter anfangs zu meistern?

Wir haben uns an der Langener Tafel orientiert, die damalige Leiterin hat uns ihr Konzept vorgestellt. Dann haben wir den Sprecher der hessischen Tafeln eingeladen, der uns behilflich war, eine entsprechende Vereinssatzung zu erstellen. Wichtig war uns schon damals, unter den Dachverband der Bundestafel zu schlüpfen und damit den Namen „Tafel“ verwenden zu dürfen. Zunächst mussten wir uns überlegen, wie und an wen wollen wir verteilen. Dann mussten wir uns auf den Weg machen und schauen, wo wir die Lebensmittel herbekommen.

Zahl der Kunden nahm ständig zu

Wie reagierten Bedürftige auf das damals neue Angebot in der Stadt?

Die Zahl der „Kunden“ nahm ständig zu. Hatten wir am Anfang 35 Personen, waren es nach einigen Monaten schon über 100. Dahinter standen immer Familien, die sehr oft viele Kinder hatten. Wir waren auch ein Treffpunkt für diese Menschen, denen wir Kaffee oder Tee und von diversen Bäckern gespendete Kuchenstückchen anboten.

Würden Sie sagen, dass sich die Arbeit von Ihnen und den anderen Helfern heute, 15 Jahre später, anders gestaltet als damals?

Mittlerweile kommen wöchentlich 150 Menschen zur Ausgabe, insgesamt versorgen wir sicher mindestens 800 Dietzenbacher. Und es hat sich alles weiterentwickelt. Unser Aktionsradius musste größer werden, um Lebensmittel zu bekommen, was mehr Personal und höhere Transportkosten bedeutet.

Die Arbeit der Tafel funktioniert nur dank ehrenamtlicher Helfer und viele Vereine haben Probleme, Menschen für ein Ehrenamt zu gewinnen. Wie sieht es bei Ihnen aus?

Der Verein hat circa 200 Mitglieder, davon 60 bis 70 Aktive. Nun sind meine Mitstreiter fast alle mit mir alt geworden. Es gibt ganz viele, die von Anfang an dabei sind, und das weiß ich sehr zu schätzen. Natürlich haben wir einige durch Alter, Krankheit oder Tod verloren, die Menschen fangen bei uns ja erst im Rentenalter an. Aber wir haben auch immer wieder rüstige Rentner dazubekommen. Wohlgemerkt alles Menschen, die ohne jede Aufwandsentschädigung ehrenamtlich tätig sind. Sie verdienen alle großen Respekt.

Christel Germer: „Bisher findet alles im Freien statt, daher fürchten wir den Winter.“

Seit Monaten befindet sich die Tafel in einer so noch nie da gewesenen Situation. Wie wirkt sich die Pandemie auf Ihre Arbeit aus?

Nach einer dreimonatigen Schließung haben wir ein Konzept erarbeitet, wodurch wieder eine Ausgabe im begrenzten Umfang möglich war. Seit dem 16. Juni sind wir nun an der frischen Luft, auf dem Kirchplatz der Gemeinde St. Martin, tätig. Eine Bewirtung der Kunden ist nicht mehr möglich. Die Helfer haben kaum Kundenkontakt, wir packen große Papiertüten und geben diese aus. Die Helfer sind in ihrer Zahl begrenzt und müssen die Abstände einhalten. Die Kunden werden nach bestimmten Uhrzeiten bestellt, haben Maskenpflicht und müssen ebenfalls Abstand halten. Bisher findet alles im Freien statt, daher fürchten wir den Winter.

Wie sehen Sie in Zukunft die Rolle der Tafeln, in Dietzenbach und deutschlandweit?

Als wir angefangen haben, gab es deutschlandweit 250 Tafeln, jetzt sind es fast 1000 – nicht mitgerechnet die vielen Einrichtungen, die sehr ähnliche Arbeit machen, aber nicht bei der Bundestafel organisiert sind. In Hessen hat sich daher ein Tafelverband gegründet, dem 55 Tafeln angehören. Grundsätzlich sind die Tafeln ja angetreten, um zu verhindern, dass Lebensmittel vernichtet werden. Verteilen an Bedürftige war dann die Konsequenz. Ich sehe es als schwierig an zu sagen, wie viele Menschen auf die Tafeln angewiesen sein werden. Bei hoher Arbeitslosigkeit natürlich mehr, bei Flüchtlingsströmen auch. Ich persönlich meine aber, dass es hier nicht zu einer staatlichen Regelung kommen sollte, auch wenn die Ehrenamtlichen oft an ihre Grenzen stoßen. Wir machen das freiwillig, ehrenamtlich und niemand hat einen Rechtsanspruch darauf, bei der Tafel bedient zu werden. Bei staatlichen Einrichtungen ist das anders. Man könnte meiner Ansicht nach weniger produzieren und wenn nötig die Sozialsätze erhöhen. Es würde vielleicht weniger weggeworfen und die Menschen könnten kaufen, was sie benötigen. Aber ich glaube, so einfach ist das nicht. Es wird immer Menschen geben, die mit ihrem Einkommen auskommen, andere nicht. Und die Produktion so auszurichten, dass nichts übrig bleibt, geht sicher auch nicht.

Was wünschen Sie sich für die Dietzenbacher Tafel, aber auch für die Menschen, die diese Unterstützung in Anspruch nehmen?

Für die Dietzenbacher Tafel wünsche ich mir ein kompetentes Nachfolgeteam, denn – wie bereits erwähnt – wir sind alle in die Jahre gekommen. Und immer ausreichend Ware, um die Menschen, die zu uns kommen, auch weiterhin zu unterstützen. Denn eines ist sicher: Durch unsere Hilfe bleibt den Menschen etwas Geld, um sich andere Teilhabe in der Gesellschaft leisten zu können.

Das Gespräch führte Lena Jochum.

Hier geht es zum vollständigen Artikel:
https://www.op-online.de/region/dietzenbach/helfer-verdienen-respekt-90053675.html


Aus der Offenbach Post vom 08.05.2021:

Christel Germer über ihre Amtszeit als Stadtverordnetenvorsteherin

„Da ist schon mal einer eingenickt“

Fünf Jahre lang war sie Stadtverordnetenvorsteherin. Seit Jahrzehnten beeinflusst sie in unterschiedlichen Positionen das Stadtgeschehen in Dietzenbach: Christel Germer.

Dietzenbach – Im Interview blickt sie zurück auf eine ereignisreiche Zeit in der Dietzenbacher Politik unter Pandemie-Bedingungen und gibt einen Einblick in das Amt der ersten Bürgerin der Stadt.

Frau Germer, welchen Einfluss hatte die Pandemie auf ihre Arbeit als Stadtverordnetenvorsteherin?

