Von San Michele in Italien nach Dietzenbach
Nicola Elmi (geb. 27.2.1941)
Aus dem Heft „Neue Heimat Dietzenbach – Auf den Spuren der ersten Gastarbeiter“ 2001:
Warum in die Fremde?
Wir lebten damals mit acht Geschwistern (vier Buben und vier Mädchen) in San Michele im Kreis Bari in Apulien, tief im Süden Italiens. Ich war 19 Jahre alt, arbeitete als Maurergehilfe und wollte mich verändern und sehen, was es in der Welt gibt. Und natürlich sah ich auch eine Chance, mehr Geld zu verdienen.
In San Michele gab es im Arbeitsamt ein Anwerbebüro für Arbeit in Deutschland. Mein Schwager war schon seit 1958 in Frankfurt bei der Gärtnerei Pier tätig und wollte mich auch gern nachholen.
Ich entschloss mich im Mai 1960 einen Arbeitsvertrag zu unterschreiben und erhielt eine Fahrkarte nach Deutschland. Die erste Station auf der dreitägigen Bahnreise war Verona. Dort wurden wir ärztlich untersucht, und weiter ging es – mit wenig Gepäck, 5000 Lire in der Tasche, mit einem „Fresspaket“ und natürlich italienischem Wein in einem
vollbesetzten Zug nach Frankfurt. Uns war es während der Fahrt nicht langweilig. Wir waren alle neugierig, aber auch
befangen und fragten uns, was uns wohl am Ziel erwarten würde.
Mein Schwager hat mich in Frankfurt in Empfang und in Obhut genommen. Er brachte mich gleich zu meinem neuen Arbeitgeber. Die erste Zeit war wie ein Sprung in kaltes Wasser: Meine Arbeitsstelle war in der besagten Gärtnerei Pier. Die Hilfe meines Schwagers war dringend nötig, denn ich konnte kein Wort deutsch und habe zuerst gelernt, mit Händen und Füßen zu reden.
Die Anmeldeformalitäten wurden übrigens durch den Arbeitgeber erledigt. Gewohnt haben wir zu 12 Personen (alles Italiener) im Keller der Gärtnerei. Es gab Etagenbetten(und Ratten). Die sanitären Einrichtungen waren äußerst bescheiden. Gegessen wurde, was die Chefin gekocht hat.
So lernte ich die deutsche Küche kennen und die Unterschiede zur italienischen. Mein erster Lohn betrug 1,00 DM pro Stunde bei einer Sechzig-Stunden-Woche. Von dem Geld habe ich meinen anfangs sehr bescheidenen Lebensunterhalt bestritten und meine Eltern und Geschwister in Italien unterstützt.
Langsam lernte ich deutsch und wurde mit meiner neuen Umgebung vertraut.
Inzwischen hatte auch ein anderer Bruder von mir den Entschluss gefasst nach Deutschland zu gehen und arbeitete als Schlosser bei Rowenta in Offenbach. Dort wurde Personal gesucht. Ich bewarb mich im Januar 1961 und habe am 28.2.1961 bei Rowenta angefangen.
Ich arbeitete morgens in der Kantine und nachmittags im Kundendienst und war dort zuständig für Verpackung, Post- und Warentransport. Mein Anfangslohn betrug 2,30 DM pro Stunde. Ich habe mich bei Rowenta so weit qualifiziert, dass ich auch im Auslandsservice für Gerätereparaturen und Schulung von Servicepersonal tätig sein konnte.
Zur Arbeit bin ich entweder mit dem Firmenbus oder bei gutem Wetter meist mit dem Rad gefahren. Und schließlich hatte ich auch ein Auto. Übrigens bin ich seit 1963 Mitglied der IG-Metall.
Aus dem Keller der Gärtnerei in Frankfurt bin ich in die Nähe meiner Arbeitsstelle nach Offenbach in die Herrnstraße umgezogen und habe dort bis 1964 zusammen mit meinem Bruder gewohnt. Die Miete für mein Zimmer betrug 40 DM im Monat.
Ich habe dann noch einmal gewechselt und bin seit September 1985 bei Siemens in Offenbach im Schrankgerüstbau für Hoch, Mittel- und Niederspannungsanlagen tätig gewesen. Inzwischen hatte sich mein Gehalt auf 2.700 DM
erhöht. Bei Siemens hatte ich auch eine verantwortungsvolle Arbeit, die mir viel Spaß gemacht hat.