Corona hat einiges durcheinandergebracht. Vergangenes Jahr mussten wir eine Stadtverordnetenversammlung zu Beginn der Pandemie ausfallen lassen. Das war natürlich nicht schön. Es mussten passende Räumlichkeiten gefunden werden, da das Capitol noch umgebaut wurde. Vom Land Hessen wurden dann schnell Gesetze auf den Weg gebracht, sodass wir zumindest in der Lage waren, einen Haushalt für ein Jahr im Haupt- und Finanzausschuss auf den Weg zu bringen.

Was hat Ihnen die Verantwortung im Amt bedeutet?

Ich finde, dieses Amt ist eine ehrenvolle Aufgabe. Ich habe mich immer besonders gefreut, wenn ich zu Vereinsterminen und Vereinsfeiern eingeladen war und vielleicht auch noch um ein Grußwort oder eine kurze Rede gebeten wurde. Ich habe dabei die Vereinslandschaft gut kennengelernt. Bei den Ehrungen der Vereinsmitglieder hat man auch viel über die Arbeit und das Miteinander in den Vereinen erfahren. Besonders am Herzen lagen mir als glühender Europäerin die diversen Städtepartnerschaften. Genauso war es mit öffentlichen Auftritten und Repräsentationsaufgaben, wie Abiturfeiern, Schuljubiläen, Musikfesten, Einladungen der IHK, des Kreises Offenbach, dem Volkstrauertag und nicht zuletzt dem jährlichen Neujahrsempfang, der ja in diesem Jahr wegen der Pandemie ausgefallen ist. Schade, es wäre mein letzter gewesen.

Welches Wochenarbeitspensum hatten Sie?

Ich habe keine Schätzung, arbeitete immer nach Arbeitsanfall. Ich habe versucht, alle Dinge möglichst sofort zu erledigen, damit sich nichts ansammelt. Die Teilnahme an den Ausschusssitzungen war mir immer wichtig, um die Argumentation der Fraktionen zu den Anträgen zu erfahren. Es gibt ja nur Ergebnisprotokolle, deshalb kann man eben nicht alles nachlesen.

Nach welchen Kriterien haben Sie die Tagesordnung zusammengestellt?

Die Zusammenstellung der Tagesordnung unterliegt den Regeln der Hessischen Gemeindeordnung. Viel Spielraum hat ein Stadtverordnetenvorsteher da nicht, es sei denn, er verletzt seine durch das Amt vorgegebene Neutralität. Die Tagesordnung wird auch immer im Einvernehmen mit dem Magistrat erstellt. Auch hier unterstützt das Gremienmanagement. Mit dem amtierenden Bürgermeister konnte ich mich auch immer sehr gut abstimmen.

Was konnten Sie von Ihrem Platz aus während der Stadtverordnetenversammlung so alles beobachten?

Solange wir noch im Rathaussitzungssaal getagt haben, war alles überschaubarer. Die Mitglieder waren näher dran und sehr aufmerksam. Im Capitol ist schon mal einer eingenickt.

Welches Ereignis ist Ihnen besonders in Erinnerung geblieben?

Meine persönliche Einladung zur Verabschiedung von Bundespräsident Joachim Gauck in Berlin und meine Ehrung mit dem Landesehrenbrief des Landes Hessen.

Welchen Tipp geben Sie ihrer Nachfolgerin?

Ich gebe keinen Tipp. Meine Nachfolgerin hat genug parlamentarische Erfahrung, um dieses Amt auf ihre Weise auszufüllen.

Bleiben Sie nach dem Ausscheiden als Stadtverordnetenvorsteherin der Kreisstadt mit weiterem Engagement erhalten?

Es hat mir Freude gemacht mich für die Stadt, in der ich seit 1972 lebe, mit viel persönlichem Engagement einzubringen. Ich bin immer noch im Landesvorstand der Senioren-Union, im Landesvorstand der Europa-Union und leite die Dietzenbacher Tafel seit 16 Jahren. Das werde ich langsam eher reduzieren.

Das Gespräch führte Lukas Reus

Hier geht es zum vollständigen Artikel:
https://www.op-online.de/region/dietzenbach/da-ist-schon-mal-einer-eingenickt-90526997.html

Lippold, Dr. Klaus

Er war von 2005 bis 2009 Vorsitzender des Ausschusses für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung des Deutschen Bundestages und war von 2000 bis 2005 Stellvertretender Vorsitzender der CDU/CSU-Bundestagsfraktion.

Nach dem Abitur 1962 in Plettenberg absolvierte Lippold ein Studium der Volkswirtschafts- und der Betriebswirtschaftslehre an der Universität zu Köln, welches er 1967 als Diplom-Volkswirt beendete. Während seines Studiums trat er 1962 in den wissenschaftlichen katholischen Studentenverein Unitas-Landshut Köln ein. Von 1967 bis 1972 war er am Institut für Einkommenspolitik und soziale Sicherung in Köln tätig. Danach arbeitete er als Referent im Verein deutscher Maschinen- und Anlagenbau und ist seit 1977 Geschäftsführer der Vereinigung der hessischen Unternehmerverbände und der Landesvertretung Hessen des BDI. Weiterhin ist Lippold Geschäftsführer des Industrieverbandes Kunststoffbahnen e.V. 1978 erfolgte seine Promotion zum Dr. rer. pol. an der Universität Köln mit der Arbeit „Ansatzpunkte zur systemorientierten Betrachtung des Verbandes – Analyse der deutschen Kolpingsfamilie – ein Beitrag zur Verbandstheorie“.

Klaus Lippold ist verheiratet und hat zwei Töchter.

Lippold trat 1969 in die CDU und die Junge Union (JU) ein. Er war von 1974 bis 1977 Vorsitzender des JU-Kreisverbandes Offenbach-Land und gehört seit 1978 dem CDU-Landesvorstand in Hessen an. Von 1982 bis 2000 war er außerdem Vorsitzender des CDU-Kreisverbandes Offenbach-Land.

Lippold gehört von 1972 bis 2015 der Stadtverordnetenversammlung seines Wohnortes Dietzenbach an.

Ab 1983 war Lippold Mitglied des Deutschen Bundestages. Hier war er von 1990 bis 1994 Vorsitzender der Enquête-Kommissionen Vorsorge zum Schutz der Erdatmosphäre und Schutz der Erdatmosphäre und von 1994 bis 2000 Vorsitzender der Arbeitsgruppe Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit der CDU/CSU-Bundestagsfraktion. Von Februar 2000 bis Oktober 2005 war Lippold schließlich stellvertretender Vorsitzender der CDU/CSU-Fraktion. Seit Oktober 2005 ist er Vorsitzender des Ausschusses für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung.

Klaus Lippold ist 1998 und 2002 über die Landesliste Hessen und sonst stets als direkt gewählter Abgeordneter des Wahlkreises Offenbach in den Deutschen Bundestag eingezogen. Bei der Bundestagswahl 2005 erreichte er hier 43,7 % der Erststimmen. Bei der Bundestagswahl 2009 verzichtete er altersbedingt auf eine Kandidatur und schied aus dem Bundestag aus.


Aus der Offenbach Post vom 07.08.2009:

Zurück aus der Weltmetropole

Dietzenbach – Dr. Klaus Lippold gehört seit 1983 dem Deutschen Bundestag an. Bei der Bundestagswahl am 27.  September wird der Name des CDU-Mannes allerdings nicht mehr auf den Wahlzetteln auftauchen. Der 66-Jährige will in den Ruhestand gehen. Von Barbara Scholze und Christoph Zöllner

Barbara Scholze und Christoph Zöllner haben mit dem Dietzenbacher über wichtige Entscheidungen gesprochen – sowohl auf lokaler als auch auf Bundesebene.

Sie gehören nicht nur dem Deutschen Bundestag an, sondern auch dem Dietzenbacher Stadtparlament. Wie passt das zusammen?

Ich bin seit 1972 Dietzenbacher. Und ich fühle mich dieser Stadt ausgesprochen verbunden. Da ist es doch selbstverständlich, dass man etwas zurückgibt, wenn man gewählt wird. Die notwendige Zeit nehme ich mir gerne. Denn ich möchte dazu beitragen, auch weiterhin ein Wohnumfeld zu haben, in dem man sich wohl fühlt. Meine Familie und ich fühlen uns hier sehr wohl. Wir werden in Dietzenbach bleiben.

Wie gehen Sie als Polit-Profi damit um, wenn Ihnen in der Freizeit-Politik bisweilen Engstirnigkeit und Kleinkariertheit begegnen?

Na ja, auch in Berlin gibt es manchmal Dinge, die nicht erklärbar sind. Ich habe meinen Parteifreunden immer deutlich gemacht, dass man in der Kommunalpolitik sehr viel lernen kann. Die Dinge haben auf der höheren Ebene vielleicht zwei, drei Nullen mehr als im lokalen Bereich, aber was das menschliche Verhalten und Taktieren angeht, gibt es sehr viele Ähnlichkeiten. In der CDU haben wir’s immer so gehalten, dass wir von Kandidaten für den Landtag oder Bundestag erwarten, dass sie kommunalpolitisch aktiv waren oder noch sind. Wer in der Kommunalpolitik Gutes leistet, bringt beste Voraussetzungen mit, auch auf der Bundesebene zu bestehen.

Welche Entscheidung, für die Sie in sieben Legislaturperioden im Bundestag die Hand gehoben haben, war für Sie am schwierigsten und welche hatte die weitreichendsten Auswirkungen?

Da muss man unterscheiden. Sicherlich eine, wenn nicht sogar die schwierigste Entscheidung war die Nato-Nachrüstung in den achtziger Jahren. Es war die Frage, ob wir damit die Kriegsgefahr erhöhen oder den Frieden bewahren, was sich hinterher Gott sei Dank bestätigt hat. Dies hat letztlich auch dazu geführt, dass es zur Wiedervereinigung kam.

Hier geht es zum original Artikel:
https://www.op-online.de/region/dietzenbach/zurueck-weltmetropole-435257.html


Wikipedia-Seite von Dr. Klaus Lippold
https://de.wikipedia.org/wiki/Klaus_Lippold

Shami, Mohammed 

Aus der Frankfurter Rundschau vom 26.10.2021:

Syrer in Dietzenbach: Aufgeben gilt nicht

Der vor sechs Jahren aus Syrien geflüchtete Mohammed Shami baut sich in Dietzenbach eigenständig ein neues Leben auf. Im Karate-Verein trainiert er heute Kinder und Jugendliche.

Als Mohammed Shami mit weiteren Gelüchteten auf einem Boot mitten auf der Ägäis zwischen der Türkei und Griechenland sitzt, lässt ihn ein Gedanke nicht mehr los: „Ich bin ein guter Schwimmer, aber wären Kinder oder Frauen aus dem Boot gefallen, ich hätte sie nicht retten können“, erinnert er sich. Das war im Jahr 2015, der damals 21-jährige Syrer ist auf dem Weg nach Deutschland. Vier Jahre später wird er Schwimmlehrer in Heusenstamm und macht seine Ausbildung als Rettungsschwimmer. „Dieser Tag auf dem Meer hat mich sehr geprägt.“

Bevor Shami nach Deutschland auswanderte, lebte er zwei Jahre in Jordanien und eineinhalb Jahre in der Türkei. Er stammt aus der Stadt Hama. Shami ist 18 Jahre alt, als er nach seiner letzten Abiturprüfung nach Jordanien flüchtet. „Ich hätte zur Armee und in den Krieg ziehen müssen. Aber das wollte ich nicht“, erzählt er. Auch seine Eltern und drei Geschwister verlassen Syrien. Sie leben in der Türkei, der Vater in Saudi-Arabien. Shami stammt aus einer gutbürgerlichen Familie. Sein Vater arbeitete als Teamleiter für eine Baufirma. Seine Schwester Rama ist Angestellte im Rathaus von Istanbul, sein Bruder Rami Schreiner, und seine kleine Schwester Sara arbeitet als Lehrerin an einer Hauptschule.

In Deutschland lebt Shami zunächst in einer Gemeinschaftsunterkunft in Neu-Isenburg. Dort trifft er bei der TSG Neu-Isenburg im Karate-Team auf Christoph Retting, der ihm für sein neues Leben in Deutschland hilfreiche Tipps gibt. „Er hat mir sehr geholfen“, sagt Shami, der seit seinem elften Lebensjahr Karate macht. Vom Deutschen Karate-Verband erhält er 2018 den Schwarzen Gürtel.

Im Dojo Dietzenbach lässt er sich zum Übungsleiter ausbilden und trainiert Kinder und Jugendliche. Shami lernt schnell Deutsch, spricht außerdem Türkisch, Englisch und Arabisch und arbeitet ehrenamtlich als Dolmetscher. Nach sechs Monaten in Deutschland erhält er eine Aufenthaltserlaubnis.

Shami zieht nach Dietzenbach, schreibt 200 Bewerbungen für eine Ausbildungsstelle – all das ohne fremde Hilfe. Er macht eine Ausbildung als Fachkraft für Lagerlogistik. Dann arbeitet er als selbstständiger Kurierfahrer für ein Unternehmen in Mörfelden-Walldorf. Allerdings muss er nach über einem Jahr seine Selbstständigkeit aufgeben.

Doch Shami lässt sich davon nicht unterkriegen. „Wenn sich eine Tür schließt, öffnen sich eintausend andere Türen“, sagt er. Aktuell arbeitet er als Verkäufer bei der Fundgrube Dietzenbach und engagiert sich seit eineinhalb Jahren beim Deutsch-Arabischen Kulturhaus Daruna in Frankfurt. Dort arbeitet er im Filmprojekt.