Meine Frau, eine Dietzenbacherin, habe ich 1961 bei Rowenta kennen- und lieben gelernt. Wir haben 1964 geheiratet und sind dann nach Dietzenbach gezogen. Unsere beiden Töchter sind in Dietzenbach geboren und in die Schule gegangen.
Bisher habe ich keine Zeit gefunden, einen Deutsch-Sprachkurs zu besuchen. Ich habe, was man an Deutsch für die Arbeit brauchte, schnell gelernt, konnte mich bald gut verständlich machen und hatte dann später in meiner Frau eine gute Lehrerin.
In Dietzenbach habe ich mich von Anfang an intensiv im Ausländerkomitee engagiert, habe manches Fest organisiert und mich für Erleichterungen beim Sport für die AusIänder und u. a. auch für Gottesdienste in italienischer Sprache eingesetzt.
Mein Hobby ist der Radsport. Ich gehöre dem Dietzenbacher Radclub seit 1993 an und habe dort auch Radtouren organisiert, z. B. nach Italien. Pro Jahr bin ich zwischen 8000 und 15000 Kilometer unterwegs. Außerdem wandere
ich und habe auch noch Zeit für unseren Garten.
Durch den Radsport habe ich die Gelegenheit gehabt, viel von Deutschland und Europa zu sehen: ganz Hessen, besonders den Odenwald, die Bergstraße, den Vogelsberg, den Schwarzwald, das Elsaß, Frankreich und nicht zuletzt
Italien. Wir haben auch öfter Urlaub gemacht und waren u.a. im Bayrischen Wald, in Füssen, in Österreich…
Der Lebensabend
Ich bin inzwischen pensioniert und kann endlich zusammen mit meiner Frau mein eigenes Programm machen.
Wir freuen uns an unseren beiden Enkeln. Gott sei Dank haben wir jetzt für unsere Enkel mehr Zeit als damals für unsere Kinder.
Früher bin ich regelmäßig nach Italien gefahren, habe meine Eltern und meine Schwestern besucht und unterstützt. In diesem Januar war ich, nach sieben Jahren Pause, wieder in meiner alten Heimat und habe mich gefreut, alles wie früher anzutreffen.
Ich erfreue mich noch bester Gesundheit und kann nur hoffen, dass es noch lange so bleibt. Ich gebe mir durch meine Lebensweise mit viel Sport und den anderen Hobbys alle Mühe, meine Spannkraft und Gesundheit zu erhalten.
Aus der Stadtpost vom 19.9.2018:
Ausstellung im Museum für Heimatkunde und Geschichte widmet sich der Geschichte der Gastarbeiter in Dietzenbach
„Nicht die Mutter aller Probleme“
Dietzenbach (bw) – Bei einer Ausstellung im Museum für Heimatkunde und Geschichte in der Darmstädter Straße 7+11 in Dietzenbach können Besucher derzeit einen Einblick in die Geschichte der Gastarbeiter bekommen. Die Eröffnung war aber auch geprägt vom ganz aktuellen Zeitgeschehen.
„Mein Blut fließt dort, wo meine Kinder sind“, antwortet Nicola Elmi auf die Frage, ob seine Heimat eher Deutschland oder Italien ist. Er ist einer der vielen „Gastarbeiter“, die in den sechziger Jahren nach Deutschland gekommen sind. Sein Weg hat ihn letztlich nach Dietzenbach geführt und er ist geblieben.
In den Jahren von 1950 bis 1970 boomte die deutsche Industrie und Hilfskräfte wurden dringend gesucht. Um Gastarbeiter aus Italien, Griechenland, der Türkei oder Spanien nach Deutschland zu werben , wurden ab 1955 Anwerbeabkommen zwischen den Ländern geschlossen.
Der Ausländerbeirat Dietzenbach (ALB) hat es sich zur Aufgabe gemacht, die Geschichte der Gastarbeiter in Dietzenbach aufzuarbeiten und in einer Ausstellung unter dem Namen „Neue Heimat Dietzenbach 2.0 – Auf den Spuren der ersten Gastarbeiter“, zu präsentieren. Sie baut auf der Arbeit von Günter Jahn, Gisela Mauer Dorothea Kutschera auf und ist durch die enge Zusammenarbeit zwischen dem Heimat- und Geschichtsverein Dietzenbach und dem Ausländerbeirat Dietzenbach zustande gekommen.