Shami strebt den nächsten Schritt zur Selbstständigkeit an, doch zunächst steht seine Hochzeit bevor. Diese muss zunächst auf dem Papier durch einen Notar beglaubigt werden. Eine Voraussetzung dafür, dass seine in Syrien lebende Verlobte Aya zu ihm nach Dietzenbach kommen kann.

Hier geht es zum vollständigen Artikel:
https://www.fr.de/rhein-main/kreis-offenbach/syrer-in-dietzenbach-aufgeben-gilt-nicht-91109985.html

Gieseler, Helmut

Aus der Offenbach Post vom 14.2.2022:

Christdemokrat Helmut Gieseler geht nach 20 Jahren in den politischen Ruhestand

Zur Stadtentwicklung beigetragen

Ein Sohn als Bürgermeister, der Ausbau der Stadtmitte und zahlreiche Ämter: Christdemokrat Helmut Gieseler blickt auf eine ereignisreiche Zeit in der Kommunalpolitik zurück. Jetzt ist Schluss mit dem Engagement im Sinne der Allgemeinheit. Der 80-Jährige hat sein Mandat zurückgegeben. Besonders mit Stolz erfüllt ihn, dass die Dietzenbacher ihn fünf Mal als Stadtverordneten gewählt haben. „Das war eine große Bestätigung meiner politischen Arbeit“, sagt er.

Dietzenbach – Das erste Mal hat Helmut Gieseler im Jahr 2001 die politische Bühne betreten. Fünf Jahre später vertrat er seine Partei im Bauausschuss. Eine Aufgabe, die er mit besonders großer Leidenschaft verfolgt hat. „Hier ging es weniger um Politik, sondern viel mehr um fachliche und sachliche Dinge“, macht der frühere Kernphysiker deutlich, der 1999 in die CDU eingetreten ist. Als Stellvertreter des einstigen Bauausschussvorsitzenden Harald Nalbach (WIR-BfD) erlebte er die Renovierung des Rathauses ebenso mit, wie den Ausbau der Stadtmitte. Die Errichtung des Rathaus-Centers betrachtet Helmut Gieseler dabei als besonderen Zugewinn. „Vorher mussten wir für die Einkäufe nach Heusenstamm fahren und nun haben wir alles in der Nähe.“ Auch betrachtet der CDUler die Anbindung Dietzenbachs ans S-Bahn-Netz als einen der entscheidenden Schritte in der Standortentwicklung.

Sein Engagement als Kommunalpolitiker beschränkte sich jedoch nicht auf den Bauausschuss. So war er darüber hinaus Mitglied des Haupt- und Finanzausschusses sowie der Betriebskommission der Städtischen Betriebe und des Präsidiums der Stadtverordnetenversammlung. Zu den Höhepunkten seiner politischen Laufbahn zählt etwa die Eröffnung der konstituierenden Sitzung der Stadtverordnetenversammlung in der laufenden Wahlperiode als ältester Stadtverordneter.

Die Zeit, in der sein Sohn Stephan Gieseler (CDU) Bürgermeister war (2001 bis 2009), hat er als besonders prägend empfunden. „Er hat nicht allein in der Bevölkerung, sondern auch durchaus parteiübergreifend Rückhalt erfahren“, erinnert sich Helmut Gieseler zurück. Zudem habe er von der Verwaltung große Unterstützung gehabt. Allerdings: Die Schattenseiten, die das Amt seines Sohnes mit sich brachte, waren für ihn als Vater schwer auszuhalten. „Stephan ist damals aufgrund seines jungen Alters angegriffen worden“, sagt der einstige Mitarbeiter der Siemens-Tochter KWU in Offenbach. Die Kritik sei dabei nicht sachlich gewesen. Zudem habe sich wohl so mancher Stadtverordnete schwer damit getan, dass an Dietzenbachs Spitze nach langer Zeit kein Sozialdemokrat, sondern ein Christdemokrat stand. Zuvor war Jürgen Heyer (SPD) zwölf Jahre lang Rathauschef.

Als zeitweise herausfordernd hat Helmut Gieseler zudem die wechselnden Mehrheiten im Stadtparlament empfunden. „Es war als CDU oft nicht möglich, eine eigene Politik zu machen.“ Stets hätte man Kompromisse finden müssen, und der Weg dorthin sei nicht immer einfach gewesen. Und dennoch: „Wenn wir uns einigen konnten, waren alle mit der getroffenen Entscheidung zufrieden.“ Außerdem gehöre das Finden eines gemeinsamen Nenners zur Politik dazu.

Seinen politischen Ruhestand will Helmut Gieseler mit seiner Familie verbringen. So hat er vor Kurzem ein zweites Enkelkind bekommen und weiß, dass sein Sohn und seine Schwiegertochter nun jede helfende Hand gebrauchen können. In die Stadtverordnetenversammlung rückt für ihn der stellvertretende Parteivorsitzende Marvin Flatten nach, der bereits von 2011 bis 2021 Mitglied im Dietzenbacher Stadtparlament war. (Anna Scholze)

Hier geht es zum vollständigen Artikel:
https://www.op-online.de/region/dietzenbach/zur-stadtentwicklung-beigetragen-91345540.html

Cárdenas Alfonso, Barbara

Barbara Cárdenas Alfonso (* 14. Januar 1954 in Werne) ist eine hessische Politikerin (Die Linke) und ehemalige Abgeordnete des Hessischen Landtags. Sie wohnt seit 1993 in Dietzenbach.

1979 heiratete sie ihren Ehemann. Vorher hieß sie Bärbel Schlinkert.

Im Dietzenbacher Stadtparlament war Sie Stadtverordnete für die Dietzenbacher Liste und später für Die Linke.
Aktuell ist sie Mitglied des Magistrats.

Sie hat sich sehr stark im Verein Zusammenleben der Kulturen in Dietzenbach engagiert. Dort war sie eine Zeit lang 2. Vorsitzende.


Hier geht es zur Wikipedia Seite:
https://de.wikipedia.org/wiki/Barbara_C%C3%A1rdenas_Alfonso

Hier geht es zu Ihrer privaten Homepage:
http://www.cardenas-pfiffigunde.de/lebenslauf.htm

Hochgesand, Dieter

Dieter Hochgesand war über viele Jahrzehnte Sportredakteur, zuständig für Eintracht Frankfurt und die deutsche Nationalmannschaft. Er berichtete über Weltmeisterschaften und Olympische Spiele, war zudem Trainer der Frauenfußballmannschaft der SG Praunheim, Inhaber der Trainerlizenz und Buchautor.

Er lebte lange Jahre in Dietzenbach (seit Mitte der Siebziger). Mittlerweile lebt er in Tübingen.


Aus der Frankfurter Rundschau vom 7.10.2020:
Hemingway an der Olympia: Zum 80. Geburtstag von Dieter Hochgesand

Dieter Hochgesand, einer der angesehensten FR-Journalisten, wird am 8. 10. 80 Jahre alt.

Dieter Hochgesand war über viele Jahrzehnte Sportredakteur, zuständig für Eintracht Frankfurt und die deutsche Nationalmannschaft. Er berichtete über Weltmeisterschaften und Olympische Spiele, war zudem Trainer der Frauenfußballmannschaft der SG Praunheim, Inhaber der Trainerlizenz und Buchautor. Hochgesand lebt bei bester Gesundheit mittlerweile in Tübingen.

Liebste: Können wir?

Ich: Gleich.

Liebste: Was ist denn?

Ich: Ich mach grad noch den Text über Dieter fertig.

Liebste: Was fürn Dieter?

Ich: Dieter Hochgesand, der wird 80.

Liebste: So en Kicker von der Eintracht?

Ich: Nee, nee, aber kicken konnte er auch, bei uns in der Sportpresseelf. Ein ganz hoch geschätzter Kollege von der Rundschau, früher hat er über die Eintracht und die Nationalelf geschrieben, eigentlich über alles im Fußball.

Liebste: Und jetzt nicht mehr.

Ich: Nein, er ist schon längst in Pension, wohnt jetzt in Tübingen, warum auch immer. Er hat rechtzeitig die Kurve gekriegt, er war nach seiner Redakteurszeit nochmal Geschäftsführer bei der Stadion GmbH. Andere schreiben, bis sie tot umfallen. Er nicht. Und er hat eine Frauenmannschaft trainiert.

Liebste: Und die sind dann prompt abgestiegen…

Ich: Haha. Im Gegenteil. Sind durchgestartet. Die SG Praunheim…

Liebste: Braunheim? Wie Gelbwurst.

Ich: Witzig. Eigentlich wollte der Dieter damals, eingangs der 80er Jahre nur eine Reportage schreiben über die Praunheimer Fußballerinnen, am Ende war er Trainer.

Liebste: Konnte der das überhaupt?

Ich: Klar, er hatte den entsprechenden Trainerschein, theoretisch wusste er eh alles besser, er hat Bücher geschrieben über Trainer und so, und Praxis hat er eh genug gehabt, so viele 1000 Fußballspiele, wie der gesehen hat. Er war damals ja eine Ikone unter den Fußball-Reportern, musst du wissen, auf du und du mit den ganz Großen, mit Beckenbauer hat er mal beim Einlaufen ins Waldstadion ein Interview geführt, mit Gyula Lorant Zigarre geraucht, aber am besten war er, wenn er rennen musste…

Liebste: Wie das?

Ich: In Albanien war das, nach einem Länderspiel. Es gab damals nur ganz wenige Telefone, die Hälfte war kaputt…

Liebste: Telefone….

Ich: Mensch, das war eine andere Zeit, nix Smartphone, nix Internet, nix Wlan, Facebook oder Instagram. Dafür mit Schreibmaschine, einer Olympia, glaub ich, Rohrpost, Bleisatz und Akkustikkoppler. Und Telefon, für das man einen Anschluss bestellen musste. Und zu dem im Hotel in Tirana ist der Dieter gesprintet, da war ein Telefon, um als erster seinen Text vom Spiel durchzutelefonieren. Frei aus dem Kopf, er hatte nix vorgeschrieben.

Liebste: Und das hat geklappt?

Ich: Ja, gut sogar, kann man sich heute gar nicht mehr vorstellen. Und noch was: Damals musste man was wissen, mehr als heute, wo alles nur ein, zwei Klicks im Netz entfernt ist. Für die Statistik gab es den Kicker, das wars, Eckbälle wurden per Strichliste gezählt.

Liebste: So sahen die Texte dann bestimmt auch aus…

Ich: Eben nicht, zumindest wenn Dieter schrieb. Der konnte echt gut schreiben, mächtig, wortgewaltig, zärtlich…

Liebste: Ein Hemingway am Ball

Ich: Übertreib mal nicht. Aber ihn hab ich mir zum Vorbild genommen als aufstrebendes Talent. Er hat ja den Sportjournalismus, er hat das Schreiben über Fußball auf eine höhere Ebene gestellt, hat soziologische Aspekte herausgearbeitet, sportwissenschaftliche, gesellschaftliche, psychologische. Das hat sonst keiner getan. Er hat die Geschichte hinter dem Ereignis gesucht.

Liebste: Und gefunden?

Ich: Klar. Das Besondere hat ihn gereizt, eine 1:0-Berichterstattung war nicht seine Sache.

Liebste: War seine Frau nicht eifersüchtig?

Ich: Eifersüchtig?

Liebste: Weil er doch die Frauenmannschaft trainiert hat…

Ich: Quatsch. Einmal ist der Dieter sogar aus Rom extra zu einem Spiel seiner Frauen gekommen.

Liebste: Echt?

Ich: Es war die WM 1990 in Italien, als Deutschland Weltmeister wurde und Beckenbauer so ganz allein über den Endspielrasen gelaufen ist. Also da ist er ein paar Tage vorher schnell zurückgeflogen, weil Praunheim ein wichtiges Spiel hatte. Und auf ihren Trainer sollten die Mädels nicht verzichten.

Liebste: Wie süß. Wie hieß der Mann nochmal, Dieter…

Ich: …Hochgesand.

Liebste: Hats was gebracht?

Ich: Weiß nicht mehr. Aber die Praunheimerinnen haben sich seinerzeit rassige Duelle mit dem FSV Frankfurt geliefert, dann wurden sie zum 1. FFC . Und jetzt spielen sie alle unter dem Dach von Eintracht Frankfurt.

Liebste: Und der Herr Hochgesang?

Ich: Hochgesand, Liebste, Hochgesand mit d. Der ist in Tübingen, hab ich doch gesagt. Der beobachtet das alles bei bester Gesundheit aus der Ferne, er spielt noch ein bisschen Golf, und manchmal kauft er sich die FR, die gibt’s in Tübingen nämlich am Bahnhof. Und ein Buch hat er auch noch über die Frauen geschrieben, „Früchte des Traums“, heißt es.

Liebste: Okay. Das hättest du jetzt aber alles schön aufschreiben können…

Ich: Hätte ich, ja.

Liebste: Können wir endlich gehen.

Ich: Ich komm ja schon.

Oluk, Elif und Hasan

Hasan Oluk ist 1943 als das zweit älteste von fünf Kindern in Kahramanmaras in der Ortschaft Düzbag in der Türkei geboren. Er kam 1969 nach Deutschland.