Die Gastarbeiter lebten in ihren Ländern oft in armen Verhältnissen, deshalb machten sich viele Tausende auf den Weg, um in Deutschland Geld zu verdienen. So wie Elmi, der mit seinen sieben Geschwistern in der Gegend von Bari lebte. Sein Bruder arbeitete bereits in einer Gärtnerei in der Nähe von Frankfurt und animierte ihn, ebenfalls nach Deutschland zu kommen.
Eigentlich sollten die „Gastarbeiter“ nach Ablauf ihres Vertrages wieder zurück in ihre Heimat gehen, doch sehr viele haben sich entschlossen, in Deutschland zu bleiben. Sie haben hier Familien gegründet, ihre Kinder besuchten deutsche Schulen, absolvierten eine Ausbildung oder studierten an deutschen Hochschulen und haben inzwischen selbst ihre eigenen Familien gegründet, Familien mit Migrationshintergrund. Dietzenbach ist eine Stadt, in der mehr als die Hälfte der Einwohner einen Migrationshintergrund haben, darunter auch sehr viele Nachkommen aus „Gastarbeiterfamilien.“
Der Vorsitzende des Heimatvereins, Hans-Erich Scholze, begrüßt die Gäste im komplett gefüllten Saal im Heimatmuseum. „Die Ausstellung ist für Dietzenbach sehr wichtig, denn mehr als 50 Prozent der Bürger haben einen Migrationshintergrund und sie werden unsere gemeinsame Stadt immer weiterentwickeln und verbessern.“
Ziel der Ausstellung sei, dass die Besucher aus erster Hand erführen, wie alles angefangen habe und wie sich die ehemaligen Gastarbeiter heute in Dietzenbach fühlten. Dazu hatte der Ausländerbeirat Zeitzeugen und Nachkommen der Zeitzeugen eingeladen, die in einer spannenden und sehr amüsanten Diskussion in Anekdoten über ihre Ankunft und ihr Leben in dem neuen Land berichteten.
Großes Lob spendet eErster Stadtrat Dieter Lang: „Es ist ein großer Erfolg, dass die Ausstellung zustande gekommen ist.“ Für die Stadt sei diese Ausstellung sehr wichtig, denn sie unterstreiche die Vorbildfunktion Dietzenbachs im Hinblick auf Integration. Den Akteuren sei es gelungen, den ersten Schritt in die Aufarbeitung der Dietzenbacher Geschichte nach 1945 zu machen. Doch Lang sieht den Integrationsprozess noch nicht abgeschlossen „Das Thema der Integration beschäftigt viele Menschen und es dauert länger, als wir erahnt haben“, sagt er. Er wünsche sich, dass die Aufarbeitung weitergeführt werde und in ferner Zukunft eine Ausstellung unter dem Namen „Neue Heimat Dietzenbach 3.0“ stattfinden könnte.
Der Vorsitzende des ALB, Gengiz Hendek, dankt den Mitgliedern des Heimatvereins und des ALBs für die hervorragende Zusammenarbeit. Er wies auf die kommende Abschlussveranstaltung am 14. Oktober hin, zu der alle Beteiligten noch mal eingeladen sind. Moderiert wurde der Abend von Olga Lucas Fernández vom Ausländerbeirat aus Rodgau. Ihre ersten Gesprächspartner waren Gisela Mauer, langjährige Geschäftsführerin des ALB und Gudrun Rahn, Ehefrau von Günter Rahn. Sie berichteten von der ersten Ausstellung, die 2001 zum Hessentag eröffnete wurde, der Kontaktaufnahme mit Gastfamilien, den Interviews bis hin zur fertigen Präsentation. Mauer sieht die Ausstellung genauso aktuell wie 2001, denn heute wie damals verlassen Menschen ihr Heimatland für eine bessere und sichere Zukunft.
Doch sie sieht nicht in der Migration das Übel: „Migration war weder in den sechziger Jahren, noch ist sie heute die Mutter aller Probleme, sondern sie ist die Folge von Armut, ungerechter Verteilung, Kampf um Land und Ressourcen und Macht.“
Ein weiterer Höhepunkt des Abends war die Diskussion mit Nicola Elmi, Paulina Petridou und Ezgi Küpelikelinc. Elmi ist Gastarbeiter der ersten Generation und er berichtete über seine Ankunft, seine Arbeit und seinen Werdegang.