Elif Oluk ist 1950 als Älteste von sechs Geschwistern in Kahramanmaras in der Türkei geboren. Sie kam, zusammen mit ihren Kindern, 1976 zu ihrem Mann nach Deutschland.

Haben Sie den Kindergarten besucht Frau Oluk?
Elif Oluk: Ich habe weder einen Kindergarten noch eine Schule besucht. Mein Vater sagte, dass die Mädchen nicht zur Schule gehen, deshalb bin ich nicht gegangen.

Und was haben Sie in dieser Zeit gemacht?
Elif Oluk: Was kann man denn schon machen im Dorf, wir haben uns zu Hause beschäftigt. Ich habe sowieso mit 13 Jahren geheiratet. Ich bin eigentlich 1950 geboren, mein Vater hat mich allerdings vier Jahre älter eintragen lassen. Am 09.03.1963 habe ich geheiratet, jetzt sind wir genau 47 Jahre verheiratet.

Und haben Sie die Schule besucht Herr Oluk?
Hasan Oluk: Nein, ich habe auch nicht die Schule besucht.

Wollten Sie nicht?
Hasan Oluk: Einmal brachte mich meine Großmutter zur Schule. Es war zur Frühjahrszeit, dort zog mich eine Lehrerin am Ohr lang. Ich rannte weinend nach Hause und sagte, dass ich nie wieder die Schule besuchen werde. Da mein Vater sowieso gegen staatliche Schulen war, sagte er, sie seien die Schulen der Gottlosen und schickte mich zur Koranschule. Diese besuchte ich dann acht bis zehn Jahre. Anschließend wurde ich zum Wehrdienst gerufen, dort war das Lesen und Schreiben Pflicht und da ich nie Türkischunterricht hatte, wurde ich drei Monate zur Ali okulu (= Schule für Analphabeten, Anm.des Übersetzers) geschickt. Damals gab es so ein System und das musste man machen. Im Anschluss konnte man mit dem Wehrdienst beginnen. Da ich das alte Türkisch schreiben und lesen konnte, war ich nach kaum einem Monat in der Lage meiner Familie Briefe zu schreiben. Die lese- und schreibkundigen Kameraden haben direkt mit ihrem Wehrdienst begonnen. Ich war gerade drei Monate verheiratet, als ich mit dem Wehrdienst begann. Genau zwei Jahre konnte ich nicht ins Dorf kommen. 1965 beendete ich meinen Wehrdienst und habe vier Jahre im Dorf gelebt und mich mit Viehzucht beschäftigt. Ich merkte, dass ich dies nicht länger machen wollte, habe mir von Bekannten Geld geliehen und bin 1969 nach Deutschland gekommen.

Und können Sie noch arabisch?
Hasan Oluk: Natürlich kann ich es noch, ich lese schließlich den Koran.

Frau Oluk, was haben Sie in den zwei Jahren erlebt, in denen Sie auf Ihren Mann warteten?
Elif Oluk: Was kann ich denn im Dorf erleben? Es gab keinen Fernseher, dass ich mir was anschauen konnte. Ich konnte weder lesen noch schreiben, um Briefe zu schreiben.
Hasan Oluk: Wir konnten aus Respekt nicht einmal den Namen unserer Ehefrau im Brief erwähnen. Jedem haben wir liebe Grüße bestellt, nur unserer Ehefrau nicht. Früher war es so, wir konnten beispielsweise aus Respekt auch nicht unsere eigenen Kinder in den Arm nehmen, sobald die Eltern in der Nähe waren.

Hatten Sie schon Kinder während Ihrer Wehrdienstzeit?
Hasan Oluk: Nein, wir haben nach sieben Jahren unser erstes Kind bekommen.

Und wie kamen Sie auf die Idee nach Deutschland einzureisen?
Hasan Oluk: Einige aus unserem Ort waren schon nach Deutschland eingereist und man hörte es auch von Anderen, dass viele dies machten. Mit 6000 türkischen Lira konnte man nach Deutschland kommen. 1969 haben wir mit einem Freund unser Geld zusammengelegt und sind so von Istanbul nach Deutschland geflogen.

Sind Sie mit Ihrer Frau gemeinsam geflogen?
Hasan Oluk: Nein, ich kam alleine. Meine Frau und meine Kinder habe ich dann 1976 zu mir geholt. Als ich nach Deutschland kam, war meine Frau schwanger. 1970 haben wir unseren ersten Sohn bekommen. Mein zweites Kind, ebenfalls ein Junge, kam 1974 zur Welt. 1976 kam unsere Tochter zur Welt, sie ist gehbehindert. Meine Tochter war drei bis vier Tage alt, als wir nach Deutschland kamen. Da wir nicht die finanziellen Mittel zum Fliegen hatten, mussten wir mit dem Bus bis nach München fahren. Und ein Jahr später, also 1977, kam dann unser viertes Kind hier zur Welt. Ich muss allerdings sagen, dass ich sehr zufrieden bin in Deutschland. Es gibt einige Kameraden, die sich hier unterdrückt und niedergemacht fühlen. Ich persönlich kann mich dem nicht anschließen. Ich war nie arbeitslos in Deutschland. 38 Jahre habe ich durchgehend gearbeitet. Genau gesagt, habe ich zwei Jahre in Dänemark gearbeitet und 36 Jahre in Deutschland.

Wann haben Sie in Dänemark gearbeitet?
Hasan Oluk: Zunächst kam ich nach Deutschland und lebte hier 14 Monate. Anschließend bin ich nach Dänemark und habe dort, wie gesagt, zwei Jahre gearbeitet. Nach einer Anwerbung bin ich dann nach Flensburg gekommen. Nachdem ich sieben Monate in Flensburg gelebt habe, bin ich zu meinem Onkel nach Koblenz gezogen und habe dort genau 14 Jahre gearbeitet, bevor ich schließlich 1985 nach Dietzenbach kam und wir uns hier niedergelassen haben.

Wo haben Sie alles gearbeitet?
Hasan Oluk:In Dänemark haben wir Anhänger an die Lkws gehängt. In Flensburg habe ich als Heizungsinstallateur gearbeitet und in Koblenz habe ich 14 Jahrein einer Kunststofffabrik gearbeitet. Im Allgemeinen bin ich aber sehr zufrieden. Ich habe gearbeitet, habe meine Kinder unterstützt so weit ich es konnte. Meine gehbehinderte Tochter bekam ein Stipendium für ein 9-monatiges Auslandstudium in den USA und studierte hier anschließend mit Erfolg Wirtschaftsrecht. Mein zweiter Sohn hat an der Universität in Frankfurt Jura studiert und eröffnete mit einem griechischen Freund eine Kanzlei und arbeitet dort weiterhin. Mir geht es auch gut, ich bin gesund. Mehr kann ich auch nicht verlangen.

Und sind Sie nun in Rente?
Hasan Oluk: Ja, bin ich.

Ich möchte auch Frau Oluk gerne einige Fragen stellen. Frau Oluk, Sie waren ziemlich lange alleine mit Ihren Kindern. Wie waren denn Ihre Gedanken zu dieser Zeit, wollten Sie nicht nach Deutschland?
Elif Oluk: Da wir Deutschland nicht kannten, gab es Hemmungen oder Angst davor. Ich wusste nicht, was ich dort machen könnte. Erst wollte mich mein Mann nach Dänemark bringen, aber da ich weder lesen noch schreiben konnte und auch keine Fremdsprache sprechen konnte, wollte ich nicht mit. Und für Deutschland habe ich mich überreden lassen, da es hier viele Türken gibt und auch viele Bekannte und Freunde aus unserem Ort. In der Türkei habe ich ohne meinen Mann schwierige Tage gehabt. Mein ältester Sohn wurde einmal sehr krank und ich musste jemanden finden, der uns zum Krankenhaus fahren konnte. Wen konnte ich denn im Dorf fragen? In der Regel machte dies ein Bruder oder der Vater. Das nächste Krankenhaus lag 120 km entfernt und ich musste meinen Sohn ständig hin und her fahren.

Wie waren Ihre Gefühle als Sie das erste Mal nach Deutschland kamen?
Elif Oluk: Als ich das erste Mal nach Deutschland kam, arbeitete mein Mann immer in Nachtschichten. Unsere Wohnung war im Erdgeschoss und das Haus lag außerhalb. Einen Fernseher hatte ich zuvor noch nicht gesehen und hatte sogar davor Angst. Mein Sohn spürte das und fragte mich nachts, ob ich Angst hätte. Um ihn zu beruhigen konnte ich meine Angst nie zugeben. Irgendwann habe ich mich bei meinem Mann ausgeweint und ihn gebeten, uns entweder wieder in die Türkei zu schicken oder mit der Nachtschicht aufzuhören.

Hatten Sie gar kein Umfeld?
Elif Oluk: Nein. Unser erster Wohnort war eine Ortschaft bei Koblenz und dort lebten keine Türken. Wir hatten diese Wohnung nur gemietet, weil sie in der Nähe seines Arbeitsplatzes war. Ich hatte weder ein Auto, noch einen Führerschein, konnte weder lesen noch schreiben. Hätte ich ein Auto gekauft, hätten wir die Versicherung nicht finanzieren können.

Haben Sie mal versucht deutsch zu lernen, oder das Lesen und Schreiben, Frau Oluk?
Elif Oluk: Damals gab es dort keine Kurse. Als wir schließlich hierher zogen, hatten wir einen großen türkischen Bekanntenkreis und haben somit nur türkisch gesprochen.
Hasan Oluk: Meine Frau hat es sich diesbezüglich auch etwas bequem gemacht. Die Ehefrau eines Freundes hat beispielsweise nachträglich deutsch gelernt, aber meine Frau hat sich teilweise auf mich, teilweise auf die Kinder verlassen, hat nie gearbeitet, war dadurch nicht unter Deutsche gekommen. Sonst hätte sie deutsch lernen können.

Haben Sie gar nicht gearbeitet?
Elif Oluk: Da meine Tochter behindert ist, bin ich gezwungenermaßen zu Hause geblieben und musste mich um sie kümmern. Allerdings habe ich etwa drei Jahre für eine Putzfirma gearbeitet und konnte dann aufgrund meines Alters nicht mehr arbeiten. Ab und zu bin ich aber in privaten Haushalten aushelfen gegangen, zu meinem Nachteil leider ohne Versicherung.

Wenn Sie zurückblicken, wie würden Sie Ihr Leben in Dietzenbach beschreiben?
Elif Oluk: Ich hatte ein schönes Leben in Dietzenbach. In den ganzen Jahren hatte ich keinerlei Probleme mit dem Staat oder der Polizei. Auch mit meinen Nachbarn, ob Türken oder Deutsche, gab es keinen Ärger.

Haben Sie irgendwelche Erwartungen?
Elif Oluk: Wie man auch weiß, sind die Gehälter im Gegensatz zu früher gesunken. Wir haben Schwierigkeiten die Miete zu zahlen und das ist anstrengend. Diesbezüglich könnten wir Erwartungen haben.

Möchten Sie weiterhin hier leben oder streben Sie eine Rückkehr in die Türkei an?
Elif Oluk: Nein, für immer möchten wir nicht in die Türkei, da alle unsere vier Kinder hier sind. Wir würden dort maximal für drei Monate Urlaub machen. Ich bin 65 Jahre alt und ab jetzt lebe ich erst für Gott, dann für meine Kinder.

So, ich habe keine weiteren Fragen mehr. Ich bedanke mich vielmals.

Saricicek, Fadime

Fadime Saricicekist 1937 in Kahramanmaras/Elbistan geboren. Sie ist dasdrittälteste von vier Kindern, einer ihrer Brüder lebt auch in Deutschland.1962 ist sie nach Deutschland gekommen.

Frau Saricicek, wie haben Sie Ihre Kindheit erlebt?
Ich hatte keine schöne Kindheit, mein Vater hatte aus seiner ersten Ehe fünf Kinder und aus der zweiten vier, es kam zu Meinungsverschiedenheiten zwischen den Geschwistern. Außerdem habe ich bereits mit fünfzehn Jahren geheiratet.

Hatten Sie dann vor der Ehe noch die Möglichkeit gehabt, die Schule zu besuchen?
Nein, ich musste arbeiten und konnte deshalb nicht zur Schule, das ist auch der Grund, warum meine Kindheit nicht gut verlief.

Wo haben Sie als Kind gearbeitet?
Mein Vater hat auf dem Feld gearbeitet und wir haben ihm Essen und Trinken gebracht. Morgens habe ich mich um die Tiere gekümmert oder Gartenarbeiten erledigt.

Sie sagten, dass Sie mit 15 Jahren geheiratet haben, war es denn eine Zwangsehe oder gewollt?
Ich habe meinen Mann das erste Mal am Hochzeitstaggesehen.

Wie hoch ist der Altersunterschied?
Er war damals 19 Jahre alt, also vier Jahre Unterschied.

Hat Ihr Vater bestimmt, welchen Mann Sie zu heiraten haben?
Mein Mann lebte in einem anderen Dorf, seine Schwester hatte aber einen Mann aus unserem Dorf geheiratet und war unsere Nachbarin, sie verstand sich mit meiner Mutter sehr gut. Sie fand mich ganz nett und wollte, dass ihr Bruder und ich uns kennen lernen. Damals hat mein Mann in Istanbul bei seinem Onkel gearbeitet. Wir verlobten uns also, als ich 15 Jahre alt war. Nach einem Jahr zog ich nach Istanbul und wir heirateten dort. Aber eine schöne Ehe hatte ich nicht. Da das Leben auf dem Dorf mühsamer ist, müsste sich Ihre Lebenssituation in Istanbul verbessert haben. Ich lebte zwar auf dem Dorf, war aber dennoch gut gebildet, deshalb habe ich mit meinem Umfeld in Istanbul keine Probleme gehabt.