Seine Frau, die aus Dietzenbach stammt, hat er auf seiner Arbeitsstelle kennengelernt. Er wohnt in Dietzenbach und fühlt sich hier sehr wohl. „In Italien kenne ich nur noch meine Familie, sonst keinen. Da bin ich immer der Deutsche“. Aber er fühlt sich auch nicht als richtiger Deutscher. „Ich bin ein Bürger dieser Welt“, sagte er und bekam dafür riesigen Applaus vom Publikum.
Petridou kannte Theo Papadopolous sehr gut. Er war ihr Trauzeuge und Patenonkel ihrer Kinder. Sie fühlt sich sehr wohl in Deutschland und wenn sie in ihr Heimatland kommt, dann ist das wie Urlaub für sie. Ezgi Küpelikelinc ist die Enkelin von Abdi Küpelikilinc. „Ich bin jeden Sommer nach Düzbag in die Türkei geflogen und habe meine Großeltern besucht.“
Dass sie in zwei Kulturen aufgewachsen ist, sieht sie als Vorteil. Sie spricht Türkisch und Deutsch und ist in der Ausbildung zur Mittelstufenlehrerin. „Man hat nie das komplette Zugehörigkeitsgefühl. In der Türkei sind wir die Deutschen. Hier in Dietzenbach fühle ich mich akzeptiert und sehr wohl.“ Alle drei sind Menschen mit Migrationshintergrund.
Die erste Generation ist damals vor Armut nach Deutschland geflohen. Auch heute noch kommen Menschen die vor Krieg, Armut und Hunger fliehen nach Deutschland.
Doch statt die Menschen gastfreundlich zu empfangen, werden und wurden Gastarbeiter und Migranten immer wieder diskriminiert oder verfolgt.
Wie sie die Bilder aus Chemnitz empfinden, wollen wir wissen. „Das ist abscheulich“, sagt Elmi. „Wir müssen den Menschen Arbeit geben, damit sie sich eine Existenz aufbauen können.“
„Ich finde es sehr befremdlich“, sagt Küpelikelinc. „Hier in Dietzenbach fühle ich mich sehr wohl und sicher, aber wenn ich in Chemnitz wohnen würde, wäre es sicher anders.“
Hier geht es zum gesamten Artikel:
https://www.stadtpost.de/stadtpost-dietzenbach/mutter-aller-probleme-id69063.html
Aus der Offenbach Post vom 18.9.2018:
Dietzenbach – Bei einer Ausstellung im Heimatmuseum können Besucher derzeit einen Einblick in die Geschichte der Gastarbeiter bekommen. Die Eröffnung war aber auch geprägt vom ganz aktuellen Zeitgeschehen. Von Burghard Wittekopf
„Mein Blut fließt dort, wo meine Kinder sind“, antwortet Nicola Elmi auf die Frage, ob seine Heimat eher Deutschland oder Italien sei. Er ist einer der vielen Gastarbeiter, die in den Sechzigerjahren nach Deutschland gekommen sind. Von 1950 bis 1970 boomte die deutsche Industrie und Hilfskräfte wurden dringend gesucht. Der Ausländerbeirat Dietzenbach (ALB) hat es sich zur Aufgabe gemacht, die Geschichte der Gastarbeiter aufzuarbeiten und in einer Ausstellung unter dem Namen „Neue Heimat Dietzenbach 2.0 – Auf den Spuren der ersten Gastarbeiter“ zu präsentieren. Sie baut auf der Arbeit von Günter Jahn, Gisela Mauer sowie Dorothea Kutschera auf und ist durch die enge Zusammenarbeit zwischen dem Heimat- und Geschichtsverein und dem Ausländerbeirat zustande gekommen.
Die Gastarbeiter lebten in ihren Ländern oft in armen Verhältnissen, deshalb machten sich viele auf den Weg, um in Deutschland Geld zu verdienen. So wie Elmi, der mit seinen sieben Geschwistern in der Gegend von Bari lebte. Sein Bruder arbeitete bereits in einer Gärtnerei in der Nähe von Frankfurt und animierte ihn, ebenfalls nach Deutschland zu kommen.