Wie lange waren Sie verheiratet?
Wir trennten uns bereits nachdem wir zwei Jahre in Deutschland gelebt hatten.

Wann und wie kamen Sie nach Deutschland?
Wir lebten im Jahre 1960 in Istanbul in der Gegend von Sultanahmet. Wie Sie wissen wird diese Gegend viel von Touristen besucht. Eine deutsche Familie verbrachte jedes Jahr ihren Urlaub dort. Aufgrund meiner Offenheit befreundeten wir uns mit dieser deutschen Frau, die zwei Kinder hatte. Nach einiger Zeit kam sie mich sogar auch mal besuchen. Nachdem wir drei Jahre befreundet waren, lud uns diese Familie nach Karlsruhe, wo sie damals gelebt hatten, ein. Da mein Mann aber gearbeitet hat undkeinen Urlaub hatte, ging ich alleine nach Deutschland.Dort erfuhr ich dann, dass diese deutsche Familie eine sehr reiche Familie ist, die insgesamt 17 Firmen besaß. Sie fragten mich, ob ich für immer in Deutschland leben will. Da ich es auch wollte, halfen sie bei der Wohungssuche. Nach einiger Zeit kam auch mein Mann nach und wir arbeiteten gemeinsam in einer der Textilfirmen dieser deutschen Familie. Das ist meine Einreisegeschichte.

Hatten Sie damals den Gedanken, irgendwann einmal wieder in die Türkei zurück zu kehren?
Ja. Wir wollten arbeiten, uns ein Haus und ein Auto kaufen und wieder in die Türkei zurückkehren. Aber leider betrog mich mein Mann mit einer anderen Frau. Wir trennten uns und konnten unsere Träume nicht verwirklichen. Aus der ersten Ehe haben Sie zwei Kinder.

Wie viele Kinder haben Sie insgesamt?
Zwei noch aus der zweiten Ehe, also insgesamt vier. Aber wie Sie wissen, war mein zweiter Ehemann auch kein guter Mensch, so ließ ich mich auch von ihm scheiden.

Frau Saricicek, beide Ehen verliefen nicht gut. Hatten Sie denn wenigstens Erfolg im Arbeitsleben?
Ja, sehr. Auf jeder Arbeitstelle war ich beliebt und hatte viel Erfolg, sie wollten nie, dass ich mein Arbeitsverhältnis kündige. Gleichzeitig war ich auch in der Nachbarschaft sehr beliebt.

Seit wann sind Sie Rentnerin?
Seit etwa 20 Jahren. Sie sind 73 Jahre alt, dass heißt, dass Sie mit 53 Jahren in Rente gingen. Trotzdem sind Sie nicht in die Türkei zurück gekehrt.
Warum? Ich habe mich dafür nicht bereit gefühlt, sowohl in finanzieller als auch in geistiger Hinsicht.

Obwohl Sie soviel gearbeitet hatten, ist es Ihnen nicht gelungen, das Geld dafür aufzutreiben?
Nein, leider nicht. Ich habe zwar viel gearbeitet, hatte aber gleichzeitig viele Personen zu betreuen. Es kam regelmäßig vor, dass ich bis zu 15 “Touristen” als Besuch zu Hause hatte, aber ich habe nie etwas im Gegenzug erhalten.

Sie haben momentan keine gesundheitlichen Beschwerden. Wo und wie wollen Sie leben, wenn es Ihnen mal nicht mehr so gut gehen wird?
Das ist eine gute Frage. Mein Arzt und meine Verwandten sind der Meinung, dass ich dann im Altenheim leben sollte, aber ich will das nicht. Das kommt für mich nur dann in Betracht, wenn ich keine anderweitigen Möglichkeiten mehr hätte.

Sie leben nun seit fast 50 Jahren in Deutschland. Was denken Ihrer Ansicht nach die Deutschen über die Ausländer?
Ich habe selbst nie schlechte Erfahrungen gemacht, aber um ehrlich zu sein, sind sie im allgemeinem schon ein wenig gegen Ausländer. Deutsche sind besser gestellt, als Ausländer.

Warum sind Sie trotz dieser Diskriminierung nicht zurück in die Türkei gegangen?
Ich war mit der Verwirklichung einiger Ziele beschäftigt.

Leben Sie nun gerne in Deutschland?
Ich lebe zwar gerne hier, vermisse aber dennoch meine Heimat. Meine Geschwister und Bekannte leben dort. Da ich bereits seit meinem 60. Lebensjahr nicht mehr in meiner Heimat war, würde ich diese gerne noch vor meinem Tod sehen wollen.

Wo verbringen Sie die meiste Zeit des Jahres?
Ich konnte eh seit zwölf Jahren nicht in meine Heimat, weil ich krank war und nicht fliegen konnte. Deshalb habe ich die meiste Zeit hier verbracht.

Gute Besserung. Können Sie denn jetzt fliegen?
Jetzt ja.

Wie lange bleiben Sie dann dort?
Da ich einige Leistungen bezog, musste ich mich an bestimmte Fristen halten. Eine heimliche Umgehung dieser Fristen kam für mich nicht in Frage. Ich würde mich schämen so etwas zu machen.

Sind Sie der Meinung, dass in Pflegeheimen für Migranten Sonderregelungen durchgeführt werden sollen? Was sollte man für muslimische Bürger tun?
Eigentlich bin ich gegen eine Sonderregelung. Wir würden uns gerne integrieren, aber werden nicht immer akzeptiert. Aus diesem Grund wäre eine zusätzliche Räumlichkeit für muslimische Bürger angebracht.

Frau Saricicek, haben Sie irgendwelche Ratschläge für die hier lebenden Jugendlichen oder türkischen Mitbürger?
Den Jugendlichen würde ich empfehlen, dass Sie sich gutbilden und es nicht wie wir vernachlässigen.

Sollen Sie sich für Deutschland engagieren?
Wir sollten trotz alledem unseren Respekt gegenüber den Deutschen nicht verlieren.

Gibt es etwas was Sie ergänzen möchten?
Ich möchte lediglich betonen, dass ich nicht an eine vielversprechende Zukunft in Deutschland glaube.

Aus welcher Hinsicht?
Als erstes ist die aktuelle Politik ausländerfeindlich und zweitens, die immer schlechter werdende Wirtschaftslage.

Ich bedanke mich recht herzlich für dieses Gespräch und hoffe, dass es Ihnen auch Spaß gemacht hat.