Die Gastarbeiter gründeten in Deutschland Familien, ihre Kinder besuchten deutsche Schulen, absolvierten eine Ausbildung oder studierten und haben inzwischen ihre eigenen Familien gegründet. Der Vorsitzende des Heimatvereins, Hans-Erich Scholze, begrüßt die Gäste im komplett gefüllten Saal im Heimatmuseum. „Die Ausstellung ist für Dietzenbach sehr wichtig, denn mehr als 50 Prozent der Bürger haben einen Migrationshintergrund und sie werden unsere gemeinsame Stadt immer weiterentwickeln und verbessern.“ Ziel der Ausstellung ist, dass die Besucher aus erster Hand erfahren, wie alles angefangen hat und wie sich die ehemaligen Gastarbeiter heute in der Kreisstadt fühlen.
Lob spendet Erster Stadtrat Dieter Lang: „Es ist ein großer Erfolg, dass die Ausstellung zustande gekommen ist.“ Den Akteuren sei es gelungen, den ersten Schritt in die Aufarbeitung der Dietzenbacher Geschichte nach 1945 zu machen. Doch Lang sieht den Integrationsprozess noch nicht abgeschlossen „Das Thema beschäftigt viele Menschen und es dauert länger, als wir erahnt haben.“ Er wünsche sich, dass die Aufarbeitung weitergeführt wird und eine Ausstellung unter dem Namen „Neue Heimat Dietzenbach 3.0“ stattfinden kann. Der Vorsitzende des ALB, Cengiz Hendek, dankt den Mitgliedern des Heimatvereins und des ALB für die Zusammenarbeit. Er weist auf die Abschlussveranstaltung am 14. Oktober hin, zu der alle Beteiligten eingeladen sind.
Moderiert wird der Abend von Olga Lucas Fernández vom Ausländerbeirat aus Rodgau. Ihre ersten Gesprächspartner sind Gisela Mauer, langjährige Geschäftsführerin des ALB, und Gudrun Rahn, Ehefrau von Günter Rahn. Sie berichten von der ersten Ausstellung, die 2001 zum Hessentag eröffnet wurde, der Kontaktaufnahme mit Gastfamilien, den Interviews bis hin zur fertigen Präsentation. „Migration war weder in den Sechzigerjahren noch ist sie heute die Mutter aller Probleme, sondern sie ist die Folge von Armut, ungerechter Verteilung, Kampf um Land und Ressourcen und Macht“, sagt Mauer.
Ein weiterer Höhepunkt des Abends ist die Diskussion mit Nicola Elmi, Paulina Petridou und Ezgi Küpelikilinc. Elmi berichtet über seine Ankunft, seine Arbeit und seinen Werdegang. Seine Frau, die aus Dietzenbach stammt, hat er auf seiner Arbeitsstelle kennengelernt „In Italien kenne ich nur noch meine Familie, sonst keinen. Da bin ich immer der Deutsche“. Aber er fühlt sich auch nicht als richtiger Deutscher. „Ich bin ein Bürger dieser Welt.“ Petridou kannte Theo Papadopolous sehr gut. Er war ihr Trauzeuge und Patenonkel ihrer Kinder. Sie fühlt sich sehr wohl in Deutschland und wenn sie in ihr Heimatland kommt, dann ist das wie Urlaub für sie.
Ezgi Küpelikilinc ist die Enkelin von Abdi Küpelikilinc. „Ich bin jeden Sommer nach Düzbag in die Türkei geflogen und habe meine Großeltern besucht.“ Dass sie in zwei Kulturen aufgewachsen ist, sieht sie als Vorteil. Sie spricht Türkisch und Deutsch und ist in der Ausbildung zur Mittelstufenlehrerin. „Man hat nie das komplette Zugehörigkeitsgefühl. In der Türkei sind wir die Deutschen, in Dietzenbach fühle ich mich akzeptiert und sehr wohl.“
Über die Bilder aus Chemnitz sagt Elmi: „Das ist abscheulich, wir müssen den Menschen Arbeit geben, damit sie sich eine Existenz aufbauen können.“ „Ich finde es sehr befremdlich“, sagt Küpelikilinc. „Hier in Dietzenbach fühle ich mich sehr wohl und sicher, aber wenn ich in Chemnitz wohnen würde, wäre es sicher anders.“
Hier es es zum vollständigen Artikel:
https://www.op-online.de/region/dietzenbach/nicht-mutter-aller-probleme-10249701.html